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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Meier, Paul J.: Die ottonischen Bauten in Quedlinburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0259
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Die ottonischen Bauten in Quedlinburg. 245

zwei königlichen Urkunden von 956 (DD. Ottos I., No. 184/5) das Stift wieder ausschließ-
lich nach Petrus und in der päpstlichen Bestätigungsurkunde von 99' (Erath a. a. 0., No.
XXXVII) wenigstens gleichzeitig nach den hll. Aposteln Petrus und Paulus1 und nach
dem hl. Servatius genannt wird, ist ein Zurückgreifen zur alten Gewohnheit, das um
so weniger auffallen kann, als Petrus offenbar Mitinhaber des einzigen Altars in der
Kirche geblieben war. Aber etwas ganz anderes ist es, wenn die Quedlinburger Jahr-
bücher (und ihnen folgend der Sächsische Annalist) bei Erwähnung des Stifts gleichfalls
stets von Dionysius und Servatius sprechen und namentlich bei dem Tode der ersten
Äbtissin Mathilde 999 die verwaiste Nonnenschar der genannten hll. Bischöfe erwähnen,
jedoch an derselben Stelle berichten, daß die Äbtissin beigesetzt sei in medio basilicae s.
Petri et s. Stephani iuxta tumulos regum, avi et aviae suae Henrici et Mathildis, wo ihr
Grabstein auch jetzt noch erhalten ist, und daß ferner Mathildes Nachfolgerin, Ottos III.
Schwester Adelheid, vor demselben Altar des hl. Petrus (und Stephanus) zur Äbtissin
ernannt worden sei.2 Hier liegt offenbar eine Veränderung gegenüber dem bisherigen
Zustande vor, und eine solche war auch tatsächlich kurz vor dem Jahre 999 eingetreten.
997 hatte nämlich, wie bereits flüchtig erwähnt wurde, nach derselben Quelle die Weihe
der neuen großen Stiftskirche stattgefunden, und deren Hauptaltar war nunmehr in die
Ehre der eigentlichen Stiftsheiligen Dionysius und Servatius geweiht worden, bezüglich
des Altars der ersten Kirche war jetzt aber eine Rückkehr zur alten Übung erfolgt,
und zwar wurde diese nicht bloß als Grabeskirche hochgeschätzt, sondern, wie die
Ernennung der neuen Äbtissin in ihr beweist, auch als älteste Stiftung des Klosters.

Dann hat aber noch einmal eine Veränderung mit dem Petersaltar stattgefunden. Bei
einer zweiten großen Weihe der spätottonischen Stiftskirche und ihrer sechs Altäre am
24. September 1021 (Quedl. Jahrbücher) wurde nämlich deren Hochaltar in die Ehre
der hl. Dreieinigkeit, Mariens und des Täufers Johannes, dann des Apostelfürsten Petrus
und des hl. ersten Märtyrers Stephan und zuletzt erst der hll. Dionysius und Servatius
geweiht. Das heißt, es wurde zum zweiten Male eine Vereinigung der Heiligen der
Grabkirche Heinrichs I., Petrus und Stephanus, und der der Nonnenkirche, Dionysius
und Servatius, vorgenommen, nur mit dem Unterschiede, daß diese Vereinigung zwischen
936 und 997 an die Heinrichskirche, von 1021 ab an die spätottonische Stifts-
kirche geknüpft war. Wir werden uns diese zweite Weihe von 1021 so zu erklären
haben, daß die fünf anderen Altäre (in den Querhäusern, unter dem Triumphkreuz
und im Westen der Kirche) damals erst nach Fertigstellung des Baues dem Gottes-
dienste überwiesen wurden, daß dagegen eine Neuweihe des bereits am 10. März 997
geweihten Hochaltars nötig wurde, weil er eben damals geöffnet werden mußte, um die
alten Heiligen der Heinrichskirche, Petrus und Stephanus, aufzunehmen.

Aber was hat diese zweite Vereinigung zu bedeuten, und was ist damals aus dem
Petrusaltar der Heinrichskirche geworden? Sein ursprünglicher Stand muß in der Apsis
gewesen sein, d. h. östlich von den Gräbern, deren Lage ja auch ausdrücklich vor dem Altar
in den Quellen angegeben wird. Diese Lage und die merkwürdige Vertiefung, die östlich
von den Gräbern entdeckt worden ist, schließen sich aber gegenseitig aus. Die Ver-

1 Paulus ist hier wohl nur deshalb genannt, weil er so oft gemeinsam mit Petrus als Patron erscheint.

2 Vergl. auch das Chron. Halberst., das aus den Quedlinburger Annalen schöpft. Stephanus wird erst
999 neben Petrus als Inhaber des Altars genannt, er wird es aber nach der ganzen Lage der Dinge —
Stephanus ist ja der Heilige des Hochstifts Halberstadt — von Anfang an gewesen sein.

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