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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Meier, Paul J.: Die ottonischen Bauten in Quedlinburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0258

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244

den Ann. Quedl. zum J. 997, gemeinsam mit seiner Gemahlin Mathilde — offenbar
nicht als eine einfache Burgkapelle, sondern als Grabkirche errichtet hatte. Mit solcher
Grabkirche pflegte aber nach der Sitte des Mittelalters ein, wenn auch noch so kleines
Stift verbunden zu sein, dessen Mitglieder, meist Chorherren, die Aufgabe hatten, am
Grabe des Stifters für dessen Seelenheil zu beten. In der Tat ist auch für die Qued-
linburger Grabkirche, was man bisher übersehen hat, ein solches bezeugt. Denn in der
Gründungsurkunde für das Nonnenstift, das an die Stelle des von mir vermuteten Chor-
herrenstiftes auf der Burg trat (936 13/LX, MG. DD. Ottos L, No. 1), sagt Otto L, daß
er die Burg mit allen auf dem Berg errichteten Gebäuden et, quicciuid clericis in eodem
loco Domino servientibus (man beachte besonders den Plural) prius concessum ha-
buimus, dem neuen Stift überreiche, und dieser Ausdruck ist, wie Schäfer in seinem
Buche «Pfarrkirche und Stift im deutschen Mittelalter», Stuttgart 1903, S. 111, nach-
weist, die übliche Bezeichnung gerade der Chorherren gewesen. Wenn es nun auch
sehr wohl möglich gewesen wäre, das bisherige Chorherrenstift auf der Burg oder doch
einzelne Mitglieder desselben dem Nonnenstift einzuverleiben, und wenn dann auch in
Urkunden wenigstens seit dem 12. Jahrhundert wirklich besondere Chorherren der Stifts-
kirche begegnen, die als Inhaber der Priesterwürde den Chordienst dort zu versehen hatten1,
so läßt doch der Wortlaut jener Urkunde vielmehr darauf schließen, daß die Chorherren
936 den Nonnen erstmal weichen mußten. AVas dann mit ihnen geschehen ist, soll
von uns später noch festgestellt werden, fürs erste wird es aber unsere Aufgabe sein,
die weitere Geschichte der Peterskirche auf der Burg festzustellen.

Der kleine Bau wurde, wie wir sahen, 936 die Kirche eines Nonnenstiftes, das
vordem in AVendhausen bestanden hatte, und er hat als solche bis 997 gedient, d. h. bis
zur (teilweisen) Fertigstellung eines größeren Gotteshauses; aber der Hauptheilige war
seit 936 nicht mehr Petrus, sondern der hl. Servatius und neben ihm, ja ihm, wie es
scheint, durchaus ebenbürtig, der hl. Dionysius. Der Annalista Saxo berichtet zum Jahre
968, dem Todesjahr der Königin Mathilde, diese hätte das Kloster der hll. Dionysius
und Servatius — also Dionysius hier sogar an erster Stelle genannt! — gegründet, und
daß die Fürstin zu beiden Heiligen besonders enge Beziehungen hatte, erhellt daraus,
daß sie nach derselben Quelle auch in Engern ein Kloster des hl. Dionysius und zu
Pöhlde ein solches des hl. Servatius gestiftet hatte. Jene Umnennung des Hochaltars
auf der Quedlinburg tritt uns besonders klar entgegen, wenn wir lesen, König Heinrich
sei 936 in basilica s. Fetri ante altare (s. S. 243), die Königin Mathilde dagegen
(Thietmar II 18 [12]) 968 coram altari Christi presulis Servacii iuxta seniorem suum bei-
gesetzt worden. Dem entspricht es dann auch, daß das Stift in den Königsurkunden
von 937 20/XII und 954 25/V (DD. Ottos I. No. 18, 172), außer nach der Jungfrau Maria,
nach dem hl. Servatius, in der beim Annalista Saxo zum Jahre 947 erwähnten päpstlichen
und in den Königsurkunden von 961 15/VII,'974 13/V (DD. Ottos I. No. 228, Ottos II.
No. 78), 993 (Erath, cod. diplom. Quedlinb. Urk. No. XXXI) allein nach Servatius ge-
nannt wird, und wenn sich ferner (nach den Quedlinburger Annalen zum Jahre 995) Adel-
heid, Ottos III. Schwester, dem Dienste der hll. Dionysius und Servatius weiht. Daß in

mit hohem Mittel- und niedrigen Seitenschiffen, sondern allgemein ein Gotteshaus. So wird z. B. die Aachener
Pfalzkapelle Karls d. Gr. in den Quellen regelmäßig mit basilica bezeichnet. Vergl. v. Schlosser, Schriftquellen
zur Geschichte der karoling. Kunst, No. 99 ff.
1 Vergl. dazu S. 247.
 
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