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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Stiehl, Otto: Das Rathaus zu Frankfurt an der Oder
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0134
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122 0. Stiehl.

Zement den vorhandenen Mustern nachgebildet. So vernichtete man zugunsten einer
stark philisterhaften Gleichmäßigkeit des Untergeschosses noch den letzten großen
Zug, der durch den Gegensatz des ungegliederten Sockels zum reich gegliederten
Oberbau gegeben gewesen war. Mit großer Treffsicherheit hat dann schließlich eine
noch spätere Zeit einen neuen, in Granit «monumental» ausgeführten Eingang zum
Ratskeller dahin gesetzt, wo er am meisten stört, in die Mitte der großen südlichen
Freitreppe, hat auch einige für den Marktverkehr notwendige Kleinbauten in ebenso
Unerfreulichen wie aufdringlichen Formen ohne Not in der nächsten Nähe des alten
Baues errichtet. Unsere Abbildung 13 zeigt den Bau in diesem, dem 20. Jahrhundert
überlieferten Zustande.

Soweit als möglich ist die Tilgung dieser angehäuften Verschuldungen erfolgt
oder im Werke. Der Südgiebel ist in den Jahren 1903—1906 wiederhergestellt
worden, wobei die Renaissancekrönungen der Strebepfeiler als treffliche Leistungen

Abbildung 13. Zustand vor der Erneuerung.

ihrer Zeit beibehalten, die mittelalterliche Architektur in sorgsamster Weise, in
strengem Anschluß an das Alte, aber doch so erneuert wurde, daß auch
der empfindsame Freund altersgrauer Mauertönungen damit einverstanden sein
kann. Die Wiederherstellung der Nordfront ist in gleicher Art im Zuge. Und bei
der beabsichtigten Erweiterung des Rathauses werden zwar die teilweise wertvollen,
an der Ostseite angebauten Wohnhäuser fallen müssen, es wird sich aber dabei Ge-
legenheit geben, die an letzter Stelle genannten störenden Zutaten zu beseitigen und
vor allem durch geeignete Führung der Baufluchten und Dachlinien dem alten Bau zu
günstigerer Stellung in der ganzen sich ihm anschließenden Baugruppe zu verhelfen.
Damit wird dann nach Kräften geschehen sein, was geschehen konnte, um dem
würdigen Denkmal alter städtischer Größe wieder zu der Rolle im Stadtbilde zu ver-
helfen, die es verdient als eines der bedeutendsten Kauf- und Rathäuser aus dem
deutschen Mittelalter, das als einheitlicher Bau vom Beginne des 14. Jahrhunderts zu-
gleich zu den ältesten Beispielen dieser Denkmalgruppe gehört.
 
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