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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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5. Heft
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Gohlke, Wilhelm: Nichtmetallische Geschützrohre
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0168
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148

W. GOHLKE, NICHTMETALLISCHE GESCHÜTZROHRE

V. BAND

Steine sowohl in- als aufserhalb umb den Thurm
herumb fühlen und dahero nicht wenig Geruffes
wegen dieser Probe war, weiln die Herrn in
Venedig dergleichen niemals gesehen, noch davon
gehöret hatten. In Candia aber wollte es sich
in der Belagerung nicht thun lassen aus dem
Fundament, so der Capitain General Morosini
that, nehmlichen man konnte unmöglichen die
Erd-Mortir so geheim verferttigen, das solche
nicht andere zu sehen bekämen und weile es viel
Spionen in der Stadt darinnen gäbe und sie es
sehen würden, sie es alsbald den Feind kund
thäten und weil sie verschlagene Leute hätten,
könnten sie nachmahlen uns mit unserer eigenen
Invention mehr Schaden zufügen, weder wir ihnen
thun würden, welches auch so verblieben. —
Diese Invention von Erd-Mortier soll von dem
sehr berühmten Sehl. Obrist von der Artillerie
Herr Gittkant herkommen sein und solchen vor
Thorn gebraucht, auch grofsen Effekt damit ge-
than, denn aus diesen Erdmörser kann eine ziem-
liche Quantität Granaten und Steine auff einmal
geworffen werden.“
1713 schreibt Brand in seinem „gründlicher
Unterricht“ in der Büchsenmeisterei: „Der Erd-
mörser ist nicht schwer zu bereiten; er wirft
Spiegelgranaten und Steine. Alles kommt auf
die Haltbarkeit des Hebespiegels an. Aufser
diesem kommt aufs Pulver ein zweiter 10 cm
dicker Kammerspiegel, die Kammer ist oben
60 cm weit, 90 cm tief; unter der Kammer wird
ein grofser Stein eingegraben. Pro Pfund Ge-
wicht der Tonne mit den Steinen erhält die
Kammer 5 bis 6 Lot (73 bis 88 g) Ladung, die
Schufsweite erreichte 1000 Schritt (750 m).“
1718 beschreibt Oberst v. Geissler in der be-
reits erwähnten „curieusen und vollkommenen
Artillerie“ den Erdmörser wie folgt:
Von dem Erdt-Mortier.
Die Erdt-Mortier werden auf zweierlei Namen
gemacht, eine Art mit Bomben und Hand-Gra-
naten und dafs man viel oder wenig darein lade
und dann vors andere, dafs solche Erdt-Mortier
auch mit Feld-Steinen oder sogenannten Diagoner
geladen werden und zwar solchergestalt, dafs
die grofsen unten und die kleinen oben geladen
werden. Was nun anlanget den Erdt-Mortier
mit Bomben so wird erstlich zu diesem Erdt-
Mortier eine Cammer so von Holtz und insgemein
eine Tonne zu sein pfleget, welche denn so grofs
als beliebet und man viel oder wenig, auch weit
zu werfen, gesonnen ist. Diese Tonne oder viel-
mehr Cammer dieses Erdt-Mortiers wird nach
den Qvateranten so schräh gesetzet, wie man
will und die Gelegenheit erfordert, kurtz oder

weit zu werffen. Zuvor kann unter dieser Pulver-
Cammer ein Creutz von Latten, Bohlen oder auch
ein Block grofser Steine gesetzet werden, denn
je dichter und fester es unten ist, je weiter der
Wurf damit gethan wird; rund umb die Cammer
wird die Erde wohl und feste verdammet, so
thue denn einen Spiegel in die Cammer auf dem
Pulver und auff solchem Spiegel einen Hebe-
spiegel, der so grofs als die Tonne oder das
Fafs ist, worein die Bomben sollen gethan werden,
solches Fafs verdamme nun rund herum wohl,
setze deine Bomben oder Hand-Granaten wohl
angefeuert hinein auf den Hebbe Spiegel soviel
du wilt und du Pulver in deine Cammer gethan
hast, als wenn z. E. in dem Mortier zo-, 15- und
18-pfündige Bomben seind, mufs die Kammer
mit 50 oder 60 Pfund Pulver geladen seyn, so
werden die Bomben bei 2000 Schritt theils hin-
ausgeleget; 4 ä 500 Hand-Granaten, jede 5 Pfund
Pulver wollen mit 80 ä 90 Pfund Pulver, nach
dem solche weit sollen hinausgeleget, geworffen
werden, und so wird mit dem Steinwerffen
auch umbgegangen und ohne Noth weitläufig
davon zu handeln, daher nur einen Rifs (Fig. 9)


Fig. 9.

bemerken wollen, woraus ein jeder sich finden
kann. Eins aber zu erinnern ist nöthig, dafs der
Erd-Mortier nicht zu perpendiculär, sondern
wenigstens 35, 40 bifs 45 Grad gerichtet werde,
damit ihnen keine Bomben, Granaten noch Steine
Zurückbleiben oder zu sehr auf den Seiten zer-
flattern und ihnen oder den Seinigen -selbst
schaden; wenn nun alles fertig wird mit der
Schlauch-Saucille (Leitfeuer)Feuer darin gebracht,
so zuerst die Bomben, Granaten hernach die
Pulverladung in Brand bringet und es seinen
Weg hinauswirft.“
1804 gibt I. G. Hoyer in seinem Allgemeinen
Wörterbuch der Artillerie, Tübingen, folgende
Erklärung über den Erdmörser:
 
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