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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 9.1921/​1922

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Heft 1
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Rose, Walther: Anna Komnena über die Bewaffnung der Kreuzfahrer
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Potier, Otmar Baron: Waffengeschichtliches aus dem Wiener Jagdteppich
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https://doi.org/10.11588/diglit.44571#0018
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OTMAR BARON POTIER, WAFFENGESCHICHTLICHES AUS DEM WIENER JAGDTEPPICH BAND 9

Kennzeichnend ist endlich auch die wiederholt
hervorgehobene Taktik der Byzantiner gegen*
über den Angriffen der schwergepanzerten und daher
schwerverwundbaren Reiterei des Abendlandes. In
der sicheren Erkenntnis der Unbeholfenheit des vom
Pferde gestürzten, durch die Schwere seiner Rüstung
an der Bewegung gehemmten Reiters, nehmen die
Bogenschützen hauptsächlich die Pferde aufs Ziel,
um damit die Wehrlosigkeit des Reiters zu besiegeln.
Und diese Kampfesweise hat dann auch während

des ganzen folgenden Mittelalters unrühmliche Schule
gemacht, nicht bloß in Kämpfen des Fußvolks gegen
die schwergeharnischte Reiterei, sondern auch in Ge*
fechten der letzteren untereinander, so daß durch das
unerwartete Niederstechen der Pferde des Gegners
öfters das Schicksal ganzer Schlachten entschieden
wurde: eine Unritterlichkeit, die noch im 16. Jahr*
hundert in dem spanischen Sprichwort: „Muerto
el caballo, perdido l’hombre d’armesl“ ihren be*
redten Ausdruck findet.

WAFFEN GESCHICHTLICH ES AUS DEM
WIENER JAGDTEPPICH
VON OTMAR BARON POTIER

So lang es Hofhaltungen gibt, stets erschien die
Pflege der Jagd als ein Zweig des höfischen Dienstes.
Freilich waren die fürstlichen Jäger nicht immer auch
Weidmänner im besten Sinn des Wortes, wie etwa
die Kaiser Max I. oder Franz Joseph I., welchem
vielleicht die Zukunft den Ehrennamen „der letzte
Weidmann“ zuerkennen wird. Im günstigsten Fall

waren die gekrönten oder im Schatten eines Thrones
geborenen Jäger nur ausgezeichnete Schützen, wie
z. B. der Erzherzog Franz Ferdinand, das Opfer von
Sarajewo. Jägern dieses Schlages kam es weniger auf
das weidgerechte Erlegen des Wildes an als vielmehr
auf das Schießen und Treffen an sich, also auf die
Tötung von Wild in Masse. Solche Jagdschützen
waren nach den Flachbildereien von
Kujundschik und Nimrud (König Se*
nacherib im Wildpark — der meisterlich
modellierte „Sterbende Löwe“ aus dem
Zeitalter Assurbanibals, der König auf
der Löwenjagd) die Selbstherrscher ge*
wesen, welcheim Zweistromlande durch
Jahrtausende machtvoll geboten haben.
Von diesem Sadismus im Jagdver*
gnügen, der sich unter Entfaltung des
größten höfischen Prunkes im auswahl*
losen Töten von Lebewesen auszutoben
liebte und im Abschlachten von hun*
derten von Löwen im Circus maximus
durch größenwahnsinnige Cäsaren sei*
nen Höhepunkt erreichte, waren äugen*
scheinlich auch die Nachfolger der baby*
lonisch'assyrischen.dermedopersischen
Großkönige aus dem Geschlechte der
Safiden (seit 1502 n. Chr.) angekränkelt.
Chardin, welcher im 17. Jahrhundert
Persien bereiste, entwirft uns in seiner
„Voyage en Perse“ (III, S. 390 der Aus*
gäbe vom Jahr 1811) ein höchst packen*
des Bild von der Anlage, dem Verlauf
einer derartigen Paradejagd am Hofe
des Schahs: „Bei allen Hofjagden wird
ein bestimmtes Gebiet mit Netzen


Abb. 1. Sterbender Löwe. Relief aus Kujundschik c. 870 v. Chr.

Abb. 2 König Assurnasirpal auf der Löwenjagd. Relief aus Nimrud c. 870 v. Chr.
 
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