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von Giuliano de' Medici (Kat. 26-29), eines von Piero (Kat. 25), ein weiteres von
Lorenzo de' Medici (Kat. 30) und vier von Simonetta Vespucci, der platonischen
Geliebten Giulianos (Kat. 39-42). Hinzu kommen Einzelbildnisse, die mit Sicherheit
oder großer Wahrscheinlichkeit für die Medici selbst oder für deren Umfeld entstan-
den (Kat. 63 und 78).
Die Bildnisse in der Anbetung für Guaspare del Lama, vor allem aber fast
alle der sicher zugeschriebenen Porträts Botticellis weisen klare Stilmerkmale auf.
Auffällig sind zunächst die kräftigen Schattierungen des Inkarnats, die in den meisten
Fällen zu deutlich herausgehobenen Wangenknochen und einer kräftigen, oft ener-
gisch nach vorn geschobenen Kinnpartie führen. Diese Charakteristika haben Botti-
celli das Urteil eingebracht, er pflege in seinen Gemälden einen männlichen Stil (aria
virile). Weitere Merkmale seiner Männergesichter sind kräftige Nasenflügel, ein brei-
ter und langer Nasenrücken, füllige und stark geschwungene Lippen sowie deutlich
gezeichnete Augenlider. Identische oder ähnliche Merkmale finden sich auch in den
Gesichtstypen der Anbetung für Guaspare del Lama: bei zwei der drei Figuren am
linken Bildrand, bei einem aus dem Bild blickenden Mann dahinter, bei der ebenfalls
den Betrachter anschauenden Figur am rechten Bildrand sowie bei drei der vier Män-
ner, die unmittelbar vor ihm stehen bzw. knien. Die aus dem Bild blickende Gestalt
rechts gilt zudem als Selbstporträt Botticellis. Das vermutete Selbstbildnis weist
damit die physiognomischen Merkmale der bereits genannten Figuren auf, und bei
diesen Figuren handelt es sich wiederum teilweise um Bildnisse der Medici. Botticelli
bediente sich offenbar eines bestimmten, für ihn selbst charakteristischen Gesichts-
typs, den er sowohl für anonyme Figuren verwandte als auch für identifizierbare
Porträts. Dieses Phänomen, daß ein Künstler oft denselben Typ verwendete und daß
dieser Typ ihm selbst ähnelte, ist bereits von den Zeitgenossen Botticellis beobach-
tet und mit dem Sprichwort »Jeder Maler malt sich selbst« kommentiert worden.
So berichtet Angelo Poliziano von einer entsprechenden Bemerkung Cosimos de'
Medici: »Cosimo sagte, eher würden hundert Wohltaten vergessen als eine Beleidi-
gung; und der Beleidiger verzeihe nie; und daß jeder Maler sich selbst male.« Densel-
ben Gedanken brachte auch Girolamo Savonarola in einer Predigt von 1497 mit fol-
genden Worten zum Ausdruck: »Und man sagt, daß jeder Maler sich selbst malt. Er
malt sich nicht etwa in seiner Eigenschaft als Mensch, denn er verfertigt Abbilder
von Löwen, Pferden, Männern und Frauen, die nicht mit ihm identisch sind, sondern
er malt sich in seiner Eigenschaft als Maler, d.h. gemäß seiner Vorstellung (concetto).
Und obwohl die Gestalten (fantasie) und die Figuren der Maler, die sie malen, ver-
schieden sind, entsprechen sie docli seiner Vorstellung (concetto).«
Wenn Savonarola in allen Werken der zeitgenössischen Maler eine jeweils
von ihnen selbst herrührende Vorstellung (concetto) erkennt, beschreibt er im
Grunde nichts anderes als den Personalstil des Künstlers. Ganz unabhängig davon,
ob der von Botticelli favorisierte männliche Typus ihm selbst ähnlich war, bringt er
seinen persönlichen Stil am klarsten zum Ausdruck. Offenbar übertrug der Maler
dieses individuelle Stilmerkmal auch auf die Bildnisse seiner Auftraggeber. Ein Maler

Porträt eines jungen Mannes, um 1470-1475 [Kat. 21]


[ Botticelli als Porträtmaler] 49
 
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