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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte: ein Lehrbuch in zwei Bänden (2,1): Geschichte der deutschen Rechtsquellen: compendiarisch dargest. — Stuttgart: Krabbe, 1846

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https://doi.org/10.11588/diglit.47337#0079
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§. 19. Leges Romanae.

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nommen ist, so zwar, dass sich darin nur wenige sparsame Spuren
des germanischen Rechtes und germanischer Verhältnisse finden 4), so
gehöret die Darstellung seines Inhaltes hauptsächlich dem Kreise der
römischen Rechtsgeschichle an ; für die deutsche Rechtsgeschichte
hat daher zunächst nur sein Charakter als ältester bei einem germa-
nischen Volke vorgekommener Versuch einer Codification des römischen
Rechtes ein besonderes Interesse. Das den deutschen Völkern insge-
sammt eigenthümliche Streben nach Bestimmtheit und Uebersichtlich-
keit im Rechte, der ihnen angeborene Codificationstrieb, welcher auch
zu der Aufzeichnung der Volksrechte gedrängt hatte, veranlasste fast
gleichzeitig bei den Westgothen unter K. Ala rieh II. im Jahre
506 zu Aire in der Gascogne die Veranstaltung einer Sammlung und
gewissermassen compendiarischen Zusammenstellung ächter römischer
Rechtsquellen zum praktischen Gebrauche für die romanische Bevöl-
kerung in dem westgothischen Reiche 6). Diese westgothische Samm-
4) Dahin kann allenfalls gerechnet werden, was im Ed. Tlieod. c. 64—67
über die Verbindung mit einer Hörigen fancilla vel originaria) gesagt ist: besonders
aber ist merkwürdig, dass den Gothen noch nicht, wie den Römern, das Recht bei-
gelegt ist, zu testiren, äusser insoferne sie wirklich als Soldaten dienen. Ed. Theod.
c. 28: „Faciendorum testamentorum omnibus quos testari leges permittunt, daraus late
licentiam.“ — Ibid. c. 32: „Barbaris (d. h. den Gothen) quos certum est reipublicae
militare, quomodo voluerint et potuerint, faciendi daraus licentiam testamenti, sive
domi sive in castris fuerint constituti.“ —
5) Ueber diesen Codex A lari cianus vergl. He i n e c cius, antiq. I. p. 250.—
Biener, Commentar. P. I. p. 283. — v. Savigny, I. c. II. §. 13 flg. — Zim-
mern, Gesell, des röm. Privatrechtes, §. 113. — Puchta, Institutionen, S. 650. —
Eichhorn, R.-G. §.43. —Vergl. As chb ach, Gesell, der Westgothen S. 335.—
Die bis jetzt einzige vollständige Ausgabe des Breviarium ist von Sichard, unter
dem Titel: Codicis Theodosiani Libri XVI. etc. Basil. 1528, Fol. Jedoch fehlt hier
das Commonitorium. Die excerpirten und theilweise stark interpolirten Quellen des
Breviarium waren der Codex Theodosianus, einige Novellen der Kaiser Theodo-
sius, Valentinian, Marcian, Majorianus und Severus, die Institutionen
des Gajus, Pauli sententiae, der Gregorianische und der Hermogenianische Codex;
den Schluss macht eine Stelle aus Papiniani Lib. I. responsorum. Alles mit Aus-
nahme des Excerptes aus Gajus hat eine fortlaufende Glosse (Interpretatio), welche
ihrer Mängel ungeachtet doch bald in der damaligen unkritischen Zeit zu solchem
Ansehen kam, dass man sie selbst unter dem Namen Lex Romana oder Leges Theo-
dosianae anführte. So z. B. Decretum Gratiani, Can. 22, 25, 40. Caus. 2. Qu. 6.
Vergl. Heineccius 1. c. S. 255. Die Redactoren des Breviarium sind unbekannt.
Aus dem voranstehenden Publicationspatente (Commonitorium s. auctoritas) ergibt
sich nur so viel mit Bestimmtheit, dass der Comes Palatii Gojarich mit der Be-
kanntmachung beauftragt war und Anianus, der von Manchen für des Königs
Referendar und für den Verfasser gehalten wird, die einzelnen Exemplare zu be-
glaubigen hatte. — Vergl. den berichtigten Abdruck des Commonitorium bei v. Sa-
vigny, II. §. 13. —
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