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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 35.1910

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[Heft 1-2]
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Bieber, Margarete: Attische Reliefs in Cassel
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https://doi.org/10.11588/diglit.29170#0025
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ATTISCHE RELIEFS IN CASSEL

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zige Falte zusammen, sondern geht fast parallel, aber im
Einzelnen stark variiert nebeneinander her. Es leuchtet ein,
dass das Casseler Relief älter sein wird. Die Nike-Balustrade
bildet seinen Stil in derselben Weise weiter, wie es selbst
den der Parthenon-Skulpturen. Ausserdem verhält sich die
Nike-Balustrade zu den Tauschwestern so wie das Artemis-
Relief zu der Hebe.

Das Artemis-Relief kann man als Musterbeispiel einer
fein durchdachten, harmonisch ausgeglichenen Composition
aus der Schule des Phidias verwenden. Es ist beinahe mathe-
matisch construiert. Am oberen Rand steht die Spitze des
Haarschopfs genau in der Mitte, in gleicher Entfernung von
den beiden Seitenrändern. Lässt man von hier das Lot fallen,
so geht es durch das Standbein in die Ferse des linken Fus-
ses. Das ist die Mittelachse des ganzen Bildes. Die Linien,
die in der Diagonale von links unten nach rechts oben lau-
fen, convergieren alle etwas nach oben. Hals und Kopf des
Hirsches nehmen dieselbe Richtung auf. Dadurch wird das
vorzüglich beobachtete Vorwärtsstürmen so wirkungsvoll. Die
Falten des Chitons begleiten den knappen, jungfräulichen
Körper in grossen rhythmischen Wellen und lassen dadurch
die Gestalt noch schlanker und leichter erscheinen. In der
Diagonale von links oben nach rechts unten bilden die Linien
einen gewissen Gegensatz zu den anderen. Die beiden Lan-
zen laufen genau und steif parallel. Aber auch die Linie des
Oberkopfs, die vom hinteren Haaransatz zum Kinn, die der
beiden Arme der Artemis und die der beiden rechten Ober-
schenkel des Tiers sind ähnlich. Das gibt der Composition
bei aller Lebhaftigkeit doch auch Ruhe und Festigkeit. Man
hat den Eindruck, dass Artemis mit absoluter Sicherheit ihr
Ziel trifft.

Dass das Relief in die attische Schule gehört, beweist
zum Überfluss noch eine Zusammenstellung mit Werken, die
gleichzeitig ausserhalb Attikas entstanden sind. Auf den Re-
liefs von Gjölbaschi (Brunn - Bruckmann Taf. 486) bietet die
laufende Magd im Gemach der Penelope die beste Parallele.
Die Falten ihres Gewandes sind viel heftiger bewegt und
gebogen als am Chiton der Artemis. Die Reliefs von Phiga-
 
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