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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 35.1910

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Rodenwaldt, Gerhart: Zu den Grabstelen von Pagasae
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https://doi.org/10.11588/diglit.29170#0143
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ZU DEN GRABSTELEN VON PAGASAE

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gulärer localer Stellung nach einer befriedigenden Erklärung
aus der Gesamtentwickelung heraus zu suchen, ohne den
Dingen Gewalt anzutun. Indessen möchte ich doch auf die
Möglichkeit einer Lösung hinweisen. Das Relief 1 25 erinnert
mit seiner Andeutung der Landschaft durch einen Baum auf-
fallend an attische Weihreliefs. Auf diesen finden wir das
gleiche Verhältnis der Figuren zum Raum, auf ihnen auch
die ersten über primitive Ansätze hinausgehenden Versuche
zur Andeutung eines Innenraumes. Nun sind die Weihreliefs
in Form und Raumauffassung den Grabnaiskoi aufs Engste
verwandt, und die Möglichkeit einer gegenseitigen Beein-
flussung war dadurch von vornherein gegeben. Dann könn-
ten wir in den pagasaeischen Naiskoi den Anfang einer Ent-
wickelung sehen, zu der es in Attika durch das gewaltsame
Ende der Grabreliefs noch nicht kommen konnte, die wir da-
gegen in den ostgriechischen hellenistischen Sepulcralreliefs,
zum Teil directen Nachkommen der Votivreliefs (Pfuhl, Arch.
Jahrb. XX 154), als eine Tatsache vor Augen haben 1.

Jedenfalls muss diese Sonderstellung der Naiskosbilder
im Hinblick auf die attischen Naiskoi davor warnen, ihre
künstlerischen Freiheiten ohne weiteres auf die gleichzeitige
grosse Kunst zu übertragen. Vor allem gilt diese Forderung
für das unter den 90 Stelen mit seiner Verteilung der Figuren
im Raume völlig alleinstehende Wöchnerinnenbild. Schwie-
riger ist die Beurteilung seiner Architektur. Einen architekto-
nisch reicher als gewöhnlich ausgestatteten Hintergrund fin-
den wir ja auch auf den zwei Stelenbildern 45 und 58. Er
kann hier einfach von Naiskosbildern übertragen worden

1 Zwei attische Grabreliefs zeigen vielleicht eine ähnliche Beeinflussung
durch Votivreliefs. Auf der Stele der Lysarete im Piraeus (Conze 755 T. 147)
entspricht die für ein Grabrelief ganz singuläre Anordnung von vier Figuren
nebeneinander links von dem sitzenden Mann den Gruppen von Adoranten
auf Votivreliefs. Der Luftraum über den Figuren ist abweichend von der
Norm der Naiskoi gleich dem der Votivreliefs. Zweifelhafter ist ein solcher
Einfluss bei dem problematischen Palmbaum auf dem Grabrelief des Abde-
schmun, Conze 1 307 T. 271. Vgl. auch die Stele des Milesiers Simon und der
Samierin Aphrodisia, wo die Bildfläche (Totenmahl?) von einem Votivrelief-
rahmen umgeben ist (Conze 1469 T. 304, Brückner, Ornament und Form 72).
 
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