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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 35.1910

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[Heft 1-2]
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Prinz, Hugo: Bemerkungen zur altkretischen Religion, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.29170#0187
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BEMERKUNGEN ZUR ALTKRETISCHEN RELIGION 175

kleinasiatisch-syrischen Magna Mater identische Göttin. Ihre
Religion ist aus denselben Vorstellungen erwachsen. Die
Symbolik hat ihre schlagendsten Analogien auf chetitisch-
syrischen Monumenten. Von einer Abhängigkeit aus Vor-
derasien kann dabei aber kaum die Rede sein, die Freiheit
und Selbständigkeit, welche die ganze kretische Kultur aus-
zeichnet, lässt sich auch hier überall constatieren, und um so
wichtiger für die Religionsgeschichte ist die Gleichheit der
Symbole. Sie ist nicht etwa mit einer Übernahme aus Asien
zu erklären, sondern beruht darin, dass eben die älteste Be-
völkerung der Insel den kleinasiatischen Völkern stammes-
verwandt gewesen ist.

Die Symbole ermöglichen es auch, eine Ahnung zu be-
kommen von den religiösen Gefühlen und Vorstellungen,
welche diese Gottheit verkörpert. Sie ist die grosse Natur-
göttin, der alles untertan ist, Göttin der Liebe und der Vege-
tation. Auf den waldigen Höhen der kretischen Gebirge hat
sie ihren Sitz, die Löwen sind ihre Begleiter. Ihren Namen
wissen wir nicht, sie mag, genau so wie die Magna Mater in
Kleinasien und Syrien, unter verschiedenen Namen verehrt
worden sein, in Knossos mag man sie anders genannt haben
als in Phaistos oder in H. Triada, ohne dass dabei aber an
der Identität ihres Wesens zu rütteln wäre. Dafür spricht
auch noch besonders die Gleichförmigkeit der Kultstätten,
soweit solche bisher gefunden worden sind.

Die Continuität der minoischen Kultur, für die wir oben
einige Beispiele angeführt haben, lässt sich auch an der
Hand der Kultdenkmäler nachweisen. Die Idole Typus I 1
und II 1 gehen, wenn auch uns nur in spätminoischen Repli-
ken erhalten, auf die allerältesten Zeiten. minoischer Kunst-
übung zurück und 'bewahren die primitive Rohheit in starrer
religiöser Tradition’ (Karo, a. a. O. VII 131). Typus III 1 und
IV 5 gehören der mittelminoisclien Periode an, Typus I 3 und
II 2 der Wende von der mittelminoischen zur spätminoischen,
während die übrigen den verschiedenen Epochen der spät-
minoischen Periode ihre Entstehung verdanken.

Auch die griechische Invasion hat den alten Kult der
minoischen Göttermutter nicht völlig unterdrücken können.
 
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