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Falke, Otto von; Lessing, Julius
Kunstgeschichte der Seidenweberei: eine Auswahl der vorzüglichsten Kunstschätze der Malerei, Sculptur und Architektur der norddeutschen Metropole, dargestellt in einer Reihe der ausgezeichnetsten Stahlstiche mit erläuterndem Texte (Band 1) — Berlin, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.19016#0062
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III. Die spätantiken Textilien aus Ägypten.

Die Textilfunde aus ägyptischen Gräbern oströmischer Zeit, von denen heut kaum
übersehbare Mengen in vielen Museen aufgehäuft sind, liegen vom Standpunkt der Technik
betrachtet außerhalb unserer Untersuchung, weil sie ihren künstlerischen Schmuck vor?
nehmlich der Wirkerei, nicht der Weberei verdanken. Aus diesem Grund sind Beispiele
davon in das Tafelwerk nicht aufgenommen worden. Sie haben aber nicht nur auf die
Technik und die Tracht, sondern auch auf die Textilornamentik im römisch?griechischen
Kulturbereich während der Zeit des Übergangs von der Antike zum Mittelalter so helles
Licht geworfen, daß eine kurze Betrachtung dieser großen Denkmälergruppe auch hier am
Platze ist. Mit ihrer Hilfe sind Aufschlüsse zu suchen darüber, wie lang der hellenistische
Formenschatz sich am Leben erhalten hat, wann die Verdrängung durch die christlich^
koptischen Elemente einsetzt, ob und wann die vielumstrittenen sassanidischen Einwir?
kungen bemerkbar werden und ob in so früher Zeit schon, wie behauptet worden, wirklich
Spuren chinesischen Einflusses nachzuweisen sind; alles Fragen, die auch für die Frühzeit
der Seidenweberei erhebliche Bedeutung haben.

Während der Römerherrschaft im Nilland trat an Stelle der alten Mumienbestattung
eine einfachere Begräbnisform. Die Toten wurden mit den Gewändern, die sie im Leben
getragen, in ein leinenes Leichentuch gehüllt und so der Erde übergeben. Die Leichenfelder
lagen nicht in dem wertvollen, der Nilüberschwemmung ausgesetzten Ackerland, sondern
in unfruchtbaren Wüstenstrichen nahe bei den Städten. Nur in diesem trockenen Sand?
„boden ist die Erhaltung der vergänglichen Textilien, oft in ungeschwächter Frische ihrer
Farben, durch anderthalb Jahrtausende möglich gewesen.

Die Art, wie die Ausbeute der Grabfelder betrieben und ihr Inhalt in den Handel
gebracht worden ist, hat die nähere Bestimmung der Stoffe sehr erschwert. Im Jahre 1882
war die erste Sammlung aus Sakkara in Oberägypten nach Wien gekommen; sie wirkte,
da vorher nur vereinzelte und wenig beachtete Textilien dieser Art in Europa vorhanden
waren, als eine Enthüllung und regte bald zu weiteren Beutezügen an. Die Nachforschungen
wurden aber nicht planmäßig vorgenommen, sondern sie lagen in Händen von Beduinen
und Fellachen, die im Händlerauftrag verschiedene Gräberfelder plünderten, so daß zu?
verlässige Angaben über die Herkunft und sonstige für die Bestimmung dienliche Fund?
umstände nicht zu erhalten waren. Das meiste ist als eine ungeordnete Masse in die Museen
gekommen; der Stil und Inhalt der Wirkereien allein kann zu einer historischen Gruppierung
des Bestandes verhelfen. Man weiß nur, daß vieles aus dem Fayum gekommen ist, daß vor
allem Achmim in Oberägypten, die heutige Stätte der schon im Altertum wegen ihrer
Webereien bekannten Stadt Panopolis die Hauptmasse des Bestandes unserer Sammlungen
geliefert hat. Nur an einer Stelle, in den Gräbern der von Hadrian im Jahre 122 gegründeten
Stadt Antinoe, sind sorgfältige Ausgrabungen unter sachkundiger Leitung von Gayet durch?
geführt worden.1)

') Essenwein, Spätklassische Seidengewebe, in den Mitteilungen aus dem Germanischen Museum II,
1887—89, S. 91 und Hampe, Katalog der Gewebesammlung des Germanischen Museums 1896. — Abbildungen

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