12 Waldmann Schnauzer.
Lichtspahn anzündete, seine Bundschuh anlegte und seitwärts
auf den Hund hinschielte, der mit einer Armensündermiene dasaß,
den gestohlenen Schinken im Maul. Endlich sprach der Jäger:
„Ich habe dir das Leben gerettet mit eigener Gefahr. Du
hast das gerade so vergesten, wie vordem jener Theodor vergaß,
daß ich im rechten Augenblicke noch den wilden Eber gefällt,
der seiner Durchlaucht den Garaus machen wollte. Doch Theo-
dor war ein Fürst. So einer hält es eben nur für verfluchte
Schuldigkeit, wenn ein Diener sich für ihn opfert. Der Diener
soll sich's ja noch zur Ehre schätzen, für den Gnädigen sterben
zu dürfen. Ich habe dich geliebt, wie ich einst das Kätterli
liebte. treu und aufrichtig; !abcr Kätterli war ja ein Mensch.
> Aber du, du bist ein Hund; darum pfui über deine Treulosig-
keit. Du entehrst dein ganzes Geschlecht. Ich will dich nimmer
Wiedersehen. Wir sind geschiedne Leute für diesseits und jenseits."
Der Hund verstand offenbar Wort für Wort. Traurig ließ
er den Kopf hängen, und im Bewußtsein seiner Schuld wagte
er auch nicht den geringsten Versuch, seines Gebieters Verge-
bung zu gewinnen. — —
Als der Fürst durch Florens vernommen, was sich auf dem
Liebesharm zugetragen. bat er seinen Vetter, die Angelegenheit
auf sich beruhen zu lasten. Edmund gerieth in arge Bedräng-
niß. Er wollte „seiner Liebden" nicht gerne eine Bitte abschla-
gen. schon aus Höflichkeit, und auch weil er für eigene Gesuche
mehr als ein Eisen im Feuer hatte; dennoch widerstrebte es
j ihm, grade hier nachzugeben, weil seine Eigenliebe dabei im
Spiele war. Er mußte sich zu Gehör sagen lassen: der Hund
sei jetzt bester als zuvor. Endlich äußerte er. sich fügen zu
wollen, wenn Silvester ihn geziemend darum ersuche. Es war
nicht vorauszusetzen, daß der starre Alte sich zu einer Bitte be-
quemen würde; doch dadurch gerieth Theodors Enkel und Erbe
nicht in die geringste. Verlegenheit, sondern nahm sich im Stil-
len vor, einen falschen Boten anzustellen, der in Silvesters Na-
men vortrage. So hieß er denn des Grafen Bedingung in
Gnaden gut. Womit die Sache abgemacht schien; auch war
sie's, aber ganz anders, als die Herren sich einbildeten.
Sie sprachen noch davon, als ein Bäuerlein den Waldmann
brachte sammt dem Verlangen Silvesters: einen recht bösen
und harten Hund dafür zu erhalten.
Der Schnauzer war nicht mehr zu kennen; selbst Florens
hielt ihn beinahe für ausgewechselt. Trüben Auges, hängender
Ruthe ließ Waldmann alles über sich ergehen. Für freundliche
Worte hatte er kein Wedeln, für die härtesten Schläge kein
Winseln. An die Kette gelegt, blieb er ruhig auf der Streu.
! Ein mitleidiger Jägersbub' hängte ihn los, in der Erwartung,
der Befreite werde Reißaus nach dem Liebesharm nehmen.
Waldmann dachte nicht daran. Vermuthlich hatten Silvesters
Abschiedsworte seinen Muth gebrochen.
Bald darauf hat Waldmann Schnauzer alle Viere von sich
gestreckt. Die Jäger munkelten, er habe sich aus Verzweiflung
in den Ziehbrunnen gestürzt; andere behaupteten, der jähzornige
Edmund habe ihm eine Haynau'sche Pille eingegeben.
Beschreibung von London,
welche -er Straubinger seiuem Kruder in Versen ingeschildt hat.
Zu London in der großen Stadt,
Von weiß Gott wie viel Seelen,
Man gar Nichts zur Zerstreuung hat
Als wie das edle Stehlen.
Die Stadt liegt in dem Engelland
Und an dem Fluß der Themse,
Matrosen laufen an dem Strand,
Und kauen ihre Bremse.
Viel tausend Galgen man dort hat
Von Allen Qualitäten,
Es ist mein Seel' ein wahrer Staat
Wenn Einer dran geht flöten.
Für g'meine Leut sind sie von Holz
Für Jeden nach dem Wüchse,
Für Lords von Mahagoniholz.
Für Handwerksbursch' von Buxe.
Das ist von London die Geschicht
Das Uebrige ist Nebel,
Die Sonne scheint ihr Lebtag nicht.
Sonst wär es nicht so übel.
Lichtspahn anzündete, seine Bundschuh anlegte und seitwärts
auf den Hund hinschielte, der mit einer Armensündermiene dasaß,
den gestohlenen Schinken im Maul. Endlich sprach der Jäger:
„Ich habe dir das Leben gerettet mit eigener Gefahr. Du
hast das gerade so vergesten, wie vordem jener Theodor vergaß,
daß ich im rechten Augenblicke noch den wilden Eber gefällt,
der seiner Durchlaucht den Garaus machen wollte. Doch Theo-
dor war ein Fürst. So einer hält es eben nur für verfluchte
Schuldigkeit, wenn ein Diener sich für ihn opfert. Der Diener
soll sich's ja noch zur Ehre schätzen, für den Gnädigen sterben
zu dürfen. Ich habe dich geliebt, wie ich einst das Kätterli
liebte. treu und aufrichtig; !abcr Kätterli war ja ein Mensch.
> Aber du, du bist ein Hund; darum pfui über deine Treulosig-
keit. Du entehrst dein ganzes Geschlecht. Ich will dich nimmer
Wiedersehen. Wir sind geschiedne Leute für diesseits und jenseits."
Der Hund verstand offenbar Wort für Wort. Traurig ließ
er den Kopf hängen, und im Bewußtsein seiner Schuld wagte
er auch nicht den geringsten Versuch, seines Gebieters Verge-
bung zu gewinnen. — —
Als der Fürst durch Florens vernommen, was sich auf dem
Liebesharm zugetragen. bat er seinen Vetter, die Angelegenheit
auf sich beruhen zu lasten. Edmund gerieth in arge Bedräng-
niß. Er wollte „seiner Liebden" nicht gerne eine Bitte abschla-
gen. schon aus Höflichkeit, und auch weil er für eigene Gesuche
mehr als ein Eisen im Feuer hatte; dennoch widerstrebte es
j ihm, grade hier nachzugeben, weil seine Eigenliebe dabei im
Spiele war. Er mußte sich zu Gehör sagen lassen: der Hund
sei jetzt bester als zuvor. Endlich äußerte er. sich fügen zu
wollen, wenn Silvester ihn geziemend darum ersuche. Es war
nicht vorauszusetzen, daß der starre Alte sich zu einer Bitte be-
quemen würde; doch dadurch gerieth Theodors Enkel und Erbe
nicht in die geringste. Verlegenheit, sondern nahm sich im Stil-
len vor, einen falschen Boten anzustellen, der in Silvesters Na-
men vortrage. So hieß er denn des Grafen Bedingung in
Gnaden gut. Womit die Sache abgemacht schien; auch war
sie's, aber ganz anders, als die Herren sich einbildeten.
Sie sprachen noch davon, als ein Bäuerlein den Waldmann
brachte sammt dem Verlangen Silvesters: einen recht bösen
und harten Hund dafür zu erhalten.
Der Schnauzer war nicht mehr zu kennen; selbst Florens
hielt ihn beinahe für ausgewechselt. Trüben Auges, hängender
Ruthe ließ Waldmann alles über sich ergehen. Für freundliche
Worte hatte er kein Wedeln, für die härtesten Schläge kein
Winseln. An die Kette gelegt, blieb er ruhig auf der Streu.
! Ein mitleidiger Jägersbub' hängte ihn los, in der Erwartung,
der Befreite werde Reißaus nach dem Liebesharm nehmen.
Waldmann dachte nicht daran. Vermuthlich hatten Silvesters
Abschiedsworte seinen Muth gebrochen.
Bald darauf hat Waldmann Schnauzer alle Viere von sich
gestreckt. Die Jäger munkelten, er habe sich aus Verzweiflung
in den Ziehbrunnen gestürzt; andere behaupteten, der jähzornige
Edmund habe ihm eine Haynau'sche Pille eingegeben.
Beschreibung von London,
welche -er Straubinger seiuem Kruder in Versen ingeschildt hat.
Zu London in der großen Stadt,
Von weiß Gott wie viel Seelen,
Man gar Nichts zur Zerstreuung hat
Als wie das edle Stehlen.
Die Stadt liegt in dem Engelland
Und an dem Fluß der Themse,
Matrosen laufen an dem Strand,
Und kauen ihre Bremse.
Viel tausend Galgen man dort hat
Von Allen Qualitäten,
Es ist mein Seel' ein wahrer Staat
Wenn Einer dran geht flöten.
Für g'meine Leut sind sie von Holz
Für Jeden nach dem Wüchse,
Für Lords von Mahagoniholz.
Für Handwerksbursch' von Buxe.
Das ist von London die Geschicht
Das Uebrige ist Nebel,
Die Sonne scheint ihr Lebtag nicht.
Sonst wär es nicht so übel.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Beschreibung von London, welche der Straubinger seinem Bruder in Versen zugeschickt hat"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Erhängter <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 12.1850, Nr. 266, S. 12
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg