Fliegende Blätter (124.1906 (Nr. 3154-3179))

Und -— welcher Man» wagt sie zu tadeln?! —
Hing ganz vergnügt zu stricken an!

Lin Ilüstern rings von Mund zu Munde —
wach wurden selbst, die eingenickt —

Und bald durchflog die Jubelkunde
Den ganzen weiten Saal: „Sie strickt!"

Selbst der profeffer trat herunter

Und dann — scholl donnernder Applaus! —

I a ja, yiatnr! Duckt sie nur unter,
Sie kommt doch immer wieder 'raus!

Georg Bötticher.

A il s r e d c.

„Wie kommt cs, Herr Baron, daß Sic nie
'was treffen?"

„Daran ist nur meine Farbcnblindhcit schuld!
Ich ziele ins Schlvarze und treffe ins Blaue!"

„Hast Du mich aber erschreckt, Onkel!. . Ich dachte ein Automobil
kommt!"

Naiv.

Zweierlei R o t.

„Sehen Sic nur das Paar dort! Sie hat auffallend rote
Wangen!" — „Die sind geschminkt!" — „Und er hat eine rote
Nase!" — „Die ist aber echt!"

Boshaft.

„Wie unsere heiratslustigen jungen Damen den reichen
Bankierssohn dort nmschwärmen — das reinste goldene Kalb!" —
„Hm, den hätt' ich schon für älter gehalten!"

< Natur am expellas furca.

In Heidelberg war's. Lin profeffer
Las ein Kollegium über's Jus.

Dbwohl es Mai und draußen besser,
war doch der Saal voll publikus.

Inmitten flotter Musensöhne
von schneidigem und forschem wuchs
Satz, unter andern, eine Schöne,
Studentin und noch „grosser Juchs".

Db in dem schläfrig-schwülen Saale
Ihr Geist zur Kindheit sich verlor —
wer weiß es? Kurz, mit einem Male
Zog einen Strickstrumpf sie hervor;

Schlug Jaden, brachte ihre dladeln
In Drdnung, schob die Maschen 'ran

Maler: „Was kostet das Glas Milch?" — Bauer:
„Ach, das ist ja nicht der Rede ivcrt . . . malen S' uns halt
a' klein's Bild'l dafür!"