Fliegende Blätter (124.1906 (Nr. 3154-3179))

§ i ii Detektiv-Roma n.

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»wo ist meine liofe?" fragte
^er Bürgermeister.

»Ich Hab' s' net g'sressen!"
lautete die glaubwürdige Antwort.

»Dann hol' den Nachtwächter!"

.... Dieser kam. Doch wußte
er von nichts. Zum Beweise im
öeffen, daß er tatsächlich intensiv
Mvacht, konnte er anführen: daß
et um elf Uhr den Grabenhofer
schwer bezecht vor seinem Gehöft
liegend fand — daß er um zwölf
lcht die alte Kropfmüllerin durch
s geschlossene Lenster schnarchen
hörte — daß er um ein Uhr vor
^es Schmieds, Baus zu singen anhub: „Meine perren und Lrauen,
laßt Euch sagen....", wobei ihn der Schmied mit dem Ruf:
»ksalt' 's Ulaul, Stockfisch!" unterbrach und ehrenbeleidigte
l'aß er um zwei Uhr eine Sternschnuppe fallen sah, um drei
llhr noch eine und daß um vier Uhr der palter austrieb.

»Der polizeidiener muß her!" befahl der Bürgermeister.

Der Polizeidiener kam, hörte und begann sofort eine ge-
naue Vernehmung. Gr inquirierte den Bürgermeister,

°l> derselbige einen verdacht hege.... wie die Bose
ausgeseh'n. . . seit wann er sie getragen und ob Geld
Zarinnen gewesen.

verdacht hegte der Bürgermeister keinen. Die Kose
habe ausgeseh'n, wie halt eine Kose in lvampersdorf
ausschaut. Getragen habe er sie vierzehn Tage und
l^tld sei keines darinnen gewesen.

Und sie hatte wirklich ausgeseh'n wie jede Kose
1,1 lvampersdorf. Denn der Schneider in Ebenfurt
l^Jte zwar jedem Kunden die fünfzig Jahre alte
bloffmufterkarte vor, ließ die Leute wählen und lobte
l>tu Geschmack; da er aber immer nur ein Stück
bloss auf Lager hatte, mit dem er jedes Ulal vier
2ahre ausreichte, so bekam auch jeder, der während
dieser vier Jahre eine Pose bestellte, eine solche von
Lesern Stoff — ohne Rücksicht auf die getroffene lvahl.

Wo die vroni schlafe.... fragte plötzlich unvermittelt der
polizeidiener mit einem überlegenen inquisitorischen Blick auf die
Genannte.

Der vroni stieg das Blut in den Kopf und sie erwiderte

scharf: „Tralatsch dalketer, scher'
Dich um die pos'n und net um
mei' Schlaskannner!"

Damit war die Vorunter-
suchung beendet. Ihr Resultat galt
aber gleich Null, und wenn über-
haupt noch jemand Licht in die
Sache bringen konnte, so war das
der Palm von Ebenfurt.

Der Palm war jedem Krimi-
nalbeamten über. Erst im vorigen
Jahr hatte er auf äußerst scharf-
sinnige weise den Schleier von
zwölf Paar Leberwürsten gelüftet,
die dem Pfarrer gestohlen worden
waren. - Der Bürgermeister hieß den Knecht um den Palm
fahren. Gerad' aber, wie der Knecht beim Lenster vorbeisuhr,
trat der Palm aus die Türschwelle.

Die Ueberraschung war so groß, daß man den Knecht gleich-
wohl fahren ließ.

Kali» war sehr blond, hatte auch gelbe Locken und kalte,
graue Augen.

„Dir fehlt die Pose!" sagte er ruhig zum Bürgermeister,
„lvoher weiß Er das?" kam es von aller Lippen.

„lveil er mit nackten Beinen dasteht I"

„Ah_!!"

„Du hast sie auf dem Sessel liegen g'habt!"

„Lreilich wohl . . . aber wie kannst Du das gleich so sagen?"
„lveil nur ein Sessel im Zimmer ist und auf dein Tisch das
lvaschwaffer steht!"

„Ah_!!"

Ja, der Palm!

„Der pund hat auch nicht gebellt!"

,,pab' ja gar kein'!"

„Eben deswegen!"

„Ah_!!"

„Ist Dir nix aufg'fallen?"

„Wohl! Die Uhr ist um Sechse sreh'n geblieben!"

„weil sie net aufgezogen ist!"

„woher weißt D' das wieder, Palm?"

„weil das Gewicht abgelaufen ist!"

„Na, so was!"

„Und hast Du Dir gar keine Gedanken g'inacht, Bürger-
meister ?"