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W er mit Blindheit geschlagen ist, kann nicht sehen.

Und die Freunde neigten ihr Haupt vor der Weisheit des
Derwisches.

Monde verrannen, lind wieder saßen die Freunde nn Zelte
von Abu Baldar ben Sabu. Und sie schwiegen und rauchten. Da
öffnete Abu Baldar die Lippen und sprach: „Ein Kaufmann, den
mein Gebet von schwerer Krankheit befreite, gab mir diesen
Teppich. Was soll mir, dem Diener Gottes, ein solch' kostbarer
Teppich?" Und er wies mit der Hand auf das Gewebe, das die
Rückwand des Helles zierte. Begehrlich blickten die Augen der
Freunde darauf hin, denn köstlich waren die Farben des Teppichs
und erhebend die Sprüche, die der Künstler eingewoben hatte zum
Preise Allahs. Der Derwisch aber sprach: „Es möge jeder die
dümmste Tat seines Lebens nennen; der dümmsten dieser dümmsten
Taten sei als Preis das Gewebe gewidmet."

Da sprach der älteste der Freunde: „Ich habe mein schnellstes
Pferd einem Fremden geliehen; Jahre sind verflossen. Wo ist
Hastul, mein Roß?"

Der zweite sprach: „Ich versuchte, aus deni Sande der Wüste
und aus dem Abfalle der Kamele Gold zu brauen."

Der dritte sprach: „Ich lag krank darnieder und gab einen
Beutel Goldes einem fränkischen Heilkünstlcr, daß er mich genesen
inache. Aber die Krankheit blieb und der Franke verschwand und
mit ihm der Beuiel Goldes.

Mohammed el Maßru, der vierte der Freunde, blickte nach-
denklich in seine flache Hand und sagte: „Ich nahm ein Weib . . ."

Da erhob sich Abu Baldar ben Sabu und reichte ihm den
Teppich, dessen Farben waren wie die Morgenröte und dessen
Sprüche unsterbliche Lehren verkündeten. — Die Freunde aber
neigten ihr Haupt vor der Weisheit des Derwisches.

Und wieder saßen nach Monden die Freunde im Zelte von
Abu Baldar ben Sabu und rauchten und schmiegen. Da erschloß
der Derwisch die Pforten seines Mundes und sprach: „Seht diesen
Ring! Ein Wanderer gab mir ihn in der Wüste für einen Trunk
Wassers. Was soll mir, dem Diener Gottes, dieser Ring? Wer
von Euch ist der Glücklichste? Der Glücklichste soll ihn haben!"
Und er legte den Ring auf den Kopf seiner Wasserpfeife. Da
blitzten die Diamanten des Ringes wie ein Wetter in warmer
Nacht, da glänzten die Perlen wie Blicke sehnsüchtiger Huris, und
das rote Gold, das alles zusammenfaßte, war wie das Licht des
Paradieses. Begehr und Begierde prägte sich auf den Gesichtern
der Freunde. Und der älteste sprach: „Ich bin der Glücklichste!

Mein sind die kostbarsten Pferde und mein ein weißes Kamel,
mein ein Heer von Sklaven. Die Gesundheit meines Leibes ist
wie Eisen in der Esse. Mein ist die Kraft und die Macht!"

Der zweite sprach: „Mein ist der größte Basar der Stadt,
und das Gold fließt durch meine Finger wie das Wasser durch
die Kiemen der Fische. Mein ist das Streben und die Arbeit;
ich bin der Glücklichste!"

Der dritte sprach: „Ich fahre ruhig auf fröhlicher Barke.
Der Klang der Zithern und Harfen ergötzt mein Dhr, meine
Zunge fühlt den auserlesensten Wohlgeschmack auserlesener Ge-
richte. Ich kenne nicht den Kampf, nicht die Arbeit. Der Friede
meiner Seele ist wie ein Tag im Sommer. Kein Windhauch
durchweht ihn und die Sonne strahlt. Der Glücklichste bin ich!"

Mohammed el Maßru aber, der vierte der Freunde, schloß
die Augen und sagte leise: „Seit vierzehn Nächten bin ich

Witwer."

Da reichte ihm Abu Baldar ben Sabu, der Derwisch, den

Ring, der so herrlich war, als habe ihn ein Erzengel selbst ge-
fertigt.

Die Freunde aber neigten ihr Haupt vor der Weisheit des
Derwisches.

Und als der Tag heraufzog, da ging Mohammed el Maßru,
der vierte der Freunde, und gab seine Preise, den Dolch, den
Teppich und den Ring, an Ali el Nasnan als Gegenwert für
Saidah, die einzige Tochter dieses Mannes. Und er führte sie
als Weib in sein Haus. Norbert Lfnkke.

—-t# Fragen. -

u Hause deine kleine Welt,

Die will dir zu gering erscheinen?

2st unsere Erd' im Sternenfeld
Nicht auch nur eine Welt im Kleinen?

Alb. Aodcrlch.

— T. Passend. ...9-^

Bürgermeister: „Wir brauchen heute einen Geheimpoli-
zisten." — Schreiber: „Da nehmen wir den Stadtdiener —
's Gesicht von dem hat noch niemand gesehen."

Ausgleich.

Heiratsvermittler: „Das Fräulein hat zwar eine schiefe
Schulter, aber 95000 Mark Mitgift." — Heiratskandidat:
„Ei, da ist sie ja gar nicht so uneben!"
Bildbeschreibung

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Titel/Objekt
"Passend"
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Roeseler, August
Entstehungsdatum
um 1912
Entstehungsdatum (normiert)
1907 - 1917
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 136.1912, Nr. 3470, S. 44

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