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osv Verfehlte Kur. ysc
„Sieh' nur, da kommt Bodo! . . Der hat aber bei seiner Badereise abgenommen!"
„Darf Dich nicht wundern! . . Er hat sich dort in ein Brünnenmädchen verschont,
und da hat er statt vier Becher, die ihm verordnet waren, täglich seine zwanzig Becher
von der Quelle getrunken."
Im Vorzimmer deS Standesamtes.
Diener (znm Bräutigam mit sehr häßlicher Braut, leise):
„Ich Hab' alle die Paare, die nach Ihnen hier eingetroffen sind, vor
Ihnen angemeldet — aber jetzt muß es halt doch sein!"
Meine Schwester und die
Schwarze-Einser-Bayern.
von Fritz Müller-Zürich.
^ilils ich zehn Jahre alt war, hatte
ich ein Markenalbum und eine
Schwester. Ich kann nicht sagen,
daß mir eins so lieb war wie das
andere. Das wäre eine Läge. Denn
das Markenalbum war mir lieber.
Bitte, bitte, nicht entrüstet I Den
markenwütigon Jungen müßte man
mir erst noch zeigen, der seine doppelt
so alte Schwester lieber gehabt hätte
als sein Album. In der Marken-
sammelperiode, wohlverstanden. Später
wurde das ja alles anders.
Aber als ich Marken sammelte, als
mir die berühmte „Schwarze-Linser-
Bayern" noch fehlte an meinem
„Bayernsatz" — da war das wirklich so.
Nun aber gab's im Bureau meines
Vaters einen jungen Schreiber namens
Greve — er schrieb sich sogar mit accent
aigu am Schluß — der hatte sie.
Die „Schwarze-Einser-Bayern" näm-
lich. — Einmal, zwischen „Dunkel und
Sixtminet", zeigte er mir sie im lsaus-
gang, abends, und sagte: „weißt D',
wenn Du machen kannst, daß Deine
Schwester nächsten Sonntag früh um
zehn Uhr in die Sofgartenarkaden
kommt zum Spazierengehen, dann —
dann kriegst D' die „Schwarze-Linser-
Bayern".
Ich hielt es zuerst für einen
Scherz. Die Schwarze-Linser-Bayern
für einen lumpigen Spaziergang meiner
Schwester unter den lsofgartenarkaden?
Nein, für so duuim hatte ich den Greve
doch nicht gehalten. Aber er versprach
es mir mit einem Eid. Und ich mußte
an mich halten, um ihm nicht zu sagen:
„Das werd'n wir gleich hab'n", sondern
diplomatisch zu bemerken: „Ich werde
es bei meiner Schwester versuchen, Ejert
Greve."
Und dann rannte ich schnurstracks
in das Zimmer meiner Schwester.
„Du, Marie," sagte ich, „magst
D' nicht ain nächsten Sonntag früh
um zehn Uhr in, Sofgarten spazieren-
geh'n ?"
„warum denn?" sagte sie wider-
spenstig.
„weil ich dann eine Schwarze-
Linser-Bayern krieg'", gab ich zur
Antwort, siegessicher.
Aber sie sagte: „Jeggerluein, was
geht denn mich Dei' Schwarze-Linser-
Bayern an?"
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„Sieh' nur, da kommt Bodo! . . Der hat aber bei seiner Badereise abgenommen!"
„Darf Dich nicht wundern! . . Er hat sich dort in ein Brünnenmädchen verschont,
und da hat er statt vier Becher, die ihm verordnet waren, täglich seine zwanzig Becher
von der Quelle getrunken."
Im Vorzimmer deS Standesamtes.
Diener (znm Bräutigam mit sehr häßlicher Braut, leise):
„Ich Hab' alle die Paare, die nach Ihnen hier eingetroffen sind, vor
Ihnen angemeldet — aber jetzt muß es halt doch sein!"
Meine Schwester und die
Schwarze-Einser-Bayern.
von Fritz Müller-Zürich.
^ilils ich zehn Jahre alt war, hatte
ich ein Markenalbum und eine
Schwester. Ich kann nicht sagen,
daß mir eins so lieb war wie das
andere. Das wäre eine Läge. Denn
das Markenalbum war mir lieber.
Bitte, bitte, nicht entrüstet I Den
markenwütigon Jungen müßte man
mir erst noch zeigen, der seine doppelt
so alte Schwester lieber gehabt hätte
als sein Album. In der Marken-
sammelperiode, wohlverstanden. Später
wurde das ja alles anders.
Aber als ich Marken sammelte, als
mir die berühmte „Schwarze-Linser-
Bayern" noch fehlte an meinem
„Bayernsatz" — da war das wirklich so.
Nun aber gab's im Bureau meines
Vaters einen jungen Schreiber namens
Greve — er schrieb sich sogar mit accent
aigu am Schluß — der hatte sie.
Die „Schwarze-Einser-Bayern" näm-
lich. — Einmal, zwischen „Dunkel und
Sixtminet", zeigte er mir sie im lsaus-
gang, abends, und sagte: „weißt D',
wenn Du machen kannst, daß Deine
Schwester nächsten Sonntag früh um
zehn Uhr in die Sofgartenarkaden
kommt zum Spazierengehen, dann —
dann kriegst D' die „Schwarze-Linser-
Bayern".
Ich hielt es zuerst für einen
Scherz. Die Schwarze-Linser-Bayern
für einen lumpigen Spaziergang meiner
Schwester unter den lsofgartenarkaden?
Nein, für so duuim hatte ich den Greve
doch nicht gehalten. Aber er versprach
es mir mit einem Eid. Und ich mußte
an mich halten, um ihm nicht zu sagen:
„Das werd'n wir gleich hab'n", sondern
diplomatisch zu bemerken: „Ich werde
es bei meiner Schwester versuchen, Ejert
Greve."
Und dann rannte ich schnurstracks
in das Zimmer meiner Schwester.
„Du, Marie," sagte ich, „magst
D' nicht ain nächsten Sonntag früh
um zehn Uhr in, Sofgarten spazieren-
geh'n ?"
„warum denn?" sagte sie wider-
spenstig.
„weil ich dann eine Schwarze-
Linser-Bayern krieg'", gab ich zur
Antwort, siegessicher.
Aber sie sagte: „Jeggerluein, was
geht denn mich Dei' Schwarze-Linser-
Bayern an?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Verfehlte Kur"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1912
Entstehungsdatum (normiert)
1907 - 1917
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 136.1912, Nr. 3486, S. 236
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg