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271

WttUM

-o-

jie Uhr auf 5t. Mauritius verkündete g'rade die
zweite Morgenstunde — als Herr Josef Aintgen
(Firma: Ludger Aintgen, Aohlen. Aoks, Brikets
en ^ros und en detail) durch anhaltendes Schellen
ius seinem besten Norgenschlaf aufgescheucht wurde.

„Lotterbube!" murrte er und drehte sich auf die andere Seite.

Rrrrrrrrrrrrr! machte die Schelle. Rrrrrrrrrrrrr l Auch Frau
Minna wurde hellwach, und sie stupste ihren unwillig grunzenden
Gatten unsanft in die Rippen. „Das sind keine Lotterbube!
Mach' voran I Jeff—Mar—5epp, die Schelf! Es wird doch wohl
passiert fein 1"

Brummend fuhr Vater Aintgen in seine trikoternen Bein-
gehäuse und schluffte hinaus. Die Schelte tobte jetzt förmlich.
Umständlich schloß er die Lntreetür auf, fiel aber dafür im nächsten
Augenblick die halbe Treppe herunter. Denn derbe Manncsfäustc
donnerten gegen die Haustür und „Feuer!
— Feuer!" — drang's an fein Dhr.

„Feuer! — Feuer l — Feu-er!"

klang's auch auf der Straße.

Im Augenblick war die ganze Familie
aus den Betten und folgte ihm wie die
Schafhcerde dem Leithammel. Die Kin-
der purzelten die Treppe herunter, Frau
Minna, im eilig
übergcworfenen
Rock, zuletzt Groß-
mutter und Groß-
vater. — Nur der
Säugling „in der
Miegen" behielt
feine beschauliche
Ruhe und lächelte
hold und ahnungs-
los im Schlaf. —
„Wo — wo —
wo?" schrie Bert
Aintgen aufgeregt
den behelmten

Männern entgegen, die vor seiner Tür standen. „!vo brennfs —
bei mir doch nicht etwa? — Die Aohlen —"

Doch die Männer wehrten beruhigend. Es brannte — frei-
Uch brannte es — aber zwei Straßen weiter, von ihm wollte
Man nur Aohlen! Ja, Aohlen sollte er ihnen verkaufen.

Der empörte Kohlenhändler fuhr auf sie los wie eine gereizte
Battcr. „Was?" brüllte er, „Aohlen, wenn's brennt? Ihr
wollt mich wohl zum Ap' machen?"

Doch sie erklärten höflich, daß sie der Aohlen bedürften, um
die große Dampfspritzc in Gang zu bringen. Man hatte leider
zu wenig — und da er der einzige Kohlenhändler hierherum fei —
sie nahmen sein Schimpfen nicht übel. Sie waren es gewöhnt,

daß sich fast alle Leute sofort ganz unqualistzierbar benahmen,
sobald sie erschienen.

Während der gereizte Herr Aintgen den gelassen lächelnden
Leuten seine schwarzen Diamanten zumaß, fing er zufällig den
Blick auf, den einer der Behelmten auf seine „Damen" richtete
und dann seinem Kameraden ein schalkhaftes „Äugetchen" kniff.
Sofort fuhr er wütend auf die Seinen los.

„Schämt Ihr Euch nicht — marsch, in’s Haus I" schrie er
donnernd.

Und wie einst die ersten Menschen im Paradies — bemerkten
sie plötzlich, daß sie nackend waren — wenigstens annähernd.
Nur Großvater machte einen anständigen, ja gewissermaßen sogar

festlichen Eindruck, denn er hatte
seinen Bratenrock erwischt und
hielt ein halbmeterhohes „ge-
rettetes" Papierblumenbukeit an
sein etwas vertrocknetes Herz
gepreßt. — In wilder Hast
flüchteten alle in das schützende
Haus, stürmten die Treppe hin-
auf und standen gleich darauf
„alle Neune" vor der geschlof-
fenen und nur von innen zu öff-
nenden Lntreetür. Großvater

hatte sie vorhin, in einem Anfall geistiger Umnachtung, zuge-
worfen. — Und jenseits dieser verschlossenen Pforte hörte man die
brüllende Klage des zum Bewußtsein seiner Lage gekommenen
Säuglings. Mit einem sich in wahrhaft tünstlerischem crescenäo
steigernden „Rabääh! — Ra —bäh!" besang er seine Einsamkeit.

Mutter Minna rang die Bände.

In überstürzter Hast ging's wieder auf den Aohlenhof. viel-
leicht stand irgendwo ein Fenster offen, vielleicht konnte man
dieses Fenster mit einer Leiter erreichen, vielleicht — vielleicht!
hinein mußte man.

Aber die Fenster waren alle musterhaft geschlossen und in-
wendig noch durch Lädeti verwahrt. Nur ein einziges stand cin-

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wenn's brennt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1912
Entstehungsdatum (normiert)
1907 - 1917
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 137.1912, Nr. 3515, S. 271

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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