Karneval.
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(^KT^/ngcftüm pocht's. Lauter und Heller. Jetzt schlägt's mit
klingendem Stab au die Tür. Frische Fäuste trommeln.
''^3'V'iüarme pändc hämmern und klopfen. Wie das junge
Fahr endlich dem hundertfachen Stürmen öffnet, will cs mit
Bändern und Schellen, mit Masken und Klappern hereindringen,
tanzen nnd lachen, kichern und scherzen. „Salt!" ruft cs da mit
Donnerstimme — und jäh, in farbcnbuntem Schreck, steht die
ganze harmlos lärmende Schar und blickt mit weiten Augen nnd
erblaßten Lippen hinab auf den blutigen Tanz, der in wildem
Gewirr das Wclttheater erfüllt. . . .
„Was ist das?!" murmelt der sonst so frohe Prinz Fasching.
„Der Krieg!" entgegnet das junge Fahr mit schwerem
Trust. Wie ein lähmender Widerhall geht es durch die Reihen
des leichtbeschwingten Rarrcnvolkcs. „Der Krieg! Der Krieg!"
„Sagtest du uns nicht vor einem Fahre, als wir au deine
Pforte klopften" — flüsterte der Rarrenprinz — „Heuer dürften
wir wicdcrkehren?!"
„So sagt' ich euch!" spricht das ernste Fahr. „Aber ich
habe den zähen verzweifelten Wahn der Schürer und Petzer zu
gering gewogen — noch ist es ihnen des frevelnden Blutreigens
nicht genug — noch schleppen und jagen sic ihre urteilslosen An-
hänger in den tollen Wirbel . . . ."
„Wer sind cs, die so ungeheure Schuld aus sich zu laden
wagen?!" fragt schaudernd der andere.
„Fhrcr viele, ihrer pundcrttausende scheinen cs zu sein" —
entgegnet das Fahr „wenn du oberflächlich in den Reigen
hineiusichst, und sind doch ihrer vielleicht in Wirklichkeit kaum
einige pnndcrtc oder auch Dutzende nur" ....
„Wo? Wo?!" forscht der Prinz.
„Da und dort! Nirgends und überall! Auftauchend und
verschwindend, blendend, gleißend, schwärmend und schwirrend!"
klingt die Antwort. „Einige nur will ich dir zeigen: Den geier-
angigcn habgierigen, siehst du. der die kalte, überlegene, vornehme
lllaskc trägt und von der Befreiung der Meere, dem Schutz der
ltleinc» spricht, hinterrücks aber einen um den anderen von ihnen
einzufangen und in den Reigen zn ziehen sucht! Da den großen
Ungeschlachten, der sich recki, als wollte er die Erde überschatten,
immer nur das milde Wort „Väterchen" im Munde, zugleich jedoch
die blutige Knute hinter dem Rücken! Den phrascnbcrauschtcu
wildwütcndcn Draufgänger drüben! Den „Dichter" mit dem
Fudasbeutel im Wamse, der unter dein „heiligen Egoismus"
!eines Volkes den unhciligen eigenen versteckt! Den kleinen,
gelben, listigen Zwerg, der im allgemeinen Taumel zusammen-
keapst, was zn erwischen ist!" ....
„lind die vielen andern, die unübersehbaren Massen, die
schreien und jauchzen mit ihren leidblassen Gesichtern, die in tollem
lvahnc sich drehen und jubeln und all das andere nicht zu sehen
und zu hören scheinen?!" fragt der zagende Fasching.
„Die Ärmsten!" entgegnet das Fahr mit zitternder Stimme.
»Das sind die Npfer — die verführten sind es! Die Getäuschten
wid Betrogenen! Die an der Lüge Berauschten, die den kurzen
Taumel der Lust mit furchtbarem Elend bezahlen!"
„Aber" setzt es leise bei „die Rächer sind sic zu-
gleich! Die strafenden Sühncr der eigenen Schuld! — Sich hin
u»d erkenne das Schicksal!"
.... lind vor dem bebenden Blick enthüllte sich plötzlich der
-chleicr der Zukunft. Die Tore sprangen. Die Blutnebel wallten
auf. Fn sonnengoldenem Strahlenwagen, bespannt mit lichten
Sicgesrossen, nahte sich die ewige unsterbliche Wahrheit_
erschütternd gellte das Wutgeheul — und der Frühlingssturm des
Erkenncns fegte das geschminkte Larvengeschmeiß aus der lvelt_
v. weniden.
Kriest sbcrichterftatters Meier Fahrt zur Front.
2) Nach langer Eisenbahnfahrt und nachdem er sich beim
Generalkommando gemeldet, geht cs
-•X
3) in rasender Fahrt zur Front.
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(^KT^/ngcftüm pocht's. Lauter und Heller. Jetzt schlägt's mit
klingendem Stab au die Tür. Frische Fäuste trommeln.
''^3'V'iüarme pändc hämmern und klopfen. Wie das junge
Fahr endlich dem hundertfachen Stürmen öffnet, will cs mit
Bändern und Schellen, mit Masken und Klappern hereindringen,
tanzen nnd lachen, kichern und scherzen. „Salt!" ruft cs da mit
Donnerstimme — und jäh, in farbcnbuntem Schreck, steht die
ganze harmlos lärmende Schar und blickt mit weiten Augen nnd
erblaßten Lippen hinab auf den blutigen Tanz, der in wildem
Gewirr das Wclttheater erfüllt. . . .
„Was ist das?!" murmelt der sonst so frohe Prinz Fasching.
„Der Krieg!" entgegnet das junge Fahr mit schwerem
Trust. Wie ein lähmender Widerhall geht es durch die Reihen
des leichtbeschwingten Rarrcnvolkcs. „Der Krieg! Der Krieg!"
„Sagtest du uns nicht vor einem Fahre, als wir au deine
Pforte klopften" — flüsterte der Rarrenprinz — „Heuer dürften
wir wicdcrkehren?!"
„So sagt' ich euch!" spricht das ernste Fahr. „Aber ich
habe den zähen verzweifelten Wahn der Schürer und Petzer zu
gering gewogen — noch ist es ihnen des frevelnden Blutreigens
nicht genug — noch schleppen und jagen sic ihre urteilslosen An-
hänger in den tollen Wirbel . . . ."
„Wer sind cs, die so ungeheure Schuld aus sich zu laden
wagen?!" fragt schaudernd der andere.
„Fhrcr viele, ihrer pundcrttausende scheinen cs zu sein" —
entgegnet das Fahr „wenn du oberflächlich in den Reigen
hineiusichst, und sind doch ihrer vielleicht in Wirklichkeit kaum
einige pnndcrtc oder auch Dutzende nur" ....
„Wo? Wo?!" forscht der Prinz.
„Da und dort! Nirgends und überall! Auftauchend und
verschwindend, blendend, gleißend, schwärmend und schwirrend!"
klingt die Antwort. „Einige nur will ich dir zeigen: Den geier-
angigcn habgierigen, siehst du. der die kalte, überlegene, vornehme
lllaskc trägt und von der Befreiung der Meere, dem Schutz der
ltleinc» spricht, hinterrücks aber einen um den anderen von ihnen
einzufangen und in den Reigen zn ziehen sucht! Da den großen
Ungeschlachten, der sich recki, als wollte er die Erde überschatten,
immer nur das milde Wort „Väterchen" im Munde, zugleich jedoch
die blutige Knute hinter dem Rücken! Den phrascnbcrauschtcu
wildwütcndcn Draufgänger drüben! Den „Dichter" mit dem
Fudasbeutel im Wamse, der unter dein „heiligen Egoismus"
!eines Volkes den unhciligen eigenen versteckt! Den kleinen,
gelben, listigen Zwerg, der im allgemeinen Taumel zusammen-
keapst, was zn erwischen ist!" ....
„lind die vielen andern, die unübersehbaren Massen, die
schreien und jauchzen mit ihren leidblassen Gesichtern, die in tollem
lvahnc sich drehen und jubeln und all das andere nicht zu sehen
und zu hören scheinen?!" fragt der zagende Fasching.
„Die Ärmsten!" entgegnet das Fahr mit zitternder Stimme.
»Das sind die Npfer — die verführten sind es! Die Getäuschten
wid Betrogenen! Die an der Lüge Berauschten, die den kurzen
Taumel der Lust mit furchtbarem Elend bezahlen!"
„Aber" setzt es leise bei „die Rächer sind sic zu-
gleich! Die strafenden Sühncr der eigenen Schuld! — Sich hin
u»d erkenne das Schicksal!"
.... lind vor dem bebenden Blick enthüllte sich plötzlich der
-chleicr der Zukunft. Die Tore sprangen. Die Blutnebel wallten
auf. Fn sonnengoldenem Strahlenwagen, bespannt mit lichten
Sicgesrossen, nahte sich die ewige unsterbliche Wahrheit_
erschütternd gellte das Wutgeheul — und der Frühlingssturm des
Erkenncns fegte das geschminkte Larvengeschmeiß aus der lvelt_
v. weniden.
Kriest sbcrichterftatters Meier Fahrt zur Front.
2) Nach langer Eisenbahnfahrt und nachdem er sich beim
Generalkommando gemeldet, geht cs
-•X
3) in rasender Fahrt zur Front.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Kriegsberichterstatters Meier Fahrt zur Front"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1916
Entstehungsdatum (normiert)
1911 - 1921
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 144.1916, Nr. 3678, S. 43
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg