Der 5 e ch s e r.
und Spazierstock zugleich ist, und stapft gehorsam voraus - der polizeidiener, im
stillen verzweifelnd, hinterdrein.
So geht's eine Halde Stunde weiter. Der Zahn bohrt, wie wenn er's im
Akkord hätt'. Das Zipper! beißt, als ob ein Ameisenhaufen tut Stiefel war' —
und aus dem „Lfazzi!" kommt er überhaupt nicht mehr heraus. Dabei ist der
Regen allmählich von der Schnürlmelodie in das Rreuzerstrickmotiv übergcgangcn.
Bei dem Linödwirtshaus halbwegs bleibt der Polizeidiener stehen. „Willst
D' jetzt Deinen Sechser zahlen — ich srag' Dich in gutem!" sagt er.
„Ha!" antwortet der Nazi und stapst weiter — der andere hinterdrein, schreck-
liche Gedanken in seinem Busen wälzend.
Nach einer weiteren Viertelstunde verlegt er sich auf's Unterhandeln. „Nazi!"
sagt er mit einer Freundlichkeit, die er sich
nur ganz mühsam abringt. „Da hast D'
einen Sechser — ich schenk' ihn Dir - jetzt
zahlst D' ihn aber!"
„3’ dank' recht schön l" antwortet der
Nazi, nimmt den Sechser, schaut ihn von allen
Seiten an und - steckt ihn ein.
„Was?! . . ." schreit der polizeidiener
wütend. „Willst D' ihn nicht zahlen ans der
Stell'?!"
„Na!" sagt der Nazi und stapft weiter.
Außer stch vor Gift, Enttäuschung und aller-
hand Molesten folgt ihm der geprellte Polizei-
diener. „Aber wart'!" denkt er sich. „Dich
werd' ich bei meinem Freund, dem Lisenineistcr ganz besonders empfehlen, daß
Du den Tag über wenigstens das miserabelste Loch kriegst, das er in seinem
„potel" zu vergeben hat!"
. . . Endlich kommen sie im Markt an und zum Landgerichtsgefängnis. Mehr
lot als lebendig keilcht der polizcidiener die Stufen hinauf und reißt an der
Glocke. Ls geht aber eine hübsche Weile her, bis der Eifenmeister öffnet. „Da"
schreit der polizcidicncr und stottert vor !Vut „da bring' ich den Zwicknazi l
Er hat einen Tag abzusitzen für einen Sechser, den er nicht bezahlt hat — der ab-
gefeimteste Gauner, Lin- und Ausbrecher auf zehn Stunden im Umkreis ist er —
wenn ich 'was sagen soll, am besten ist's, man schließt ihn gleich krumm, sonst
brennt er durch über Nacht!"
„Machen S' Ihnen keine Müh', läerr Lisenineistcr!" sagt da der Nazi srennd-
lich, zieht einen iv o h l g esp i ckt e n Geldbeutel aus der Tasche und schaut den
69
Gefängniswärter und sein triefendes, niesendes,
schnatterndes Bpfcr freundlich an. „Sä! Da ist
der Sechser!"
Und verschwindet gegenüber im Wirts-
haus. . . .
Dir OffrnslUr.
"-<>ic Lull durchzieht ein heller Con,
Als ob die JTnitel riefe,
Da rüstet stch der lDufentobn
Zur Sriibjabrsoffenlivc.
Slugs öffne! er des Rerzens Cor,
Die walten auszuwählen:
Er lucht die Munition hervor, —
Das Rcimbud) darf nicht leisten.
Inzwischen sitzt am Drahtverhau,
— Klavier nennt man's gewöhnlich —
Die Seindin jugendhübfeh und [cblau
Und scheint nicht unversöhnlich.
Er bombardiert sic ungestüm
Aus schweren steimgeschützen;
Die ersten Ueilchen müssen ihm
Als Lufttorpedos nützen.
So kommt er seinem Ziele nah'
Und kann den Sieg erringen,
— Lässt nicht am Ende Srau Mama
Die Gegenminen springen. K
(? f) n o s.
„Woran arbeiten Sic jetzt, Herr Doktor?" —
„Ich Verfasse eine populäre Denkschrift, betref-
fend die amtlichen Informationen über die Er-
klärungen des Ministeriums zu den Erläuterungen
der Durchführnngsvcrvrdnnng des Gesetzes von,
l. Januar lRlß." _
M o n o I o g.
3 n f p ekto r (brummend hinter dem Liefe-
ranten her): „Schäbiger Kerl! Bestechen lasse ich
mich ja nicht . . , aber er Hütte wenigstens den
Versuch machen können!"
und Spazierstock zugleich ist, und stapft gehorsam voraus - der polizeidiener, im
stillen verzweifelnd, hinterdrein.
So geht's eine Halde Stunde weiter. Der Zahn bohrt, wie wenn er's im
Akkord hätt'. Das Zipper! beißt, als ob ein Ameisenhaufen tut Stiefel war' —
und aus dem „Lfazzi!" kommt er überhaupt nicht mehr heraus. Dabei ist der
Regen allmählich von der Schnürlmelodie in das Rreuzerstrickmotiv übergcgangcn.
Bei dem Linödwirtshaus halbwegs bleibt der Polizeidiener stehen. „Willst
D' jetzt Deinen Sechser zahlen — ich srag' Dich in gutem!" sagt er.
„Ha!" antwortet der Nazi und stapst weiter — der andere hinterdrein, schreck-
liche Gedanken in seinem Busen wälzend.
Nach einer weiteren Viertelstunde verlegt er sich auf's Unterhandeln. „Nazi!"
sagt er mit einer Freundlichkeit, die er sich
nur ganz mühsam abringt. „Da hast D'
einen Sechser — ich schenk' ihn Dir - jetzt
zahlst D' ihn aber!"
„3’ dank' recht schön l" antwortet der
Nazi, nimmt den Sechser, schaut ihn von allen
Seiten an und - steckt ihn ein.
„Was?! . . ." schreit der polizeidiener
wütend. „Willst D' ihn nicht zahlen ans der
Stell'?!"
„Na!" sagt der Nazi und stapft weiter.
Außer stch vor Gift, Enttäuschung und aller-
hand Molesten folgt ihm der geprellte Polizei-
diener. „Aber wart'!" denkt er sich. „Dich
werd' ich bei meinem Freund, dem Lisenineistcr ganz besonders empfehlen, daß
Du den Tag über wenigstens das miserabelste Loch kriegst, das er in seinem
„potel" zu vergeben hat!"
. . . Endlich kommen sie im Markt an und zum Landgerichtsgefängnis. Mehr
lot als lebendig keilcht der polizcidiener die Stufen hinauf und reißt an der
Glocke. Ls geht aber eine hübsche Weile her, bis der Eifenmeister öffnet. „Da"
schreit der polizcidicncr und stottert vor !Vut „da bring' ich den Zwicknazi l
Er hat einen Tag abzusitzen für einen Sechser, den er nicht bezahlt hat — der ab-
gefeimteste Gauner, Lin- und Ausbrecher auf zehn Stunden im Umkreis ist er —
wenn ich 'was sagen soll, am besten ist's, man schließt ihn gleich krumm, sonst
brennt er durch über Nacht!"
„Machen S' Ihnen keine Müh', läerr Lisenineistcr!" sagt da der Nazi srennd-
lich, zieht einen iv o h l g esp i ckt e n Geldbeutel aus der Tasche und schaut den
69
Gefängniswärter und sein triefendes, niesendes,
schnatterndes Bpfcr freundlich an. „Sä! Da ist
der Sechser!"
Und verschwindet gegenüber im Wirts-
haus. . . .
Dir OffrnslUr.
"-<>ic Lull durchzieht ein heller Con,
Als ob die JTnitel riefe,
Da rüstet stch der lDufentobn
Zur Sriibjabrsoffenlivc.
Slugs öffne! er des Rerzens Cor,
Die walten auszuwählen:
Er lucht die Munition hervor, —
Das Rcimbud) darf nicht leisten.
Inzwischen sitzt am Drahtverhau,
— Klavier nennt man's gewöhnlich —
Die Seindin jugendhübfeh und [cblau
Und scheint nicht unversöhnlich.
Er bombardiert sic ungestüm
Aus schweren steimgeschützen;
Die ersten Ueilchen müssen ihm
Als Lufttorpedos nützen.
So kommt er seinem Ziele nah'
Und kann den Sieg erringen,
— Lässt nicht am Ende Srau Mama
Die Gegenminen springen. K
(? f) n o s.
„Woran arbeiten Sic jetzt, Herr Doktor?" —
„Ich Verfasse eine populäre Denkschrift, betref-
fend die amtlichen Informationen über die Er-
klärungen des Ministeriums zu den Erläuterungen
der Durchführnngsvcrvrdnnng des Gesetzes von,
l. Januar lRlß." _
M o n o I o g.
3 n f p ekto r (brummend hinter dem Liefe-
ranten her): „Schäbiger Kerl! Bestechen lasse ich
mich ja nicht . . , aber er Hütte wenigstens den
Versuch machen können!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Sechser"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1916
Entstehungsdatum (normiert)
1911 - 1921
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 144.1916, Nr. 3680, S. 69
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg