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Pußta-Jdyll.

Sommersonne geht zur Rüste;
Äbergießt mit Fiammenbächen
Purpurn Angarns reiche Fluren
And der Pußta weite Flächen.

Auf der Such' nach einem Obdach
Zieh'n des Wegs drei Wanderknaben,
Angarische Pferdehirten,

Sich an Wein und Schlaf zu laben.

An der Straße kleine Schänke;
Freundlich blinken ihre Scheiben
In dem Strahl der Abendsonne,

Laden gastlich ein zum Bleiben.

„Guter Wirt! Drei arme Czikos
Fleh'n um Schutz vor Nacht und Kühle,
Woll'n auf hartem Boden schlafen,
Leischen keine weichen Pfühle." — —

Schweigend ruht die weite Pußta,
Schänke träumt in tiefem Frieden;
Schlummernd auf der Stube Boden
Lagern die drei Wegemüden.

Plötzlich richtet sich der eine
Auf im nächtlich stillen Düster,

Zu dem Ohr des Schlafgenoffen
Neigt er hin sich mit Geflüster:

„Bruderherz, wach' auf und höre!

Lost Du nicht beim Schlafengehen

Libsches Silbcrkruzifixerl

An der Wand dort hängen sehen?"

Ihm erwidert leis der andere
And er wendet sich zur Seite:
„Libsches Silberkruzifixerl
Lob' ich! Macht mir große Freide!"

Schließlich auch der dritte Cziko
Regt sich unter dumpfem Gähnen,
Mischt sich ein in das Geraune
And es klingt wie leises Löhnen:

„Irrtum, Bruder! Kruzifixerl,

Dos uns silbrig angelockt.

Lost gehabt Du; doch nicht lange;
Aber jetzt hob's ich! — Gut Rocht!"

F. Kappler

Hammer und Zange.

Als der vammer zu Jahren kam, ivollte er sich verheiraten;
und da er Anischau hielt unter den Töchtern des Landes, gefielen
ihm am besten die Kratzbürste und die Beißzange. Mahl macht
(tzual, und um der ÜZual ein Lude zu machen, heiratete der Kammer
schließlich die Beißzange, weil sic doch noch ein wenig in der ver-
ivandtschaft war. Also lebten die beiden schlecht und recht mit-
sammcn und bekamen nach einiger Zeit einen Sohn, der hieß Nagel,
war auch ein Nagel und zwar einer mit einem dicken Kopf.

Als der kleine Nagel kaum ans den windeln war, nahm ihn
der Vater aus den: Bettchen, setzte ihn mit der Spitze auf den
Stubenboden und sagte: „Nun sollst du mir lernen, aus eigenen
.süßen zu stehen." Damit gab er ihm einige vorsichtige Schläge
auf den Kopf, so daß die Spitze ein paar Millimeter in das Bolz
eindrang. Da stand nun der junge Nagel kerzengerade allein, ohne
daß ihn jemand in der Band gehalten hätte. „So, Junge," lachte
Vater Hammer, „nun halte dich wacker, bis ich von der Arbeit
hcimkonnne und jammere mir nicht, wenn du müde wirst! lvas
ein ordentlicher Nagel werden will, muß bei Zeiten lernen, strack und
gerade zu stehen."

Da, als der Vater lange ausblieb, fing der kleine Nagel an
zu klagen und zu weinen, ihm täte von dem laugen Geradestehen
jedes Glied am Leibe weh. Da kam die Mutter Zange herbei, und
weil sie in ihrer blinden Mutterliebe das Jammern ihres kleinen
Lieblings nicht mit anhören konnte, packte sic ihn am Kopfe, zog
ihn aus den: Boden heraus und legte das arme Bübchen sorglich
in sein Bett. Als aber die Feierstunde herannahte, da der Vater
Kammer heimkommen sollte, mußte der kleine Nagel rasch aufstehen
und sich wieder in das Loch am Boden stellen, damit der Vater
nichts merke.

2tls der Vater Hammer heimkam und sein Söhnchen noch so
strack und gerade dastehen sah, lobte er es höchlich und schenkte ihm
einen Apfel, den er mitgebracht hatte. Der Nagel schämte sich zwar
ein wenig über das unverdiente Lob; den Apfel aber aß er doch
und er schmeckte ihm sogar.

Am nächsten Morgen ging es gerade so wie vorher: Vater
Hammer schlug de» Nagel in den Fußboden und ging zur Arbeit;
Mutter Zange zog ihn wieder heraus, verhätschelte ihn und steckte
ihn erst kurz, bevor der Vater heimkam, wieder in sein Loch. And

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Pußta-Idyll"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Hoffmann, Anton
Entstehungsdatum
um 1922
Entstehungsdatum (normiert)
1917 - 1927
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 157.1922, Nr. 4023, S. 74
 
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