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'N Doktor? — der is
war sehr erklärlich; denn es war eden ein Traum! Hub
sie sah wieder und immer wieder in die Augen; und ihr
ward so wunderbar zu Muthe, denn die Augen waren so
schön, so schön, wie sie noch nie ein paar Augen gesehen hatte!
Und als sie nun die Thränen überqucllcn und auf die frischen
Wangen rollen sah, da war ihr, als würde ihr selbst das
Auge feucht. Und ängstlich sah sie sich um, ob es auch Nie-
mand sähe; dann trat sie schüchtern heran und fragte mit
mitleidsvoller, zitternder Stimme: „was fehlt Dir?" — Doch
der Gardist stand, als ob er von Marmor wäre; denn er
war ein Gemeiner. Und als die Prinzessin ihm wieder in
die schönen Augen sah und die Thränen erblickte, da fühlte
sie ein heißes Thränchen über ihre Wangen rollen, und sie
nahm sich ein Herz und streichelte ihn mit ihrer kleinen Hand
an seinem glatten Kinn und fragte noch einmal: „Was fehlt
Dir?" — Und als er nun seinen Mund aufthat und ihr
erzählte, wer er wäre und was ihm fehlte, da sprach er so
schön, so anmnthig, so geistreich, trotz manchem Prinzen; und
die Prinzessin dachte gar nicht mehr daran, daß er ein Gc-
hier nit nothwendig.
meiner wäre. Und sie erfuhr, daß sein Vater ein armer Land-
pfarrer und er ein junger Dichter war, den man gezwungen
hatte, Soldat zu werden; sie erfuhr, daß ihm seine Braut
gestorben wäre; die sei so schön und gut gewesen und hätte,
obgleich nicht von Adel, doch ihr, der Prinzessin, anf's Daus
geglichen. Und als er das sagte, da glänzten die Thränen
so schön in seinen Augen, und dazu summten die Bienchen,
und die Grasmücken sangen, und die Blätter flüsterten, —
cs war ein eigener Zauber! Und dabei fühlte sie, wie ihr die
Thränen über die Wangen rollten, und unwillkürlich nahm sie
das Sträußchen von ihrer Brust und reichte es ihm, und mit
einem Mal lag sic an seiner Brust, und — der Kuß war so
süß, — so süß! — Da plötzlich hörte sie's rauschen, wie das
Rauschen eines Gewandes; erschrocken fuhr sie auf, d. h. sie
wandte sich in ihrem Bettlein wieder auf die linke Seite.
Davon erwachte sic; sie schlug die Augen auf, und indem sie
erröthend die Thränen von der Wange sich wischte, seufzte sie
leis: „pfui, welch ein Traum!" —
Pfarrer: „Ja, du grundgütiger Himmel, der junge
Mensch ist auf den Tod krank, warum holt man denn keinen
Doktor?"
Bauer: ,,'NDoktor? — Na, der is doch wahrlich hier
nit nothwendig! Mein Bursch is in die besten Jahr', der
reißt sich durch sein' Jugend schon selbst durch!"
Pfarrer: „Dann hätt' er mich aber auch nicht den
weiten und garstigen Weg hiehcr zu sprengen brauchen."
Bauer: „Ja, es ist noch Ein's krank, mein' Mutter
sic liegt da in der Kammer."
Pfarrer: „Aber da g'hört doch ein Arzt auf der
Stelle her; holt nur gleich den Doktor!"
Bauer: ,,'N Doktor? — Na, der is hier umsonst!
Mein' Mutier is a alte Frau, die reißt doch kein' Doktor
mehr 'raus!"
'N Doktor? — der is
war sehr erklärlich; denn es war eden ein Traum! Hub
sie sah wieder und immer wieder in die Augen; und ihr
ward so wunderbar zu Muthe, denn die Augen waren so
schön, so schön, wie sie noch nie ein paar Augen gesehen hatte!
Und als sie nun die Thränen überqucllcn und auf die frischen
Wangen rollen sah, da war ihr, als würde ihr selbst das
Auge feucht. Und ängstlich sah sie sich um, ob es auch Nie-
mand sähe; dann trat sie schüchtern heran und fragte mit
mitleidsvoller, zitternder Stimme: „was fehlt Dir?" — Doch
der Gardist stand, als ob er von Marmor wäre; denn er
war ein Gemeiner. Und als die Prinzessin ihm wieder in
die schönen Augen sah und die Thränen erblickte, da fühlte
sie ein heißes Thränchen über ihre Wangen rollen, und sie
nahm sich ein Herz und streichelte ihn mit ihrer kleinen Hand
an seinem glatten Kinn und fragte noch einmal: „Was fehlt
Dir?" — Und als er nun seinen Mund aufthat und ihr
erzählte, wer er wäre und was ihm fehlte, da sprach er so
schön, so anmnthig, so geistreich, trotz manchem Prinzen; und
die Prinzessin dachte gar nicht mehr daran, daß er ein Gc-
hier nit nothwendig.
meiner wäre. Und sie erfuhr, daß sein Vater ein armer Land-
pfarrer und er ein junger Dichter war, den man gezwungen
hatte, Soldat zu werden; sie erfuhr, daß ihm seine Braut
gestorben wäre; die sei so schön und gut gewesen und hätte,
obgleich nicht von Adel, doch ihr, der Prinzessin, anf's Daus
geglichen. Und als er das sagte, da glänzten die Thränen
so schön in seinen Augen, und dazu summten die Bienchen,
und die Grasmücken sangen, und die Blätter flüsterten, —
cs war ein eigener Zauber! Und dabei fühlte sie, wie ihr die
Thränen über die Wangen rollten, und unwillkürlich nahm sie
das Sträußchen von ihrer Brust und reichte es ihm, und mit
einem Mal lag sic an seiner Brust, und — der Kuß war so
süß, — so süß! — Da plötzlich hörte sie's rauschen, wie das
Rauschen eines Gewandes; erschrocken fuhr sie auf, d. h. sie
wandte sich in ihrem Bettlein wieder auf die linke Seite.
Davon erwachte sic; sie schlug die Augen auf, und indem sie
erröthend die Thränen von der Wange sich wischte, seufzte sie
leis: „pfui, welch ein Traum!" —
Pfarrer: „Ja, du grundgütiger Himmel, der junge
Mensch ist auf den Tod krank, warum holt man denn keinen
Doktor?"
Bauer: ,,'NDoktor? — Na, der is doch wahrlich hier
nit nothwendig! Mein Bursch is in die besten Jahr', der
reißt sich durch sein' Jugend schon selbst durch!"
Pfarrer: „Dann hätt' er mich aber auch nicht den
weiten und garstigen Weg hiehcr zu sprengen brauchen."
Bauer: „Ja, es ist noch Ein's krank, mein' Mutter
sic liegt da in der Kammer."
Pfarrer: „Aber da g'hört doch ein Arzt auf der
Stelle her; holt nur gleich den Doktor!"
Bauer: ,,'N Doktor? — Na, der is hier umsonst!
Mein' Mutier is a alte Frau, die reißt doch kein' Doktor
mehr 'raus!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"'N Doktor? - der ist hier nit nothwendig"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 36.1862, Nr. 868, S. 63
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg