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Prinzessin Langeweile.

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dem bleibt kein Wunsch unerfüllt. Der Felsen war hach und steil.
Vergebens, das; die chinesischen Gaukler die Felsen hinaufkletterten

sie erreichten kaum die Hälfte der Höhe und fielen schier hin-
ab; vergebens, daß man
den Hofingenieur herbeiholte
— der wollte in drei
Stunden, fünfzehn Minuten
und dreißig Sekunden eine
Maschinenleitcr construiren;
bis dahin war die Sonne
schon längst untergegangen.

Die Leute liefen hin und her;
der Herold rief, daß der
König zwölftausend Dirhems
demjenigen bestimme, der
die Blume herabbrächte. Nie-
mand meldete sich. „Der
König setzt eine Million
Dirhems als Preis!" schrie
der Herold. Die Menschen
blickten sehnsuchtsvoll hinauf,
aber sie schwiegen. „Der
König will seine Schatz-
kammer hingeben", rief
der Herold, „wenn man
die Blume der Prinzessin
brächte."

„Der Prinzessin?!"
schrie plötzlich der Kurde.

Er begann hinaufzuklettern.

In der Hand hielt er einen
Hammer, und wenn er nicht
mehr weiter konnte, schlug
er daniit ein Stück Felsen
kos und bildete sich da-
durch eine winzige Stufe.

Die Prinzessin blickte angst-
voll in die Höhe; der Kurde
kam der Spitze näher, man
konnte seinen Kaps, der fast
als einziger rother Bluts-
tropfen schimmerte, ganz deut-
lich erkennen. Er kam immer
höher und höher, aber die
Sonne sank immer mehr und
mehr. Fast hatte er die Blume erreicht, da entsank der Hammer
seiner Hand und siel in die Tiefe. Der Kurde klebte an dem
Felsen, aber konnte nicht weiter.

Lebcnsrcgcl.

dem Glück dein Unglück nicht.
Dem Unglück nicht dein Glück;

Denn hier tönt Leid auf deine Lust,
Dort Luft auf Leid zurück.

Trost.

Laß' die Gehässigkeit nur kreisen.

Ein todtcs Kind entspringt den Weh'n,
Wer Andere will Herunterreißen,

Muß offenbar selbst tiefer steh'n.

Crastns.

„Die Blume! Die Blume!" gellte die Stimme der Prinzessin,
und bis hinauf drang die Stimme, bis hinaus zu ihm. Mit
einem Satz warf er sich in die Höhe, ergriff die Blume und

stürzte hinunter. Die Sonne
war untcrgegangen. Die
Prinzessin eilte die Stufen
des Palastes hinunter, der
„blauen Blume" und dem
sterbenden Kurden entgegen.
Er hielt die Blume krampf-
shaft in der Hand, und als
jcr die Prinzessin erblickte,
serhob er den Körper ein
wenig und reichte ihr die
Blume. Sie war verdorrt.
Die Prinzessin siel in die
Kniec vor dem jungen
Kurden und streichelte ihm
die Stirn, sic streichete sein
Haar und küßte ihn auf die
Äugen. „Stirb nicht!" flü-
sterte sic. . . „stirb nicht. . .
ich liebe Dich!" Das Ant-
litz des Sterbenden verklärte
sich, er konnte nichts sprechen,
er rang nach Athen;, und
sein Haupt sank zurück . . .

Vom Korallengebirge her
kam die Nacht, die Sterne
schienen hell und groß, die
Rosenbäume dufteten und der
Vogel Djunis, die Nachtigall
Persiens, sang und die
süßen Töne drangen in das
Herz der Prinzessin, die mit
der Tscherkessin an; offenen
Fenster saß. Ihre Augen
blickten nach den Sternen
und sie horchte auf den Vogel
Djunis. „Jesa," flüsterte
sie endlich, „ich verstehe jetzt
der Märchenerzähler heiße
Flamme, die das Menschen-
herz durchzieht... ich ver-
stehe auch das Herzwch
der tscherkessischen Mädchen, denn auch ich werde sterben vor
Liebe." . . Und sic sank schluchzend an die Brust der blinden Zofe.

Eustau Morgenstern.

Selbstübcrraschuiig.

„Du hast ja da einen prächtigen, neuen
Uebcrzichcr ! Wo hast Du denn den her?"
— „Zu dem biil ich auf die eigenthümlich-
seltsamstc Weise gekommen!" — „Hast ihn
vielleicht gefunden?" — „Rein!" — „Oder
gestohlen?" — „Ebenso wenig!" — „Oder

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Prinzessin Langeweile"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Adamo, Max
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 71.1879, Nr. 1783, S. 99

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