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DIE PUBLICATIONEN
DES UNGARISCHEN LANDESVEREINES FÜR BILDENDE KUNST.
|US dem letzten Rechenschaftsberichte des Ungarifchen Landesvereines für bildende Ktmss in Budapest,
welcher auf Grund der im Jahre 1879 bestätigten Statuten eine rege Thätigkcit entfaltet, ist ein erfreulicher
Aufschwung dieser Institution zu ersehen. Der Verein hat im Jahre 1882 seine Einnahme wie sein Stamm-
vermögen sehr erheblich gesteigert und seine Zwecke, die in der Veranstaltung von Ausstellungen heimatlicher
wie fremdländischcr Kunstwerke, im Ankauf und in der Verlosung derselbcn, in der Unterstützung talentvoller, aus-
strebender sowie hilfsbedürftiger Künstler ungarischer Nationalität, in der Vertheilung von Reproduktionen hervor-
ragender Kunstwerke an die Mitglieder und in der Herausgabe von literar-artistischen Publicationen bestehen, nach
jeder Richtung hin gefördert. Dieses günstige Resultat konnte, abgesehen von der sehr bedeutenden Unterstützung
durch den Kaiser und König Franz JOSEPH und die ungarische Staatsverwaltung, nur dadurch erreicht werden,
dass nicht wenige ungarische Comitate, Städte, finanzielle Gesellschaften und Wohlthätigkeits-Institute, sowie kunst-
freundliche Privatpersonen namhafte Gründungsbeiträge dem Vereine zugewendet haben. Es ist selbstverständlich,
dass angesichts dieser Theilnahme für die bildende Kunst in Ungarn die Anzahl junger einheimischer Talente, die sich
ihr widmen, in stetem Wachsen begrifsen ist; ja, der Präsident des Landesvereines, Bischof Arnold Ipolyi, konnte in
seiner Eröfsnungsrede bei der letzten Generalversammlung constatiren, dass derzeit nahezu hundertundfünfzig
ungarische Künstler in den Vereinslisten verzeichnet sind, die weit mehr produciren, als das Land vorlaufig aufnimmt,
obsehon gerade die bekanntesten Künstler ungarischer Nationalitat, — wir erinnern an Bencsür, L. Brück,
Doby, Horowitz, Liezen-Mayer, Munkäcsy, Paczka, Spitzer, Alexander Wagner und Michael Zicliy — ausserhalb
ihres Vaterlandes zu künstlerischer Bedeutung gelangt sind und seit Jahren im Auslande leben und schaffen.
Besondere Erwähnung verdienen die an die Mitglieder des Vereines jährlich zur Vertheilung gelangenden
Publicationen. Es wird hiebei der Grundsatz festgehalten, vornehmlich Arbeiten ungarischer Künstler durch
reproducirende Künstler ungarischer Nationalität zur Wiedergabe zu bringen und die „Gesellschaft für vervielfälti-
gende Kunst" hat es als Ehrenpflicht betrachtet, hiebei durch den ihr zu Gebote slehenden grossen Apparat
behilflich zu sein. Die beiden Blätter, welche wir unseren Lesern vorführen, sind für die Richtung, welche die
Publicationen des Ungarischen Vereines cinschlagen und für deren künstlerische Ausführung bezeichnend. Das
eine ist die, von dem aus Ungarn slammenden, in der Schule des Professors Jacoby in Wien herangebildeten,
talentvollen Stecher Ludwig Michalek gezeichnete, von dem k. k. militar-geographifchen Inßittite tresssich in
Lichtkupferstich ausgeführte Nachbildung des grossen Wandgemaides im Stiegenhause des Ungarischen National-
museums „Mathias Corvinus im Kreise der Gelehrten und Künstler seines Hofes", das von dem hochbegabten,
aus der Schule Rahl's slammenden ungarischen Künstler Moriz Than, der in den Publicationen unserer Gesellschaft
durch sein reizendes Märchenbild „Ilona die Feenkönigin" vertreten ist, herrührt. (Vgl. „Mittheilungen der Ges.
f. verf. Kunst" 1876, Sp. 12). Diese künstlerische Verherrlichung einer glanzenden Epoche der ungarischen Cultur-
geschichte zeichnet sich durch den Adel der Composition und die gluckliche Charakterisirung der dargestellten
Personlichkeiten aus. Den sitzenden Konig Mathias umgeben der gelehrte und beredte Primas Vitiz, ein Heiligen-
bild haltend, dann der Dichter und Humanist Johann Cefingc (Jannus Pannonius), der sich gegen den Konig
verneigt, ferner der bekannte Florentiner Maler Fra Filippo Lippi, der dem Primas gegenüber sleht, und der
Florentiner Baumeister Antonio Averulino, welcher dem Konige Pläne vorzeigt; daneben erscheint der gelehrte
Probst Gereb von Ofen, welcher den von ihm berufenen deutsehen Buchdrucker Johann Hesz, dem Ungarn
seine ersten Druckwerke verdankt, dem König vorstellt; den Kreis ergänzt der berühmte Hofastrolog Johann
Müller (Regiomontanus). Das andere Blatt ist eine gewandte Radirung von W. Woernle nach einem Bilde
des bekannten Pariser Schlachtenmalers Detaille, welches einen Stabsosficier der ungarischen Landwehr (Honved)
zu Pferd darsteilt und von dem genannten Künstler als Zeichen seiner Theünahme gelegentlich der Ueberschwem-
mung von Szegedin dem Ungarischen Nationalmuseum zu Budapest zum Geschenk gemacht worden ist. Beide
Blatter werden sicherlich auch ausserhalb Ungarns Interesse erregen.

O. B.
 
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