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facher Gestalt und an jedem Orte sichtbar den irdischen Menschen zu zeigen in jenen Formen,
welche je nach der Stunde verschieden von einander, in Zeichnungen und Texten genau vor-
geschrieben waren. Hierin der einzige Grund für die sorgfältige Einbalsamirung der Ver-
storbenen und für die kaum glaubliche Mühe, den Ort der Todten zu verbergen.“
Das ,.mcre Trevirensi“ in der Datirung Trierischer Urkunden in
früherer Zeit.
Von Herrn Domcapitular Dr. Marx.
Seit der Einführung des Julianischen Kalenders (46 v. Chr.) haben alle Völker, die diesen
Kalender angenommen haben, das Jahr für das bürgerliche Leben mit dem 1. Januar ange-
fangen. Da bei Einrichtung jenes Kalenders der Ausgangspunkt von der Winter-Sonnenwende
(dem 21. Dezember) genommen worden ist, so sollte eigentlich unser jetziger 22. Dezember
Jahresanfang, also 1. Januar, sein; weil aber in dem Jahre46 v. Chr., wo der Julianische Kalender
eingeführt wurde, 8 Tage nach der Winter-Sonnenwende Neumond eintraf, so hat Julius Cäsar
aus Achtung gegen die alte Kalendereinrichtung des Numa Pompilius, wonach das Jahr mit
dem Neumond angefangen wurde, den Jahresanfang 8 Tage nach der Winter-Sonnenwende ange-
setzt. Für das bürgerliche Leben ist es bei allen Völkern, die den Julianischen Kalender
angenommen haben, bei dieser Feststellung des Jahresanfanges bis zur Stunde geblieben, wie
denn auch Uebereinstimmung hierin den Interessen des nationalen und des internationalen Ver-
kehrs durchaus angemessen war.
Bei Feststellung des Jahresanfangs für das bürgerliche Leben, das mit seinen Arbeiten
und Geschäften so vielfältig von dem Naturjahre, d. i. dem regelmässigen Wechsel der Jahres-
zeiten abhängig ist, musste man sich an die von der Natur in dem Firmamente eingeschrie-
benen und regelmässig wiederkehrenden Zeichen, wie da sind: das Frühlings- und das Herbst-
Aequinoctium, die Winter-Sonnenwende, der Neumond, anlehnen. Daher haben denn
auch alle Völker vor Christi Geburt die Einen das Jahr mit der Winter - Sonnen-
wende, andre mit dem Frühlings- und noch andre mit dem Herbstäquinoctium ange-
fangen. Letzteres war der Fall bei dem jüdischen Volke seit der Zeit der Patriarchen, indem
das bürgerliche Jahr mit dem Monat Tisri begann, der zum Theil unsrem September, zum
Theil dem Oktober entspricht, also mit seinem Anfänge an dem Herbst-Aequinoctium liegt1)
Anders ist es aber auf einem andern, nämlich dem religiösen Lebensgebiete, gehalten
worden. Denn so wie für das bürgerliche Leben der Ausgang für den Jahresanfang in die
Natur eingeschrieben ist, so ist der Ausgang für das religiöse Lebensgebiet, das seine Ein-
*) Es wird als Grund dafür noch angegeben, dass, wie die Schöpfungsgeschichte berichte, die Erde, als
der Schöpfer den ersten Menschen in’s Paradies setzte, mit Bäumen, Pflanzen und Früchten im Zustande
der Keife bedeckt gewesen sei. Dieser heilige Moment, wo die Erde so herrlich zum Wohnplatze für den
Menschen eingerichtet gewesen, sei den Patriarchen durch Ueberlieferung in Erinnerung geblieben, und habe
man daher die Wiederkehr desselben als Schluss des alten und Anfang eines neuen Jahres angesetzt.
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facher Gestalt und an jedem Orte sichtbar den irdischen Menschen zu zeigen in jenen Formen,
welche je nach der Stunde verschieden von einander, in Zeichnungen und Texten genau vor-
geschrieben waren. Hierin der einzige Grund für die sorgfältige Einbalsamirung der Ver-
storbenen und für die kaum glaubliche Mühe, den Ort der Todten zu verbergen.“
Das ,.mcre Trevirensi“ in der Datirung Trierischer Urkunden in
früherer Zeit.
Von Herrn Domcapitular Dr. Marx.
Seit der Einführung des Julianischen Kalenders (46 v. Chr.) haben alle Völker, die diesen
Kalender angenommen haben, das Jahr für das bürgerliche Leben mit dem 1. Januar ange-
fangen. Da bei Einrichtung jenes Kalenders der Ausgangspunkt von der Winter-Sonnenwende
(dem 21. Dezember) genommen worden ist, so sollte eigentlich unser jetziger 22. Dezember
Jahresanfang, also 1. Januar, sein; weil aber in dem Jahre46 v. Chr., wo der Julianische Kalender
eingeführt wurde, 8 Tage nach der Winter-Sonnenwende Neumond eintraf, so hat Julius Cäsar
aus Achtung gegen die alte Kalendereinrichtung des Numa Pompilius, wonach das Jahr mit
dem Neumond angefangen wurde, den Jahresanfang 8 Tage nach der Winter-Sonnenwende ange-
setzt. Für das bürgerliche Leben ist es bei allen Völkern, die den Julianischen Kalender
angenommen haben, bei dieser Feststellung des Jahresanfanges bis zur Stunde geblieben, wie
denn auch Uebereinstimmung hierin den Interessen des nationalen und des internationalen Ver-
kehrs durchaus angemessen war.
Bei Feststellung des Jahresanfangs für das bürgerliche Leben, das mit seinen Arbeiten
und Geschäften so vielfältig von dem Naturjahre, d. i. dem regelmässigen Wechsel der Jahres-
zeiten abhängig ist, musste man sich an die von der Natur in dem Firmamente eingeschrie-
benen und regelmässig wiederkehrenden Zeichen, wie da sind: das Frühlings- und das Herbst-
Aequinoctium, die Winter-Sonnenwende, der Neumond, anlehnen. Daher haben denn
auch alle Völker vor Christi Geburt die Einen das Jahr mit der Winter - Sonnen-
wende, andre mit dem Frühlings- und noch andre mit dem Herbstäquinoctium ange-
fangen. Letzteres war der Fall bei dem jüdischen Volke seit der Zeit der Patriarchen, indem
das bürgerliche Jahr mit dem Monat Tisri begann, der zum Theil unsrem September, zum
Theil dem Oktober entspricht, also mit seinem Anfänge an dem Herbst-Aequinoctium liegt1)
Anders ist es aber auf einem andern, nämlich dem religiösen Lebensgebiete, gehalten
worden. Denn so wie für das bürgerliche Leben der Ausgang für den Jahresanfang in die
Natur eingeschrieben ist, so ist der Ausgang für das religiöse Lebensgebiet, das seine Ein-
*) Es wird als Grund dafür noch angegeben, dass, wie die Schöpfungsgeschichte berichte, die Erde, als
der Schöpfer den ersten Menschen in’s Paradies setzte, mit Bäumen, Pflanzen und Früchten im Zustande
der Keife bedeckt gewesen sei. Dieser heilige Moment, wo die Erde so herrlich zum Wohnplatze für den
Menschen eingerichtet gewesen, sei den Patriarchen durch Ueberlieferung in Erinnerung geblieben, und habe
man daher die Wiederkehr desselben als Schluss des alten und Anfang eines neuen Jahres angesetzt.
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