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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Dodgson, Campbell: Drei Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0015
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Drei Studien.

7

Gründen der vlämischen Schule vom Ende des XV. Jahrhunderts zugeschrieben; die Miniaturen sind in
manchen Beziehungen mit denen des Breviarium Grimani verwandt, aber von geringerer Qualität.
Durch einige Heiligennamen, die in roten Buchstaben im Kalender eingetragen sind, z. B. Donatian und
Ägidius, wird ein Brügger Ursprung wahrscheinlich gemacht.

Zur Berliner Handschrift vergleiche man Seidlitz' Verzeichnis der Hamilton - Handschriften im
Repertorium für Kunstwissenschaft VIII (1885), 98, Nr. 121, und Kunstchronik, N. F. XX, Nr. 10
(25. Dezember 1908), Sp. 157.1 Hier wird die Beziehung zu Maria von Burgund dadurch begründet,
daß ihr Wappen und ihre Initialen im Bilderschmuck zu finden sind. Es entsteht aber sofort die P'rage,
ob das Gebetbuch bei ihren Lebzeiten oder erst nach ihrem Tode und als Andenken an diesen geschrie-
ben wurde. Erst im letzteren Falle wäre man berechtigt, in den vom Tode bedrohten Jägern eine An-
spielung auf das Unglück bei Brügge zu sehen. Wenn das Gebetbuch aber für den persönlichen Ge-
brauch der Herzogin von Burgund geschrieben wurde, müßte man in der Darstellung bloß einen Ge-
meinplatz, das oft wiederkehrende Sujet der drei Lebenden und der drei Toten, erblicken. Für die
spätere Datierung und auch für die direkte Beziehung zum Tode der Gemahlin Maximilians spricht nun
die-mir von Dr. Elfried Bock freundlichst mitgeteilte Entdeckung, daß gerade auf dem Jagdbild mit
den drei Toten das Monogramm MM, mikroskopisch klein, auf dem Sattelzeug der Reiterin zu sehen
ist. Man könnte das Monogramm freilich als einen späteren Zusatz erklären; dann muß es aber auf-
fallen, daß eines so wichtigen Ereignisses nur in dieser unscheinbaren Weise gedacht wird; man sollte
erwarten, irgendeine schriftliche Notiz zu finden. Wenn das Gebetbuch aber erst nach dem Tode der
Fürstin von ihrem Gemahl oder einer anderen ihr nahestehenden Person in vollem Bewußtsein des
schon Geschehenen in Auftrag gegeben wurde, hat das Fehlen eines ausdrücklichen Hinweises auf ihren
Tod nichts Überraschendes. Erst ein solcher Hinweis könnte uns freilich völlig überzeugen, daß der
Künstler in der vom Tode bedrohten Reiterin wirklich Maria von Burgund darstellen wollte.

III.

Zu den Horoskopen des Stabius.

Auf der Auktion der Kupferstichsammlung des Baron Adalbert von Lanna im Mai 1909 wurden
die drei Blätter mit Holzschnitten von Springinklee2 (Heller [Dürer] 2106 bis 2108; Passavant 295 bis
297) für das British Museum, wo sie in der Kupferstichsammlung bisher fehlten, zu einem mäßigen
Preis erworben. Der Katalog hatte sie (Nr. 1677) als «sehr schöne neuere Abdrücke» angeführt. Das
galt für zwei von den dreien, das dritte Blatt (H. 2106, P. 295) aber war ein Exemplar von der seltenen,
nirgends vollständig beschriebenen ersten Ausgabe vom Jahre 15 12.

Die alten Abdrücke von diesen Holzschnitten sind überhaupt von großer Seltenheit. In der Dürer-
Literatur ist bisher, soviel ich weiß, nur ein altes Exemplar von einem Horoskop erwähnt, und zwar
das in der k. k. Hof bibliothek (L. 4—75) vorhandene lange Blatt (H. 2107), welches Bartsch als Vorlage
für den Neudruck des begleitenden Textes in seiner Ausgabe von diesen und anderen in der Hofbiblio-
thek erhaltenen Holzstöcken (1781) benützt hat. Dort ist ebenfalls das Culminatorium fixarum (H. 2109)
in einem ähnlichen Abdruck vorhanden. Zur Ergänzung der Bestände der Hof bibliothek besitzt die
Albertina die beiden dort fehlenden Nummern (H. 2106 und 2108) in alten Abdrücken, wovon 2108
teilweise koloriert ist. Es sind mir sonst keine Exemplare begegnet, mit Ausnahme des obenerwähnten
Londoner (ehemals Prager) Exemplars von H. 2106, welches zum Glück vollständig erhalten ist, wäh-
rend die Albertina nur die linke Hälfte besitzt.

1 Prof. Jaro Springer beabsichtigt, sämtliche Miniaturen des Gebetbuches zu publizieren. Die hier erwähnte Dar-
stellung mißt 89 : 61 mm.

2 Diesem Künstler zuerst von W.Schmidt zugeschrieben: Chronik für vervielfältigende Kunst IV, 12.
 
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