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Ivochenkalender

Wochenkalender

Montag, den 5. August.

Um das 3tanM'ilt» Göthe's zu erhalten,
Las man beschlossen, um daS 3filiere
zu erhalten, wird ein Standbild Lcssings
in Berlin beschlossen.

Donnerstag, den 8. August.

Um das Standbild Varatcre zu sichern,
wird von den in Berlin anwesenden Schwei
zern für eine Ofr$ftatue BodmerS cd»
lectirt.

Freitag, den 9. August.

Damit die Setzung des Bo dm er-Denk»
male leine nationale Eifersucht erwecke, bil»
det sich ein R abener-Comite.

Sonnabend, den 10. August.

Damit wenigstens dem Satiriker sein
Reckt werde, beschließen, sich selbst ein
lebendes Denkmal zu setzen, die Sta»
tuarien des —

Kladderadatsch.

Dienstag, den 6. August.

Um das Standbild Hessings zu be-
kommen. tritt ein Mendelssohn -Eomit«
zusammen.

Mittwoch, den 7. August.

Um das Standbild des Juden Men-
delssohn zu erhalten, hübet sich sofort
ein christlicher Iünglings-Berein für ein
?av ater -Denkmal.

Dieses Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage. — Man abenuirt mit 21 Sgr. vierteljährlich für 15 Nummern bei allen Buch
haodlungen, sowie bei der: ^stanstaUen des In- und Auslandes. — Einzelne Nummern «wenn solche noch vorhanden) » 2j Sgr.

^enn eine kleine, ehemals mächtige, gegenwärtig aber jedes un-
mittelbaren Einflusses auf die Negierung beraubte Partei alle ihr zu
(Gebote stehenden gesetzlichen Mittel aufbietet, um ihre frühere Macht
wiederzuerlangen oder ihren Schmerz über den Verlust derselben in
einer für die Gegner möglichst empflndlichen Weise auszuseufzcn: so ist
das ein Gebahren. welches zu tief in der menschlichen Natur begrün-
det ist. als daß man der unterlegenen Partei erhebliche Vorwürfe dar-
über zu machen berechtigt wäre.

Was soll man aber dazu sagen, wenn jene Agitationen den Cha-
rakter perfider Machinationen, wenn diese Klagen den Ausdruck des
frechsten Hohnes anzunehmen beginnen?

So ist uns dieser Tage ein literarisches Machwerk reaktionären
Ursprungs vor die Augen gekommen, welches unter der heuchleri-
schen Maske eines harmlosen Seufzers getäuschter Liebe
die frechste Verhöhnung aller Autorität birgt, deren die deutsche
Presse sich jemals erkühnt hat. — eine Verhöhnung, deren Bosheit
nur durch eine kritische Analyse jenes Sudelwerks in ihrer ganzen
Nacktheit enthüllt werden kann.

Das scheinbar harmlose Gedicht ist überschrieben: „An Minna."

Wer ist Minna?

Wir wollen dem Scharfsinn des Lesers nicht vorgreifen; derselbe
wird das Räthsel bald genug lösen.

Das Gedicht beginnt mit den Worten:

„Traum' ich? ist mein Auge trüber?

Nebelt's mir ums Angesicht?

Meine Minna gebt vorüber?

Meine Minna kennt mich nicht?"

Man bedenke daß der Verfasser dieser Zeilen ein Neactionär
ist. der unter Anderem einmal geäußert haben soll, wo sich die Völ-
ker selbst befrei'n. da könne die Wohlfahrt nicht gedeih'n; man bedenke
dies, und man wird errathen, daß „Minna" niemand anders sein
kann, als die preußische Negierung, und speciell das Ministe-

rium Hohenzollcrn. Warum das Ministerium gerade Minna
heißt, ob der Wahl gerade dieses weiblichen Namens vielleicht irgend
eine besondere Malice zu Grunde liegt, wissen wir nicht. Daß aber
„Minna" unsere Negierung ist, geht ganz unzweifelhaft aus den
unmittelbar folgenden Worten hervor:

„Die am Arme seichter Thoren
Blähend mit dem Fächer ficht,

Eitel in sich selbst verloren —

Meine Minna ist es nicht."

Blähend mit dem Fächer fechten — welche unverkennbar bos»
Hafte Anspielung auf die letzte Mobilmachung, welche zum großen
Leidwesen der reactionaren Partei nicht zum Fechten mit dem Schwerte
führte! Wer mit den „seichten Thoren" gemeint ist, wagen wir
hier nicht zu entscheiden. „Meine Minna ist es nicht." Das glauben
wir! Seine M i n n a war das Ministerium M a n t e u f f e l W e st p h a l e n.
diese ist es allerdings nicht. "

„Bon fc^it Sommerhute nicken
Stolze Federn, mein Geschenk —"

Der „SommerHut" ist natürlich die Sternzeitung. welche
im Sommerquartal bei Decker als Phönix aus der Asche des
Herrn Trowitzsch neu erstand, woraus sich von selbst ergibt, daß
mit den „stolzen Federn" nur die Garde des zur officiösen Presse
abcommandirten Herrn Appellationsgerichtsraths Iohow aus Posen
bezeichnet ist. Der Zusatz „mein Geschenk" ist eine boshaft zuge-
spitzte Pointe, mit welcher der Verfasser sagen will, daß er der Ne-
gierung ihre ganze osficiöse Presse schenke!

„Schleifen, die den Busen schmücken.

Rusen: Minna, sei gedenk!"

Eine beißende Erinnerung an die mancherlei Orden, welche
manches Mitglied der Negierung, z. B. Herr van der Heydt, nur
seinem Verdienst um das frühere, jetzt glücklich beseitigte System
zu verdanken hat.
 
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