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VI. Kapitel

Die Porträts

2-55

Holbein hat die Porträtmalerei erst spät betrieben.
Zwar besteht der größte Teil seines CEuvres heute aus
Bildnissen, doch handelt es sich um Zeichnungen,
deren Zweck unklar, im einzelnen jedenfalls schwer
zu bestimmen ist. Zwar gibt es seit den 90er Jahren
des 15. Jahrhunderts zahlreiche Stifterbildnisse auf
den Tafeln Holbeins, doch sind Porträts, die sich kei-
nem sakralen Zusammenhang zuordnen lassen, nur in
geringer Zahl überliefert. Nur vier davon sind durch
Inschriften einigermaßen sicher datiert, auf 1512,
1513, 1515 (1517?) und 1522, die übrigen sieben
gehören wohl ebenfalls in das zweite und das dritte
Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts. Das bedeutet: Der
Maler, dem man ein besonderes Interesse für die
menschliche Physiognomie nachsagt, ist nach unserer
vom Zufall der Überlieferung abhängigen Kenntnis
nicht derjenige gewesen, der die Porträtmalerei für die
Augsburger Oberschicht attraktiv gemacht hat. Bevor
Holbein Bildnisse malte, waren schon Thoman
Burgkmair, Hans Burgkmair und Leonhard Beck auf

diesem Feld des »Privatporträts« tätig. Hans Burgk-
mair und Hans Schwarz, der vielleicht aus der Werk-
statt Holbeins kam, sollten das »Konterfeien« auch in
anderen Medien als der Tafelmalerei, in der Graphik
und der Medaille, ausüben.

Im folgenden kann es nicht darum gehen, die
widerstreitenden Interessen und Ergebnisse der jünge-
ren Porträtforschung auf die Tafeln Holbeins zu
beziehen.1 Auch deren Anwendung auf die Augsbur-
ger Situation insgesamt muß anderen überlassen blei-
ben. Ziel kann es hier nur sein, anhand der überliefer-
ten oder der aus Zeichnungen zu rekonstruierenden
Bildnisaufträge Holbeins festzustellen, was der Maler
bei der Wiedergabe seiner Kunden leistete. Dazu muß,
da wie gewöhnlich Aussagen der Dargestellten fehlen,
der Vergleich weiterhelfen: der Vergleich mit den
Arbeiten anderer Augsburger Maler, die Herleitung
der Bildnistypen und die Konfrontation mit den Stif-
terbildnissen in den Tafelbildern sakraler und damit
zumeist öffentlicher Bestimmung.

Die Tafelbilder

Keines der elf Bildnisse, die heute den Kern des CEu-
vres bilden, war als Werk Holbeins d.Ä. unbestritten,
einige weitere Bildnisse werden hier nicht mitbehan-
delt, ihre ebenfalls mit mehr oder weniger guten
Argumenten vorgebrachte Zuschreibung nicht akzep-
tiert, ohne daß dafür die Gründe im einzelnen vorge-
bracht werden können.2 Die Zuschreibung der Ken-
ner schwankt ohnehin nur zwischen drei, allenfalls
vier Namen, die Vertreter ein und derselben Richtung
bezeichnen: Holbein der Ältere, Holbein der Jüngere,
seltener auch Ambrosius Holbein und Leonhard Beck
werden als Autoren der Bildnisse genannt. Davon
läßt sich die Bildnismalerei Hans Burgkmairs verhält-

nismäßig deutlich abgrenzen. Da es hier nicht darum
geht, die Gleichung zwischen dem dargestellten Indi-
viduum und seiner Erfassung durch eine kongeniale
Künstlerpersönlichkeit aufzumachen, sei diese Nach-
lässigkeit in der Begründung eines hauptsächlich ken-
nerschaftlichen Urteils erlaubt.

Den Ausgangspunkt der Untersuchung bilden also
die Tafeln, deren Ausführung in der Werkstatt des
Malers, freilich nicht die eigenhändige Ausführung,
durch die Existenz von gezeichneten Porträtaufnah-
men anzunehmen ist. Es handelt sich um die Porträts
eines Ehepaars, von denen das des Mannes, des Jörg
Fischer, auf 1512 datiert, aber nur durch eine Nach-
 
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