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https://doi.org/10.11588/diglit.21526#0199
I
Münchener
Ein satyrisches Originalblatt von M. E. Schleich.
Banzjährig 2 fl., halbj. 1 fl., viertelj. 30 kr-, einzelne Nummern S kr.
Dritter Band.
Sonntag. 48» 1- Dezbr. 1850.
Die neue Münchener-Zeitung schreibt: „Der berühmtebelgische
Maler Kayser, der umherreist, um die Porträts berühmter Zeit-
genossen zu sammeln, ist nun auchin München angekommen, um
seine Sammlung mit den Portraiten der hiestgen in politischer, wiffenschaft-
licher oder künftlerischer Beziehung ausgezeichneten Persönlichkei'ten zu berei-
chern. Er wohnt im bayerischen Hof und bleibt nur kurzeZeit
hier." — AuS diesem Anlaß hat der Münchener Punsch folgenden Brief
an Herrn Kayser gerichtet.
Ew. Kaiserlkche Wohlgeboren!
Sie gedenkcn di'e Portraits der in München befindlichen berühmten
Zeitgenoffen anzufertigen, und werden sich hier nur kurze Zeit aufhalten.
Sie scheinen also der Ansicht, daß man, um alle hiesige Berühmtheiten
zu sammeln, nur kurz e Zeit nöthig habe! Da Sie ncch nie in Mün-
chen waren, so haben Sie sreilich von den hier lebenden weltberühmten
Personen noch nichts gehört. Jch erblickte das Licht der Welt, oder wurde
vielmchr geboren in München — denn in München hat noch niemand
„ein Licht der Welt" erblickt — und bin daher im Stande, Zhnen über
die hiesigen „ausgezeichneten Persönlichkeiten" Aufschluß zu geben, mit
Ausnahme jener, deren Ausgezeichnetheit ein Amtsgeheimniß ist. Die
hier lebenden Berühmtheiten zerfallen, viertens: in Gestorbene, drittens:
in Fortgezogene, zweitenS: in noch hier Lebende, und endlich erftens: in
Ausgewiesene. Man sollte glauben, es müßte jemand entweder hier
oder nicht hier sein; aber gleichwie es zwischen Sein und Nichtsein
noch ein Mittelding gibt: die Möglichkeit, so haben wir zwischen hier sein
und nicht hicr sein auch cin Mittelding, und das ist: Ausgewiesen sein,
Münchener
Ein satyrisches Originalblatt von M. E. Schleich.
Banzjährig 2 fl., halbj. 1 fl., viertelj. 30 kr-, einzelne Nummern S kr.
Dritter Band.
Sonntag. 48» 1- Dezbr. 1850.
Die neue Münchener-Zeitung schreibt: „Der berühmtebelgische
Maler Kayser, der umherreist, um die Porträts berühmter Zeit-
genossen zu sammeln, ist nun auchin München angekommen, um
seine Sammlung mit den Portraiten der hiestgen in politischer, wiffenschaft-
licher oder künftlerischer Beziehung ausgezeichneten Persönlichkei'ten zu berei-
chern. Er wohnt im bayerischen Hof und bleibt nur kurzeZeit
hier." — AuS diesem Anlaß hat der Münchener Punsch folgenden Brief
an Herrn Kayser gerichtet.
Ew. Kaiserlkche Wohlgeboren!
Sie gedenkcn di'e Portraits der in München befindlichen berühmten
Zeitgenoffen anzufertigen, und werden sich hier nur kurze Zeit aufhalten.
Sie scheinen also der Ansicht, daß man, um alle hiesige Berühmtheiten
zu sammeln, nur kurz e Zeit nöthig habe! Da Sie ncch nie in Mün-
chen waren, so haben Sie sreilich von den hier lebenden weltberühmten
Personen noch nichts gehört. Jch erblickte das Licht der Welt, oder wurde
vielmchr geboren in München — denn in München hat noch niemand
„ein Licht der Welt" erblickt — und bin daher im Stande, Zhnen über
die hiesigen „ausgezeichneten Persönlichkeiten" Aufschluß zu geben, mit
Ausnahme jener, deren Ausgezeichnetheit ein Amtsgeheimniß ist. Die
hier lebenden Berühmtheiten zerfallen, viertens: in Gestorbene, drittens:
in Fortgezogene, zweitenS: in noch hier Lebende, und endlich erftens: in
Ausgewiesene. Man sollte glauben, es müßte jemand entweder hier
oder nicht hier sein; aber gleichwie es zwischen Sein und Nichtsein
noch ein Mittelding gibt: die Möglichkeit, so haben wir zwischen hier sein
und nicht hicr sein auch cin Mittelding, und das ist: Ausgewiesen sein,