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III. Das RcichÄammergericht.
neuem Vorbringen und mit neuer Beweisführung das in erster Jnstanz
Versäumte nachholen (XVI Z 9).
Für das Nngehorsamsverfahren gelten die Wormser Bestimmungen.
Zwar wird festgesetzh dasz der Nngehorsame späterhin nur wieder eintreten
könne „in dem Stand, wie er die Sach und Prozeß find" (XVIII). Aber
durchgreifend war damit selbst für den Nngehorsamsfall nicht geholfen.
Wenn z. B. bei unterbliebener Litiseontestation der Kläger zum Veweise
grifs, so konnte doch der snnmige Beklagte, wofern er nur vor Schluß dcr
Sache erschien, mit seinen immer noch zulässigen peremtorischen Einreden
das ganze Verfnhren wieder aufrollen.
Und doch — selbst in diesen nationnl sonst ganz unselbständigen
Vorschriften macht sich der Ordnungsgednukc des alten Rechts gegenüber
dcm vollständig losen Gefüge des canonischen Verfahrens geltend: sowohl
für die dilatorischen, der Litiscontestation vorausgehenden, wie für die
peremtorischen, ihr nachfolgenden Einreden wird die sedesmnlige Cu-
mulirung vorgeschrieben, sie sollen „mit einander" (XV) „zu einem mahl"
(XIV) vorgebracht werden. Für die dilatorischcn Einrcden ließ sich das
anf das canonische Recht zurückführen (Onx. 4. X cke exeaxk. 2. 25);
ob der Richter aber auch für die peremtorischen Einreden im einzelnen
Fall die Cumulirung vorschreiben dürfe, war in der italienischen Doktrin
bestritten (Wetzell § 49 not. 87). Die Reichskammergerichtsgelehrten ent-
schieden sich alsbald für die Cumulirung, diese aber wurde schlechthin
vorgeschrieben, ohne daß dem Richter Spielraum gelassen worden wäre.
Nach dem Augsburger Reichsabschiede (XIV § 1) durfte zwar der
Beklagte seine peremtorischen Einreden beliebig vorschützen: entweder „so
cr sehe, dnß des Klägers Sach und Intenkion fundirt wäre (also nach
erbrnchtem klügerischen Hauptbeweise), oder darvor, gleich nach Befestigung
des Kriegs". Hatte er sich aber über den Zeitpunkt schlüssig gemacht, so
war er nunmehr auch verpflichtet, in einem Termin alle ihm zu Gebote
stehenden Einreden vorzutragen, — die snccessive Vorbringung von
Einreden, wie sie dem römischen Rechte geläufig gewesen war, wurde
also schon in den ersten Jahren der Thätigkeit des Kammergerichts
ausgeschlossen.
Die Kostnitzer Reichstagsverhandlungen vom Jahre 1507 berühren
zwar auch das Kammergericht, sind aber für den Proeeß ohne Ausbeute,
die bisher erlassenen Bestimmungen werden im Ganzen bestätigt, ihre
Beobachtung wird neu eingeschärft (§ 19). Hervorzuheben jedoch ist der
Beschluß (23), das Kammergericht, seine Geschäftsführung, sein Rechnungs-
wescn alljührlich durch Deputirte der Stände revidiren zu lassen.
Jm selben Jahre 1507 fand zu Regensburg ein Reichstag statt, auf
dem ebenfalls die Zustände beim Kammergericht zur Sprache kamen. Un-
III. Das RcichÄammergericht.
neuem Vorbringen und mit neuer Beweisführung das in erster Jnstanz
Versäumte nachholen (XVI Z 9).
Für das Nngehorsamsverfahren gelten die Wormser Bestimmungen.
Zwar wird festgesetzh dasz der Nngehorsame späterhin nur wieder eintreten
könne „in dem Stand, wie er die Sach und Prozeß find" (XVIII). Aber
durchgreifend war damit selbst für den Nngehorsamsfall nicht geholfen.
Wenn z. B. bei unterbliebener Litiseontestation der Kläger zum Veweise
grifs, so konnte doch der snnmige Beklagte, wofern er nur vor Schluß dcr
Sache erschien, mit seinen immer noch zulässigen peremtorischen Einreden
das ganze Verfnhren wieder aufrollen.
Und doch — selbst in diesen nationnl sonst ganz unselbständigen
Vorschriften macht sich der Ordnungsgednukc des alten Rechts gegenüber
dcm vollständig losen Gefüge des canonischen Verfahrens geltend: sowohl
für die dilatorischen, der Litiscontestation vorausgehenden, wie für die
peremtorischen, ihr nachfolgenden Einreden wird die sedesmnlige Cu-
mulirung vorgeschrieben, sie sollen „mit einander" (XV) „zu einem mahl"
(XIV) vorgebracht werden. Für die dilatorischcn Einrcden ließ sich das
anf das canonische Recht zurückführen (Onx. 4. X cke exeaxk. 2. 25);
ob der Richter aber auch für die peremtorischen Einreden im einzelnen
Fall die Cumulirung vorschreiben dürfe, war in der italienischen Doktrin
bestritten (Wetzell § 49 not. 87). Die Reichskammergerichtsgelehrten ent-
schieden sich alsbald für die Cumulirung, diese aber wurde schlechthin
vorgeschrieben, ohne daß dem Richter Spielraum gelassen worden wäre.
Nach dem Augsburger Reichsabschiede (XIV § 1) durfte zwar der
Beklagte seine peremtorischen Einreden beliebig vorschützen: entweder „so
cr sehe, dnß des Klägers Sach und Intenkion fundirt wäre (also nach
erbrnchtem klügerischen Hauptbeweise), oder darvor, gleich nach Befestigung
des Kriegs". Hatte er sich aber über den Zeitpunkt schlüssig gemacht, so
war er nunmehr auch verpflichtet, in einem Termin alle ihm zu Gebote
stehenden Einreden vorzutragen, — die snccessive Vorbringung von
Einreden, wie sie dem römischen Rechte geläufig gewesen war, wurde
also schon in den ersten Jahren der Thätigkeit des Kammergerichts
ausgeschlossen.
Die Kostnitzer Reichstagsverhandlungen vom Jahre 1507 berühren
zwar auch das Kammergericht, sind aber für den Proeeß ohne Ausbeute,
die bisher erlassenen Bestimmungen werden im Ganzen bestätigt, ihre
Beobachtung wird neu eingeschärft (§ 19). Hervorzuheben jedoch ist der
Beschluß (23), das Kammergericht, seine Geschäftsführung, sein Rechnungs-
wescn alljührlich durch Deputirte der Stände revidiren zu lassen.
Jm selben Jahre 1507 fand zu Regensburg ein Reichstag statt, auf
dem ebenfalls die Zustände beim Kammergericht zur Sprache kamen. Un-