Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
80

III. Das Ncichskammergericht.

gcwandt zu haben. (Wetzell Z 71 not. 8.) — Wenn also für das kammer-
gerichtliche Verfahren beim Verzicht einer Partei auf weitere Ausführungen
Ausschluß der Gegenpartei mit allen nicht sofort mündlich nachgeholten
Einwendungen vorgeschrieben wird, so war das eine recht entschiedene
Neuerung. Dem Geiste des alten deutschen Processes entsprach sie aber
durchaus.

Der kurze „Abschied der Kayserlichen Commissarien und Churfürstlichen
Räth, so zu Wormbs gewesen, und neue Ordnung des Cammer-
Gerichts aufgericht haben, Anno 1517" giebt Zeugniß vomFortschreiten
der Noth beim Kammergericht und von der Energielosigkeit gegenüber den
zu Tage tretenden Nebelständen. Die Geschäfte waren für die Audienzen
nnch bestimmten Zeiträumen gesondert, sog. Extraordinarsachen wurden
vor den Ordinarsachen vorgenommen. Die lüxtimoi'äinuiüu nun, zu
welchen auch eunsus oxeenlionnm el exyensnrnin gehören, kommen
nicht aus der Stelle „damit die höchste Klag und Nachred im Reich dem
Cammer-Gericht erwachsen, indem gesagt, daß Niemand zu gebührlicher
Vollnziehung seiner gehabten llrtheil kommen möge". Darauf wird be-
merkti es wäre „noth und gut", wenn jeder Parteivertreter von seinen
Extraordinarsachen in erster Reihe die Executions- und Expensensachen
vornehmen und das übrige für später lassen würde: „wird ohn Zweiffel
damit des Geschreyes im Reich minder und Last Cammer-Richter und
Beysitzer geschehen. Wo aber die 1Ao6ui'utor'68 das nicht thun wolten,
könte man sie nicht zwingen" (I. Z 18).

Und dazwischen wird immer aufs Neue vorgegangen, gegen die trotz
aller strengen Vorschriften doch nicht auszurottende Neigung zur „Mündlich-
keit": „das dann nicht kleine Längerung bringt" (I. 17). Für nachtheilig
wird speciell erklärt, daß „I)ominn8 1Ü8(mli8", der in Extraordinarsachcn
bevorzugt ist, „wenig in Zei'iptm, sondern das mehrer Theil mündlich ge-
handelt, auch sich in dem, wider die Ordnung, langer Reden gebraucht".
(3.) Der im einfallenden Termin an Vornahme der bezüglichen Proceß-
handlung verhinderte Procurator soll mit seinen Entschuldigungsgründen
„in Schriften gefast seyn — also, daß er, so Ooiitnmueiuo angeklagt, zu-
vor die schrifftliche Entschuldigung gefertigt, bey handen haben, und alsbald
einlegen soll" (13).

Nach all diesen während 25 Jahren gesammelten Erfahrungen und
nach den verschiedenen inzwischen unternommenen Verbesserungsversuchen
wurde nun vom Kaiser und den Reichsständen eine zweite Kammergerichts-
ordnung erlassen: auf dem Reichstage zu Worms vom Jahre 1521
(26. Mai). Jn der Einleitung zum Gesetze heißt es:

„Ilnd dieweil obberührte zu Wormbs auffgerichte Ordnungen des
Kayserlichen Cammer Gerichts, aus Mißverstand und Mißbräuchen, auch
 
Annotationen