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1521 bis 1555.

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sey" (13). Hier also wußte man den vom fremden Rechte eingebrachten
laxen Gedanken des stets zulässigen neuen Vorbringens — abzulehnen: zu
einer Zeit, als derselbe beim Reichskammergerichte noch uneingeschränkte
Geltung behanptete!

Die neuen Bestimmungen der zweiten Reichskammergerichtsordnung
kennzeichnen jedenfalls einen wesentlichen Aufschwung und Umschwung.
Ersteres insofern man mit wirklich energischem Eingreifen dem Proceß-
verschlepp entgegentrat; letzteres indem die Entwickelung des Verfahrens
beginnt, auf Vorbilder zurückzugreifen, die im nationalen Rechte der
Vergangenheit gegeben waren.

Um so unproductiver ist die auf den Reichstag von 1521 zunächst-
folgende Zeit, die schließlich vielmehr eine rückläufige Beivegung aufweist.

Die alten Klagen wiederholen sich, die Processe rücken nicht aus der
Stelle, die Rückstände wachsen von Jahr zu Jahr. Vergeblich wird ver-
sucht, hier und dort mit kleinen Mitteln zu helfen: die Sitzungen sollen
um eine halbe, vielleicht sogar um eine ganze Stunde länger abgehalten
werden; in der Vertheilung der Sachen auf die Audienzen werden Aende-
rungen getroffen; man verweist die Contumacialverhandlungen vor besondere
Deputirte; den Procuratoren wird Beobachtung der Ordnung, Vermeidung
des nun doch wieder eingerissenen mündlichen Gezänks eingeschärft; die
Beisitzer werden zu fleißiger Arbeit ermahnt: in geschlossenen Sachen
sollen die Beiurtheile nach 3, Endurtheile nach 6 Monaten fertig gestellt
werden, — das war also nach damaligem Begriffe schon leidlich rasche
Justiz! Gelegentlich werden 8 erfahrene Doctores zum Aufarbeiten der
Rückstände dem Gerichte zugeordnet. Daß Uebelstände verschiedenster Art
sich bemerkbar machten, ergiebt u. A. die Kammergerichts-Reformation von
-Speyer aus d. I. 1531, welche beiläufig vorschreibt:

„Damit allerley Nachred und Verdacht fürkommen und vermitten,
so sollen die V.88688or68 sich täglicher Gemeinschaft und Vauiiliai'ikük
mit den Uroeurukovu gäntzlich entäussern, auch kein Uroenrukor bey den
2c88688orii zu Kost gehen, sondern sich in dem der alten Ordnung (Augs-
burg 1500, XVII.) gemüß halten. — Deßgleichen soll kein Uroournkor
bey den ?rokonoka.ri6ii Kost haben" (ß 20).

Von besonderer Wirkung war diese Ermahnung offenbar nicht, denn
bereits am Schlusse der Kammergerichtsordnung des Speyerer Reichstages
von 1533 findet sich unter den „Mängeln und Gebrechen- so in der Kammer-
gerichtsordnung und Reformation stattlich versehen und doch nicht vollzogen"
und deshalb den Gerichtsgliedern mündlich vorgehalten werden sollen, ver-
merkt: „Ik6m, etliche ?i-oeui-akoi'68 haben sonderlichen Anhang bei den
X8868801ÜI>U8, und V886880V68 611111 ?i'oeurakoiIliU8, ist fast verdächtlich,
soll der Kammerrichter nicht gestatten" (§ 20).
 
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