414
VII. Deutsche Rechtsgedanken.
schnitt schließende Urtheil ergeht, — in dem Sinne mit einem Male —
vornehmen. (Planck, Bw.nrth. 33 ff.) So die erste Grundlage, die mit
dem mündlichen Verfahren des mittelalterlichen Processes rechnet. Für den
späteren schriftlichen Proceß lag es nahe, den gleichen Gedanken für die
Zwischenstufen im einzelnen Prozeßstadium durchzuführen, also die Com-
binirung der verschiedenen Angriffs- und Vertheidigungsbehauptungen (Ein-
reden, Repliken, Dupliken) im selben Schriftsatze vorzuschreiben. Dazu
führte namentlich auch das Bestreben nach Beschleunigung der Proceß-
abwickelung, ein richtiger Gcdanke, der aber keinen Einfluß gehabt hat auf
die altdeutsche Proceßeintheilung; diese bezweckt allein Ordnung und
Glicderung dcs Proceßstoffs und erreichte dadurch Uebersichtlichkeit der
Verhandlung und Vereinfachung der Nrtheiler-Thätigkeit. Das den einen
Abschnitt schließende Nrtheil erledigte diesen Theil des Proceßmaterials
desinitiv, zugleich die unverrückbare Grundlage für das weitere Verfahren
bildend. Jm nächstfolgenden Nrtheil war dann nur noch über denjenigen
Theil des Proceßstoffs zu entscheiden, der im entsprechenden späteren Ab-
schnitt hatte Erörterung finden dürfen.
Dem römischen Processe ist eine derartige oder ähnliche feste Proceß-
gliederung durchaus fremd. Die römische Scheidung der Verhandlungen
in )uv6 und in zuclieio hat ganz andere Ziele und andere Ausgangs-
punkte. Durch die vom xruebor ausgegebene lormulu wurde der Proceß
nur nach der rechtlichen Seite, und auch das nur in mehr oder minder
beschränktem Maße instruirt, so daß zwar ein bei Vermeidung der Nichtig-
keit unüberschreitbarer Rahmen für die Verhandlung vor dem Mcksx ge-
geben war; allein die dem .juäsx übrig bleibende Aufgabe war trotzdem
noch eine sehr weite, umfaßte die Entscheidung wie über thatsächliche, so
auch vielfach über rechtliche Fragen. Gang und Ordnung des Verfahrens
iu juckieio blieben im allgemeinen dem sreien Belieben der Parteien, nur
in geringem Umfange dem Ermesfen des Richters überlassen (vgl. oben
S. 16). Die ganze römische Scheidung hat überhaupt nicht in Rücksichten
auf eine zweckmäßige Einrichtung des Verfahrens ihren Grund.
Dem Beamtenprocesse der späteren Kaiserzeit fehlt vollends eine feste
innere Gliederung. Der canonische Proceß brachte eine solche nur zur
Geltung in Beziehung auf Vorverfahren und Hauptverfahren indem er
beide von einander schied durch den als unerläßlich hingestellten Formal-
act der Litiscontestation; im übrigen herrschte allein das Princip der
Reihenfolge, das ja auch am besten sich vereinigen läßt mit dem im
romanisch-canonischen Processe durchgeführten Selbstbestimmungsrechte der
Parteien über den Gang der Streitstoffsammlung. Die Parteien tragen
nach ihrem Belieben dem Gerichte das Proceßmaterial zu; wenn es ihnen
zweckmäßig erscheint, stückweise, je nach dem Erfolge der vorausgegangenen
VII. Deutsche Rechtsgedanken.
schnitt schließende Urtheil ergeht, — in dem Sinne mit einem Male —
vornehmen. (Planck, Bw.nrth. 33 ff.) So die erste Grundlage, die mit
dem mündlichen Verfahren des mittelalterlichen Processes rechnet. Für den
späteren schriftlichen Proceß lag es nahe, den gleichen Gedanken für die
Zwischenstufen im einzelnen Prozeßstadium durchzuführen, also die Com-
binirung der verschiedenen Angriffs- und Vertheidigungsbehauptungen (Ein-
reden, Repliken, Dupliken) im selben Schriftsatze vorzuschreiben. Dazu
führte namentlich auch das Bestreben nach Beschleunigung der Proceß-
abwickelung, ein richtiger Gcdanke, der aber keinen Einfluß gehabt hat auf
die altdeutsche Proceßeintheilung; diese bezweckt allein Ordnung und
Glicderung dcs Proceßstoffs und erreichte dadurch Uebersichtlichkeit der
Verhandlung und Vereinfachung der Nrtheiler-Thätigkeit. Das den einen
Abschnitt schließende Nrtheil erledigte diesen Theil des Proceßmaterials
desinitiv, zugleich die unverrückbare Grundlage für das weitere Verfahren
bildend. Jm nächstfolgenden Nrtheil war dann nur noch über denjenigen
Theil des Proceßstoffs zu entscheiden, der im entsprechenden späteren Ab-
schnitt hatte Erörterung finden dürfen.
Dem römischen Processe ist eine derartige oder ähnliche feste Proceß-
gliederung durchaus fremd. Die römische Scheidung der Verhandlungen
in )uv6 und in zuclieio hat ganz andere Ziele und andere Ausgangs-
punkte. Durch die vom xruebor ausgegebene lormulu wurde der Proceß
nur nach der rechtlichen Seite, und auch das nur in mehr oder minder
beschränktem Maße instruirt, so daß zwar ein bei Vermeidung der Nichtig-
keit unüberschreitbarer Rahmen für die Verhandlung vor dem Mcksx ge-
geben war; allein die dem .juäsx übrig bleibende Aufgabe war trotzdem
noch eine sehr weite, umfaßte die Entscheidung wie über thatsächliche, so
auch vielfach über rechtliche Fragen. Gang und Ordnung des Verfahrens
iu juckieio blieben im allgemeinen dem sreien Belieben der Parteien, nur
in geringem Umfange dem Ermesfen des Richters überlassen (vgl. oben
S. 16). Die ganze römische Scheidung hat überhaupt nicht in Rücksichten
auf eine zweckmäßige Einrichtung des Verfahrens ihren Grund.
Dem Beamtenprocesse der späteren Kaiserzeit fehlt vollends eine feste
innere Gliederung. Der canonische Proceß brachte eine solche nur zur
Geltung in Beziehung auf Vorverfahren und Hauptverfahren indem er
beide von einander schied durch den als unerläßlich hingestellten Formal-
act der Litiscontestation; im übrigen herrschte allein das Princip der
Reihenfolge, das ja auch am besten sich vereinigen läßt mit dem im
romanisch-canonischen Processe durchgeführten Selbstbestimmungsrechte der
Parteien über den Gang der Streitstoffsammlung. Die Parteien tragen
nach ihrem Belieben dem Gerichte das Proceßmaterial zu; wenn es ihnen
zweckmäßig erscheint, stückweise, je nach dem Erfolge der vorausgegangenen