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Zeitschrift für christliche Kunst — 28.1915

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Georg, Johann: Kunstwerke in Korfu
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Klingelschmitt, Franz Theodor: Spätgotische vlämische Kleinplastik am Mittelrhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.4335#0060

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48 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 2/3

z. B. auf dem oben beschriebenen Fresko im Frauenkloster Hagioi Theocioroi.
Manchmal findet sich aber das Kind als Orans. So ist es mir z. B. in Mar Saba
und dem syrischen Kloster in Jerusalem aufgefallen. Beide Darstellungen sind
verhältnismäßig jungen Ursprungs. In Ste Anne in Jerusalem befindet sich im
Museum ein Relief mit der gleichen Darstellung, das wohl in das erste Jahrtausend
zurück geht. Dieses ist bedeutend älter als die vorher genannten. Die Schale schätze
ich sogar nicht älter als etwa 1700. Aber in ihr hat sich eine gute alte Tradition
bewahrt und darum ist sie der Beachtung wert. Johann Georg, Herzog zu Sachsen.

SPÄTGOTISCHE VLÄMISCHE KLEIN-
PLASTIK AM MITTELRHEIN.

Mit Abbildung.

Im Mainzer Kunsthandel erwarb ich vor Jahren das beistehend abgebildete
Figürchen der St. Anna Selbdritt. Es ist aus Lindenholz geschnitzt und 27 cm
hoch. Die alte Bemalung ist abgelaugt, nur an tiefen Stellen sind noch Reste
des Kreidegrundes sichtbar. Wie schon ein Blick zeigt, ist das Stück mit der
Brüsseler Selbdritt von um 1510 der Sammlung Schnütgen1 in der Erscheinung
nahezu identisch. Nur ist diese aus Nußbaumholz und 37 cm hoch. Dagegen
ist bei beiden die Rückseite unbearbeitet. Die Marke illi aber ist wohl als gleich
mit der der Schnütgenschen Figur anzusehen. Witte führt als verwandt eine
Figur der SammlungRöttgen,Bonn, an. Eine ganz ähnliche befand sich aber auch
in der Sammlung Heinrich Lossow2. Sie war 36 cm hoch. Vor kurzer Zeit tauchte
nun aber ein weiteres Exemplar im Mainzer Kunsthandel auf. Es war 36 cm
hoch, abgelaugt und zudem stark beschädigt. Alle diese vier Figuren sind nicht
völlig gleich, sondern weisen — wenn auch nur kleine — Verschiedenheiten auf.
So zeigt mein Exemplar neben einer durchgehenden, schon durch die geringeren
Abmessungen empfohlenen Vereinfachung der Faltengebung auch ein Um-
springen der Motive gegenüber demjenigen der Sammlung Schnütgen, Außer-
dem besitzt es einen gotisch empfundenen sechseckigen Sockel. Stärker weicht
von beiden die Lossowsche Selbdritt ab, die jedoch auch nicht ganz unberührt
zu sein scheint1. Vor allen Dingen besitzt sie ein stärkeres Relief. Aber die Be-

1 Fritz Witte: Die Skulpturen der Sammlung Schnütgen in Köln. Berlin 1912.
Tafel 41, 3 u. S. 72.

" Katalog der Sammlung Heinrich Lossow. Auktion Helbing, München. 15. u. 17. April
1907. Nr. 247. S. 14 mit Abb. Eine Angabe der Holzart fehlt, wie eine solche über die Marke,
die ich auch bei keiner der im Handel aufgetauchten Figuren feststellen konnte.

:l Nach der Abbildung im Katalog möchte man die linke Hand der Mutter Anna mit
der Birne mitsamt dem danach greifenden Kinde für neu halten. Wahrscheinlich hat beides
gefehlt und man hat ein gerade in Süddeutschland gewohntes Motiv vermutet. Der Leser
im Buch scheint ja eine Brüsseler Besonderheit zu sein, auf die der Restaurator nicht so leicht
kommen konnte. Daß freilich das Spielmoliv der Brüsseler Schule ebenfalls nicht unbekannt
war, zeigt die auch 36 cm hohe, wohlerhaltene und den hier zusammengestellten Exemplaren
nahe verwandte Brüsseler Selbdritt um 1510 im Kaiser-Friedrich-Museum. Vgl. Vöge: Die
deutschen Bildwerke usw. Berlin 1910. Nr. 325, S. 153/154. Interessant ist auch, daß der
Typus ganz ähnlich in der vlämischen Großplastik der Zeit vorkommt. Die Anna Selbdritt,
um 1500, die 1 h. Raspe in Heft 8 des Jahrgangs 25 dieser Zeitschrift veröffentlicht hat (Abb.
19 u. S. 293/284), hat eine Höhe von 117 cm.
 
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