Galerie Wimmer, München
Die Galerie Wimmer & Co. hat ihre Ursprünge in der Kunsthandlung Hermann und Barth, die im Jahr 1825 vom Kupferstecher und Kupferstich-Restaurator Johann Michael Hermann (1793–1855) und einem Herrn Barth in der Kaufingerstraße 17 gegründet wurde und zunächst überwiegend druckgrafische Reproduktionen vertrieb. Unter anderem hatte er dank eines königlichen Dekrets das alleinige Vertriebsrecht für die Serie Voyages pittoresque et militaire dans la Russie en 1812, die Albrecht Adam (1786–1862) nach seiner Teilnahme am Russlandfeldzug gestochen hatte. Hermann war zudem Gründungsmitglied des Münchner Kunstvereins, wo er als Konservator die regelmäßig stattfindende Ausstellung betreute. Damit hatte er einen idealen Einblick in die Kunstproduktion des frühen 19. Jahrhunderts. Wann genau er mit dem Handeln von Gemälden – vor allem der Münchner Schule – begann, ist nicht bekannt, da lediglich einige wenige Geschäftsunterlagen überliefert sind.
1841 übergab Hermann die Kunsthandlung an seine Tochter Emilie (Lebensdaten unbekannt) und dessen Mann Heinrich Wimmer (1806–1854). 1851 erhielt Wimmer den Titel eines Hofkunsthändlers und das Geschäft hieß fortan Heinrich Wimmer’sche Hofkunsthandlung. In diesen Jahren finden sich auch Werbeanzeigen in Englisch sprachigen Publikationen, die das reichhaltige Warenangebot bestehend aus Malerei, Drucken, Zeichnungen, Lithografien und Porzellan. Zudem befand sich die Kunsthandlung spätestens 1854 in der Promenadegasse im Palais Porcia (heute Kardinal-Faulhaberstraße).
1859 übernahm August Humplmayr (1829–1885) das Geschäft und führte es als Galerie Wimmer & Co. fort. 1864 verlegte er die Galerie in sein Anwesen in der Theatinerstraße 35, das er 1862 erworben hatte. 1869 erwarb er das Palais in der Briennerstraße 3 (später 7) und verlegte nach zahlreichen Umbauarbeiten im Sommer 1869 auch die geschäftlichen Räumlichkeiten in das Vordergebäude. Mit nun acht großzügigen Sälen, die über Oberlicht verfügten, sowie einem abgetrennten Bereich im Nebengebäude, der zur Lagerung und Verkauf der Kunstwerke diente, war die Galerie zu einem repräsentativen Treffpunkt für die Münchner Kunstszene geworden. Aber auch eine internationale Kundschaft verkehrte in den Räumen und konnte dort Malereien aktueller Münchner Maler erwerben.
Als Humplmayr 1885 verstarb, übernahm zunächst seine Frau Philomena (1844–1921) die Geschäftsleitung, bis ihr Sohn, August Humplmayr, jr. (1864–1920) das Geschäft ab 1896 fortführte. 1905 wurde ihm er der Titel eines königlich bayerischen Hofkunsthändlers verliehen.
Mit dem Tod von Humplmayr im Jahr 1920, übernahm zunächst seine Frau Ida (–1924) die Geschäftsleitung. Als sie jedoch im Kindbett 1924 verstarb, übernahm Alfons Kolb (1890–1964), seit 1921 mit Ida verheiratet, das Geschäft. Unterstützung erhielt der bis dahin nicht auf dem Kunstmarkt agierende Kolb vom langjährigen Galerie-Mitarbeiter Hans Schmidt (Lebensdaten).
1925 veranstalteten sie zum 100-jährigen Bestehen der Galerie eine Jubiläumsaustellung, bei der zahlreiche Werke der Münchner Schule zu sehen waren.
Da Kolb als nicht jüdischer Kunsthändler galt, konnte er in der Zeit des Nationalsozialismus die Galerie ohne Repressionen und Verfolgung weiterführen. Da es zur Firmengeschichte in der NS-Zeit keine umfassenden veröffentlichten Studien gibt, ist die Rolle der Galerie auf dem NS-Kunstmarkt und ob sie, wie das Auktionshaus Weinmüller, als Profiteur der „Arisierungen“ jüdischer Kunsthandlungen zu zählen ist, eines der größten aktuellen Desiderate. Eine Rekonstruktion der Transaktionen dieser Jahre ist nicht möglich, da sich keine geschäftlichen Unterlagen erhalten haben. Ein Bombenangriff im Dezember 1944 zerstörte das Anwesen in der Briennerstr. 3/7 teilweise.
Zum überlieferten Bestand
Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München besitzen aus dem Bestand der Galerie Wimmer & Co. folgendes Quellenmaterial:
- 3 Alben mit Fotografien der Handelsware, (circa 1872-1945), annotiert mit Lagernummern, Maßen der Objekte, Namen der Käufer:innen und Verkaufspreisen, teilweise auch mit notierten Erwerbungsjahren und Verkaufsdatum
- 2 Kästen mit Glasplattennegativen, die wohl die Negative der in den Alben eingeklebten Fotografien sind.
- 1 Kartei mit Marktbeobachtungen ([circa 1877 – circa 1965) zu einzelnen Künstlern, vornehmlich der Münchner Schule, und einer Auswahl an Gemälden
Insbesondere die Alben sind wertvolle Quellen für die Erforschung der Handelspraxis und des Kundenstamms der noch wenig erforschten, aber für den deutschen Kunstmarkt und insbesondere den Handel mit Gemälden der Münchner Schule bedeutenden Galerie.
Weiterführende Literatur
- Galerie Wimmer (Hrsg.): Jubiläums Ausstellung 1825,1925, München: Galerie Wimmer & Co., 1925
- Galerie Wimmer (Hrsg.): Kat. Ausst. 190 Jahre Galerie Wimmer, München 2015
- Kamp, Michael / Rau, Marie, Brienner Straße 7 - Die Geschichte eines Münchner Palais, München 2009
- Kettner, Doris / Rettinger, Christine: Bayerische Landschaftsmaler auf dem Weg in die Welt.
- Die Galerie Wimmer in München, in: Hamm, Margot u. a. (Hrsg.): Kat. Ausst. Wald, Gebirg und Königstraum. Mythos Bayern. Regensburg 2018, S. 56–61
- Rettinger, Christine: 175 Jahre. Chronik der ältesten Galerie Münchens, München 2000