Projektbeschreibung

Der Kunstmarkt der Moderne findet immer mehr Beachtung innerhalb der kunsthistorischen Forschung. Während bis vor einigen Jahren der Fokus des Interesses dabei vor allem auf Sammler- und Händlerpersönlichkeiten lag, deren Wirken in Monografien, Aufsätzen und Ausstellungen untersucht wurde, ist längst auch eine systematische Grundlagenforschung zum Kunsthandel und seinen kunst- und kulturgeschichtlichen Mechanismen in den Fokus gerückt. Insbesondere für die Provenienzforschung ist dieses Manko zu bedauern, da deren Arbeit durch die disparate Quellenlage besonders erschwert wird. Die Erforschung des Kunstmarktes der Moderne ist jedoch nicht nur aus kunsthistorischer Perspektive, sondern vor allem auch für die Provenienzforschung von Interesse. So lässt sich etwa über den Nachweis ihrer Existenz in Sammlungen des 19. Jahrhunderts die Geschichte vieler Werke noch weiter zurückverfolgen.

Mit den Themenfeldern von Kunstraub, Enteignung, Beschlagnahme oder erzwungenem Verkauf rückt sie vor allem ins Zentrum der Kunstpolitik der dreißiger und frühen vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Bei der Washingtoner Konferenz von 1998 haben sich die Museen auf breiter internationaler Basis verpflichtet, ihre Sammlungen auf Kunstwerke zu untersuchen, die von den Nationalsozialisten konfisziert und bislang nicht an ihre rechtmäßigen Eigentümer restituiert wurden. Um diesen Forderungen nachzukommen, prüfen Provenienzforscher in einzelnen Museen die Herkunft dieser Kunstwerke Objekt für Objekt. Sehr häufig müssen dabei dieselbe Literatur und dieselben Quellen recherchiert und konsultiert werden. Auktionskataloge stellen dabei einen zentralen Quellenbestand dar. In ihnen werden die Kunstwerke oft detailliert beschrieben und zurückliegende Provenienzen verzeichnet. Vor dem Beginn der Digitalisierungsaktivitäten und damit auch vor dem Aufbau von “German Sales” gab es keine Möglichkeit, diese Kataloge zentral einzusehen: Weltweit sammelte keine einzige Institution diese wichtigen Quellen systematisch. In den großen Bibliotheken und Museen erfolgte die Erschließung der Bestände darüber hinaus nach recht unterschiedlichen Standards der Dokumentation. Provenienzforscher, Bibliothekare und Archivare sowie Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen, die sich mit der Kunst- und Kulturpolitik des Nationalsozialismus befassen, benötigten daher dringend eine maßgebende, öffentlich zugängliche und bequem recherchierbare Datenbank, die alle Auktionskataloge und die aus ihnen generierten Informationen nach einem konsistenten System aufbereitet.

Die unter “German Sales” zusammengeführten digitalen Angebote blicken mittlerweile auf eine längere Geschichte zurück. Ausgangspunkt war ein im Jahr 2010 begonnenes Kooperationsprojekt der Universitätsbibliothek Heidelberg, der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin sowie dem Getty Research Institute in Los Angeles. Es folgten bis heute weitere Teilprojekte.

Ausgeweitet wurde dabei zum einen der behandelte Zeitraum (ursprünglich nur die Jahre 1930-1945) auf alle bis 1949 erschienenen Kataloge (in einigen Ausnahmen sogar darüber hinaus, so weit es die urheberrechtliche Lage zulässt). Zum anderen wird nun nicht mehr nur mit der Digitalisierung von Auktionskatalogen der Sekundärmarkt berücksichtigt, sondern es werden nun mit der Online-Bereitstellung von Galerie-, Lager- und Antiquariatskatalogen auch Informationen aus dem Primärmarkt sowohl für die Provenienzforschung als auch für weitere kunst-, kultur- und wirtschaftshistorische Forschungskontexte verfügbar gemacht.

Beibehalten wurde bislang die Konzentration auf in Deutschland, Österreich und der Schweiz erschienene Kataloge, jedoch angereichert um deutschsprachige in anderen Ländern erschienene Exemplare, und um solche, die während der Deutschen Besatzung in Frankreich und den Niederlanden veröffentlicht wurden. Aber auch sonst ist “Geman Sales” eigentlich auf dem Weg hin zu “European Sales”, da auch immer wieder digitalisierte Kataloge aus anderen europäischen Ländern in die Recherche integriert werden.