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Benz, Richard [Hrsg.]
Die sieben weisen Meister: herausgegeben nach der Heidelberger Handschrift cod. pal. germ. 149, mit Berücksichtigung der Drucke des 15. Jahrhunderts und des cod. pal. germ. 106 (Die deutschen Volksbücher) — Jena, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.2043#0113
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Der Priester kam, und der Ritter beichtete und
starb. Da schrie und weinte die Frau, und hatte
unmaßiges Leid um ihn. Sie warf fich aufsein
Grab und niemand konnte fie von dem Grabe
bringen, denn fie schwur zu Gott, sie wollte all-
zeit da verbleiben; und vor großer Liebe wollte
fle thun wie die Turteltaube: wenn die ihren
Ganen verliert, so nimmt fie keinen andern nim-
mermehr und setzt sich aufkeinen grünen Zweig
mehrvorlauter Leid. JhreZreundinnen spra-
chen ihr zu: „Liebe, was hilft eS seiner Seele,
daß ihr hier wollet bleiben. Gehet lieber in euer
Haus und gebet Almosen für seine Seele, das
hilft ihr besser, denn daß ihr hie bletbet." Da
sprach sie: „Ach ihrUngetreuen, wisset ihr nicht,
da mein Finger blutete, vor Leide starb er, und
ich sollte mtch von ihm scheiden? Nein, nimmer-
mehr." Da ihreFreunde das sahen, damachten
fie thr ein Hüttchen bet dem Grabe, und gaben
ihr Essen und Trinken, und gingen hinweg.
Und gedachten: „Wenn es ste verdrießt, wird
sie schon heimgehen." Nun war es ein Gesetz
in der Stadr, wenn man einen gehangen hatte,
so mußte der Ratmeister die ersteNachrmitge-
waffnerer Hand Wache halten und sein hüten,
 
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