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Benz, Richard [Hrsg.]
Die sieben weisen Meister: herausgegeben nach der Heidelberger Handschrift cod. pal. germ. 149, mit Berücksichtigung der Drucke des 15. Jahrhunderts und des cod. pal. germ. 106 (Die deutschen Volksbücher) — Jena, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.2043#0121
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dem Volk und die Kaiserin mit all ihren Jung-
frauen allumher, daß jedermänniglich fie sah.
Der Sohn sprach: „Herr Kaiser, rhut die
Augen auf, und sehet die Jungfrau an, die
dorr in dem grünen Kletde stehr." Der Kai-
ser sprach: „Sohn, ich sehefie, es ist dieJung-
frau, welche die Kaiserin zu allerliebst har."
Da sprach der Sohn: „Nun heißr ihr den
Rock ausziehen vor uns allen, so sollt ihr wohl
sehen, wer ste ist." Sprach der Kaiser: „Es
wäre Schande, eine Frau zu entblößen vor uns
allen." Der Sohn anrwortere: „Jst fie eine
Frau, so ist die Schande mein, ist fie das aber
nichr, so ist die Schande dein." DerKaiser hieß
ste emkleiden; da war fie ein zarrer Jüngling,
und keine Frau, und fie verwunderten sich alle.
Der Sohn sprach: „Sehet Herr, der Bube ist
lange bei euch gewesen, und har euer Betle be-
schlafenmancheZeit.NunwissetihrdieSache."
Als derKaiser das sah, ward er bebendvorZorn
und Wunder, und gebot, daß man fie alle beide
verbrenne. DasprachderSohn:„Vater, ihrsol-
let kein Urteil über sie geben, bis daß dieBosheit
und Unwahrheir am Tag ist, die ste von mirge-
sagt hat." Sprach der Vater: „Sohn, das Ur-

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