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Akademie der Künste
Chronik der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin — 1896 [1. Oktober 1895 - 1. Oktober 1896]

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grossen Königs im Jahre 1790 durch König Friedrich Wilhelm II.
zur Vollziehung und Geltung. Unter seiner Regierung blieben
die hierdurch geschaffenen Verhältnisse im allgemeinen unverändert.
Wenn bis dahin die heimische Kunst gänzlich unter der
Führerschaft Frankreichs gestanden hatte, so begann durch die
Erforschung und Kenntnis des Hellenentums jetzt dies seinen
Einfluss auch bei uns geltend zu machen. Leider wurde ihre Ent-
wickelung durch die eintretenden traurigen Zeiten der napoleonischen
Kämpfe und der Befreiungskriege zu gänzlichem Stillstand gebracht.
Nur sehr langsam und schwer ringend begannen durch die
Hingabe begeisterter Männer, wie Schadow, Schinkel, Rauch u. A.,
auch für die Kunst allmählich bessere Zeiten. Als ein Zeugnis
hierfür darf die freudig begrüsste Erweiterung unserer Akademie
durch die Angliederung einer Abteilung für Musik im Jahre 1833
betrachtet werden. Dank der Vorliebe des Königs Friedrich
Wilhelm IV. für die Künste, konnten sich diese in der langen
Friedenszeit seiner Regierung ruhig und stetig weiter entwickeln.
Von weittragendster Bedeutung für das gesamte Kunstleben
waren die Erfolge des Jahres 1870. Die Siege unseres unvergess-
lichen Kaisers Wilhelm I., des Grossen, die Wiederaufrichtung des
Deutschen Kaiserreiches wurden auch hier ein Mahnruf zu nationaler
Erhebung. Eine Fülle grossartiger Aufgaben, welche Kaiser und
Reich boten, riefen eine Menge jugendlicher Kräfte auf den Plan.
An unserer Akademie vollzogen sich ebenfalls wichtige
Wandlungen in der Organisation; die dem Präsidenten bisher unter-
stellten Lehranstalten wurden unter eigenen Direktoren zu einer
Art von Hochschule erweitert und reichlichere Mittel zur Verfügung
gestellt. Das Ausstellungswesen nahm einen unerwarteten Auf-
schwung; zahlreiche Konkurrenzen gaben der Künstlerschaft einen
mächtigen Ansporn zu energischer Kraftentwickelung.
So wurde durch unsere grossartige, unvergleichliche Kaiser-
zeit der Anlass zu einer Wiedergeburt der deutschen Kunst
gegeben, mit welchen Erfolgen, muss die Zukunft lehren.
Leider mischte sich in die Freude der tiefe Schmerz und die
Klage über den allzufrühen Heimgang Euerer Majestät erlauchten
Herrn Vaters, unseres vielgeliebten Kaisers Friedrich III., unseres
erhabenen Ehrenmitgliedes. Wie viele Hoffnungen auf sein hohes
Verständnis und auf seine Liebe zur Kunst sind mit ihm zu Grabe
getragen! Um so dankbarer empfindet unsere Akademie die hohe
Gnade, welche Euerer Majestät erlauchte Frau Mutter, die Kaiserin
Friedrich, durch die Uebernahme des Ehrenpräsidiums uns bewiesen
hat. Mit Betrübnis erfüllt uns deshalb auch die durch die Umstände
gebotene Abwesenheit Ihrer Majestät an unserm heutigen Ehrentage.
 
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