Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Akademie der Künste
Chronik der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin — 1896 [1. Oktober 1895 - 1. Oktober 1896]

Zitierlink:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/adk_chr_1896_71/0101
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
99

der erforderlichen Ausgaben für die neu zu schaffenden Ar-
beiten gewährte ihm in aufopferndster Liebe sein Zwillingsbruder
Gustav von dem, was er sich durch Porträtmalen erübrigt hatte,
und diesem seinem Bruder ist er denn auch zum grössten Dank
für alle Zeiten verpflichtet gewesen, da er sonst von keiner Seite
irgend eine Unterstützung genossen hatte. In Brüssel modellierte
er viele Porträtbüsten und Medaillons und zwar zuerst eine Statue
der Schamhaftigkeit, von der sich ein Gipsabguss im herzoglichen
Schloss in Koburg befindet. Danach modellierte er zwei lebens-
grosse Büsten, „Die Andacht“ und „Die Freude“, und die lebens-
grosse Figur einer Psyche, die Amor, sich anschleichend, töten will,
der aber freudig erschreckt den Dolch fallen lässt. Diese Werke
erwarben sich bei einer Besichtigung den höchsten Beifall des
Prinz-Gemahls von England und zwar in dem Masse, dass dieser
ihn sofort mit der Marmorausführung der beiden Büsten und
später auch mit der der Psyche betraute. Einen „erwachenden
Knaben“, den er in Brüssel 1854/57 modellierte und in Marmor
ausführte, kaufte der Kunstverein zu Gotha, wo er sich noch
jetzt, ebenso wie ein Abguss der Psyche, im. Museum befindet.
In Gotha hielt sich Müller nur einige Monate des Jahres 1857
auf, nachdem er Brüssel für immer verlassen hatte, um nach Rom
zu reisen. Er modellierte daselbst ein Medaillonporträt (lebens-
gross) der regierenden Herzogin, wovon ihm zwei Jahre
später die Ausführung in Marmor übertragen wurde, dann die
lebensgrosse Büste des verstorbenen Herzogs von Augustenburg,
für denselben in Marmor bestellt, und die Porträtstatuette der
Fürstin Hermann Hatzfeld, die er in Rom auch später in
Marmor ausführte. In Rom den 4. Oktober 1857 angekommen,
wo er sich endgiltig niederliess, modellierte er die Statue der
Psyche noch einmal, um einige Abänderungen vorzunehmen, die
die Marmorausführung erforderte, und führte diese eigenhändig,
wie alle seine früheren und späteren Arbeiten, in Marmor
aus. Leider sah der edle Besteller diese Statue nicht in Marmor;
er starb in derselben Woche, in welcher das Werk von Rom ab-
geschickt wurde. 1862 stellte Müller in London auf der Universal
Exhibition das Original der Nymphe mit dem Amor aus, das sich
im Besitz der Königin von England befindet. Dieselbe Gruppe
modellierte er noch einmal mit Abänderungen an der weiblichen
Figur. Die spätere Ausführung in Marmor geschah infolge eines
 
Annotationen