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Budde, Thomas; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Die Helmstedter Landwehr: ein Beitrag zur Erforschung mittelalterlicher Grenzbefestigungen — Hameln: Niemeyer, Heft 16.1998

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51147#0007
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Vorwort

Bis in das 8. Jahrhundert zurück reichen die Anfänge der
Stadt Helmstedt. Ein zentrales Element in deren Geschichte
seit Anbeginn ist die verkehrsgeographisch günstige Lage
zwischen Braunschweig und Magdeburg an der alten
Ost-West-Straße vom Rhein bis in den baltischen Raum,
dem „Hellweg vor dem Sandforde". Diese Verkehrsverbin-
dung war ein Fernhandelsweg von europäischer Dimen-
sion. Moderne Nachfolger des Hellwegs sind die heutige
Bundesstraße B 1 und die Bundesautobahn A 2, die beide
das Stadtgebiet berühren.
Zur Kontrolle des städtischen Territoriums und der die-
ses querenden Wegtrassen wurde im Mittelalter ein
großräumiges Befestigungssystem angelegt, die Helm-
stedter Landwehr. Landwehren - langgestreckte Wall-
Graben-Systeme - treten seit dem 13. Jahrhundert als
äußere Grenzlinien in allen Teiles des Deutschen Reiches
im Umkreis von Städten oder am Rande von Territorien
auf. Die Landwehren dienten nicht nur der Lenkung und
Kontrolle des Verkehrs, so daß an den Durchlässen häufig
auch Zölle erhoben wurden. Vielmehr waren sie ein wichti-
ges Instrument der Landfriedenssicherung, wie es auch bei
der Helmstedter Landwehr bezeugt ist.
Die ursprünglich ca. 7,9 km lange Helmstedter Land-
wehr mit ihren drei Warttürmen zählt zu den am besten
erhaltenen derartigen Anlagen in Norddeutschland.
Gleichzeitig gibt es zu ihrer Geschichte - und das ist sehr
ungewöhnlich bei Landwehren - einen reichhaltigen Be-
stand an historischen Schriftzeugnissen, zurückreichend bis
zur ersten Erwähnung der da noch in Bau befindlichen An-
lage aus dem Jahre 1252.
Nachdem die Landwehr in der nachmittelalterlichen
Epoche ihre Funktion verloren hatte, wurde ihre Unterhal-
tung eingestellt. Der Wald überwucherte die verfallenden
Gräben und Wälle. An vielen Stellen wurden sie von Ver-
kehrs- und Forstwegen durchschnitten. Einen großen Ein-
griff stellte die 1936 freigegebene Reichsautobahn am
Südrand des Lappwaldes dar, bei deren Bau ein längerer
Abschnitt der Anlage zerstört wurde. Soweit die erhaltenen
Quellen darüber Aufschluß geben, war man sich seinerzeit
dieser Problematik in keiner Weise bewußt. Hinweise auf
eine denkmalpflegerische Begleitung der Baumaßnahme
liegen nicht vor.
Mit der wiedergewonnenen deutschen Einheit wurde
der sechsspurige Ausbau der nunmehrigen Bundesauto-
bahn A 2 Hannover - Berlin zu einem der vordringlichsten
Verkehrsprojekte. Der vorgegebene Straßenzug und tras-

sierungstechnische Zwänge ließen kaum Spielraum zu, ei-
ne erneute großflächige Zerstörung von Teilen der Land-
wehr längs der Autobahn zu vermeiden. Zwar wurden die
denkmalpflegerischen Belange bei der Wahl der Ausbau-
richtung einbezogen, waren aber nicht entscheidungsrele-
vant. Deshalb galt es zu retten, was zu retten war.
Im Rahmen von Absprachen zwischen dem Nieder-
sächsischen Landesamt für Straßenbau, der Bezirksregie-
rung Braunschweig und der Bezirksarchäologie der dama-
ligen Außenstelle Braunschweig des Instituts für Denkmal-
pflege (heute Bezirksregierung Braunschweig) wurde da-
her ein Projekt ins Leben gerufen, in dessen Rahmen die
betroffenen Teile der Landwehr topographisch exakt doku-
mentiert und soweit als möglich archäologisch vor Beginn
der Baumaßnahme untersucht wurden. Die Bundesrepu-
blik Deutschland als Baulastträger der Autobahn über-
nahm dabei die Kosten und Leistungen, die zur „Vermei-
dung von Nachteilen als Folge des Ausbauvorhabens" ent-
standen sind. Im einzelnen haben Mitarbeiter des Straßen-
neubauamtes Braunschweig nach vorsichtiger Entfernung
des Bewuchses ein Feinnivellement aufgenommen und die
Grabungsschnitte eingemessen. Die Schnitte selbst wurden
nach archäologischen Maßgaben angelegt und dokumen-
tiert. Für die Anleitung, Beaufsichtigung, Dokumentation
und wissenschaftliche Auswertung der Maßnahme wurde
vom Bund ein Archäologe über einen Werkvertrag be-
schäftigt. Gerät, Infrastruktur und zusätzliche Mitarbeiter
wurden von der Bezirksarchäologie Braunschweig gestellt,
in deren Händen auch die fachliche Betreuung lag.
Am Zustandekommen des Projektes waren zahlreiche
Personen beteiligt. Neben den Mitarbeitern des Straßen-
neubauamtes Braunschweig, die sich mit großem Engage-
ment den für sie ungewohnten Aufgaben stellten, gilt der
Dank besonders Herrn Bieg und Frau E. Gonnermann vom
Dezernat Straßenbau der Bezirksregierung Braunschweig
sowie Herrn G. Jung als zuständigem Bezirkskonservator.
Der mit der Durchführung des Projektes beauftragte Ar-
chäologe, Herr Th. Budde M.A., hat die ihm übertragene
Aufgabe nicht nur gründlich und sorgfältig durchgeführt,
sondern weit über den vorgesehenen Rahmen hinaus eine
archäologisch-historische Gesamtbearbeitung der Helm-
stedter Landwehr zusammengetragen. Da Bearbeitungen
von Landwehren in Norddeutschland bislang kaum in ähn-
licher Tiefenschärfe vorliegen, kam frühzeitig der Wunsch
auf, das erstellte Manuskript zeitnah der Öffentlichkeit zu-
gänglich zu machen. Unser besonderer Dank gilt daher

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