für den 1252 bestehenden bzw. noch nicht ganz vollende-
ten ursprünglichen Landgraben halten und demzufolge die
genannte „alte" Walbecker Warte am Orte der jetzigen
zweiten Walbecker Warte lokalisieren. Zu beweisen wäre
dies freilich nur durch Ausgrabungen.6' Was die Wehr-
hecke, den „knyck", betrifft, läßt sich der Verordnung von
1252 eindeutig, wenngleich beiläufig entnehmen, daß sie
direkt am Graben gelegen hat und sechs Schritt breit ge-
wesen ist (,,...sess strede van dem graven, nicht vorder uth-
worth noch inwort..."), sowie an anderer Stelle, daß sie sich
außen vor dem Graben, also an der Angriffsseite befunden
hat jensyt des knickes sowohl atze uppe dusse syt des
lantgraven.Hinsichtlich der Wegdurchlässe finden sich
leider keine eindeutigen Angaben, doch geht aus zwei Er-
wähnungen immerhin hervor, daß es mehrere Schläge
Cslaghe") gegeben haben muß. Da hierbei zwischen sol-
chen Schlägen unterschieden wird, in deren Nähe genü-
gend geeignetes Baumholz zum Zwecke ihrer Ausbesse-
rung vorhanden ist, und solchen, wo dies nicht der Fall sei
(,,... to den slaghen to hulpe unde to bäte in deme hegghe,
dar neyn holt upghewassen were..."), kann man wohl da-
von ausgehen, daß es schon bei der Ursprungsanlage der
Landwehr eine größere Anzahl von Durchläßen gegeben
hat.
Als Zweck und Aufgabe der Landwehr wird in der Ver-
ordnung schlicht angegeben, daß sie zur Bewahrung der
Ordnung („...vor eynen schilt der vorwaerlicheyt des or-
des...") und besonders zum Schutz des ganzen Landes
(„...besundern dem ghantzen lande to beschütte unde to
bescherme...") dienen soll. Hiermit ist zunächst nichts an-
deres gemeint als die beiden generellen Funktionen einer
Landwehr, nämlich die Wahrung des Landfriedens und der
Schutz der Grenzen im Fehde- bzw. Kriegsfall. Bemerkens-
wert und aufschlußreich ist allerdings, daß die Funktion
des Landesschutzes besonders betont wird, so zusätzlich
noch an zwei weiteren Stellen (,,...oik voechliken unde re-
deliken knycken laten vordess landes beste..." und „...un-
de lanthgraven uppe dusse vordracht dorch dess cloesters
eghendoem vor eyne beschuttinghe dess landes..."),
während im Gegensatz dazu der Schutz der Stadt Helm-
stedt, dem die Landwehr doch zweifellos hauptsächlich
diente, mit keinem Wort erwähnt ist. Vielleicht wollte Abt
Gerhard, indem er den Landwehrbau als alleinige Angele-
genheit des Stadt- und Landesherren hinstellte, dem Auto-
nomiestreben der Stadt ein wenig entgegenwirken. Ande-
rerseits handelt es sich bei der Helmstedter Landwehr
strenggenommen tatsächlich eher um eine Territorialland-
wehr als um eine Stadtlandwehr. Ein Blick auf die Karte
zeigt, daß die Landwehrlinie eine größere in das magde-
burgische Gebiet hineinreichende Ausbuchtung des braun-
schweigischen Territoriums an der günstigstmöglichen
Stelle abschneidet {Abb. 9; 10). Hierzu ist anzumerken,
daß die spätmittelalterliche Grenze zwischen dem Herzog-
tum Braunschweig und dem Erzstift Magdeburg ähnlich
verlief wie die heutige Landesgrenze bzw. die frühere
braunschweigisch-preußische Grenze.62 Im Bereich dieser
Ausbuchtung passierte die Heerstraße von Magdeburg
nach Braunschweig, der wichtigste Fernhandelsweg der
Region, die Grenze. Die damals wie heute vollständig be-
waldete und somit schwer kontrollierbare Grenzausbuch-
tung abzuriegeln und damit einen der wichtigsten potenti-
ellen Einfallswege aus dem Magdeburgischen zu sperren,
ist wahrscheinlich in der ursprünglichen Konzeption die
primäre Aufgabe der Helmstedter Landwehr gewesen. In-
sofern handelt es sich um eine Wegsperre innerhalb eines
Territoriallandwehrsystems, einem, wie oben bereits er-
wähnt, weitverbreiteten Landwehrtyp, der vor allem bei
großen Territorien vorkommt, die ihre weiten Grenzen
nicht auf voller Länge sichern konnten. Der Beitritt des
Herzogs und die besondere Betonung des Landesschutzes
in der Verordnung von 1252 finden somit eine Erklärung.
Auch läßt sich so der zunächst eigenartig erscheinende,
gar nicht sonderlich auf den Schutz der Stadt zugeschnit-
tene Verlauf der Landwehr erklären. Die winkelförmige
Anlage diente offenbar speziell der besseren Kontrolle des
sicher ursprünglich in der Mitte des Winkels hindurchlau-
fenden Fernweges.63 Daß sich die Landwehr bei dieser
Konzeption auf nur einen Kilometer Entfernung der Stadt
nähert, wurde dabei in Kauf genommen. Auch sucht der
nördliche Schenkel einfach den kürzesten Weg zur Landes-
grenze, statt noch ein Stück weiter in nördliche Richtung
auszugreifen, um den Schutz Helmstedts gegen Osten
durch ein Abschneiden der Direktverbindung nach Wal-
beck zu komplettieren, was ohne großen Aufwand mög-
lich gewesen wäre. Die Verdoppelung bzw. mehrfache
Staffelung der Befestigungslinie im mittleren Bereich des
nördlichen Schenkels schließlich diente vielleicht sogar
eher der Absicherung des Fernweges gegen ein durch das
starke Hanggefälle begünstigtes Vordringen von braun-
schweigischer Seite - vom Walbecker Wege aus - als ei-
nem Schutz gegen Osten, zu dem es wegen des Hangan-
stieges kaum zusätzlicher Verstärkungen bedurft hätte.
Für den Erhalt der Landwehr, also das Knicken der
Hecke, das Ausräumen des Grabens und das Befestigen
der Schläge, hatten laut der Verordnung des Abtes Ger-
hard der Rat und die Bürger Helmstedts und der Vorstädte
Neumark und Ostendorf zu sorgen.64 Dies sollte so oft wie
nötig und unter Aufsicht der Stiftsherren des Ludgeriklo-
sters geschehen: „ Welcken lantgraven de raet van Helm-
stede myt oren borgheren, myt den Nyenmarkedesschen
unde Oestendorpschen na tyden unde na behove so vaken
dess noed werden mochte, myt willen, witschopp unde
bywesende unser heren van sunte Ludgers graven upwer-
pen unde myt slaghen wur dess noed worde, bevestigen
moeghen unde dat knyck atze id begreppen is, sess strede
van dem graven, nicht vorder uthworth noch inwort, oik
voechliken unde redeliken knycken laten...". Weiterhin war
der Rat generell für den Zustand der Landwehr verant-
wortlich und dem Ludgerikloster zu Beistand verpflichtet,
falls die Pflege von den Bürgern versäumt oder zu gering
geachtet werden würde: „...weret saeke, dat unser heren
to sunte Ludger vor Helmstede bescherm unde beschuttln-
ge dessulven lanthheggen tokort unde to ringe gheachtet
unde van vorsumenisse gheswaket unde ghekrenket wor-
de van ichtesweme, dess men ok myd gheystliken rechte
nicht keren effte weren konde, so schullen se unse leven
ghetruwen den raidt unser staid Helmstede alze truwe un-
dersaeten eynes Abthes van Werden unde Helmstede, um-
me hulpe bidden unde ahnliggen dee denne ohne na
orem vermoeghe sek sulvest unde dem gantzen lande to
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ten ursprünglichen Landgraben halten und demzufolge die
genannte „alte" Walbecker Warte am Orte der jetzigen
zweiten Walbecker Warte lokalisieren. Zu beweisen wäre
dies freilich nur durch Ausgrabungen.6' Was die Wehr-
hecke, den „knyck", betrifft, läßt sich der Verordnung von
1252 eindeutig, wenngleich beiläufig entnehmen, daß sie
direkt am Graben gelegen hat und sechs Schritt breit ge-
wesen ist (,,...sess strede van dem graven, nicht vorder uth-
worth noch inwort..."), sowie an anderer Stelle, daß sie sich
außen vor dem Graben, also an der Angriffsseite befunden
hat jensyt des knickes sowohl atze uppe dusse syt des
lantgraven.Hinsichtlich der Wegdurchlässe finden sich
leider keine eindeutigen Angaben, doch geht aus zwei Er-
wähnungen immerhin hervor, daß es mehrere Schläge
Cslaghe") gegeben haben muß. Da hierbei zwischen sol-
chen Schlägen unterschieden wird, in deren Nähe genü-
gend geeignetes Baumholz zum Zwecke ihrer Ausbesse-
rung vorhanden ist, und solchen, wo dies nicht der Fall sei
(,,... to den slaghen to hulpe unde to bäte in deme hegghe,
dar neyn holt upghewassen were..."), kann man wohl da-
von ausgehen, daß es schon bei der Ursprungsanlage der
Landwehr eine größere Anzahl von Durchläßen gegeben
hat.
Als Zweck und Aufgabe der Landwehr wird in der Ver-
ordnung schlicht angegeben, daß sie zur Bewahrung der
Ordnung („...vor eynen schilt der vorwaerlicheyt des or-
des...") und besonders zum Schutz des ganzen Landes
(„...besundern dem ghantzen lande to beschütte unde to
bescherme...") dienen soll. Hiermit ist zunächst nichts an-
deres gemeint als die beiden generellen Funktionen einer
Landwehr, nämlich die Wahrung des Landfriedens und der
Schutz der Grenzen im Fehde- bzw. Kriegsfall. Bemerkens-
wert und aufschlußreich ist allerdings, daß die Funktion
des Landesschutzes besonders betont wird, so zusätzlich
noch an zwei weiteren Stellen (,,...oik voechliken unde re-
deliken knycken laten vordess landes beste..." und „...un-
de lanthgraven uppe dusse vordracht dorch dess cloesters
eghendoem vor eyne beschuttinghe dess landes..."),
während im Gegensatz dazu der Schutz der Stadt Helm-
stedt, dem die Landwehr doch zweifellos hauptsächlich
diente, mit keinem Wort erwähnt ist. Vielleicht wollte Abt
Gerhard, indem er den Landwehrbau als alleinige Angele-
genheit des Stadt- und Landesherren hinstellte, dem Auto-
nomiestreben der Stadt ein wenig entgegenwirken. Ande-
rerseits handelt es sich bei der Helmstedter Landwehr
strenggenommen tatsächlich eher um eine Territorialland-
wehr als um eine Stadtlandwehr. Ein Blick auf die Karte
zeigt, daß die Landwehrlinie eine größere in das magde-
burgische Gebiet hineinreichende Ausbuchtung des braun-
schweigischen Territoriums an der günstigstmöglichen
Stelle abschneidet {Abb. 9; 10). Hierzu ist anzumerken,
daß die spätmittelalterliche Grenze zwischen dem Herzog-
tum Braunschweig und dem Erzstift Magdeburg ähnlich
verlief wie die heutige Landesgrenze bzw. die frühere
braunschweigisch-preußische Grenze.62 Im Bereich dieser
Ausbuchtung passierte die Heerstraße von Magdeburg
nach Braunschweig, der wichtigste Fernhandelsweg der
Region, die Grenze. Die damals wie heute vollständig be-
waldete und somit schwer kontrollierbare Grenzausbuch-
tung abzuriegeln und damit einen der wichtigsten potenti-
ellen Einfallswege aus dem Magdeburgischen zu sperren,
ist wahrscheinlich in der ursprünglichen Konzeption die
primäre Aufgabe der Helmstedter Landwehr gewesen. In-
sofern handelt es sich um eine Wegsperre innerhalb eines
Territoriallandwehrsystems, einem, wie oben bereits er-
wähnt, weitverbreiteten Landwehrtyp, der vor allem bei
großen Territorien vorkommt, die ihre weiten Grenzen
nicht auf voller Länge sichern konnten. Der Beitritt des
Herzogs und die besondere Betonung des Landesschutzes
in der Verordnung von 1252 finden somit eine Erklärung.
Auch läßt sich so der zunächst eigenartig erscheinende,
gar nicht sonderlich auf den Schutz der Stadt zugeschnit-
tene Verlauf der Landwehr erklären. Die winkelförmige
Anlage diente offenbar speziell der besseren Kontrolle des
sicher ursprünglich in der Mitte des Winkels hindurchlau-
fenden Fernweges.63 Daß sich die Landwehr bei dieser
Konzeption auf nur einen Kilometer Entfernung der Stadt
nähert, wurde dabei in Kauf genommen. Auch sucht der
nördliche Schenkel einfach den kürzesten Weg zur Landes-
grenze, statt noch ein Stück weiter in nördliche Richtung
auszugreifen, um den Schutz Helmstedts gegen Osten
durch ein Abschneiden der Direktverbindung nach Wal-
beck zu komplettieren, was ohne großen Aufwand mög-
lich gewesen wäre. Die Verdoppelung bzw. mehrfache
Staffelung der Befestigungslinie im mittleren Bereich des
nördlichen Schenkels schließlich diente vielleicht sogar
eher der Absicherung des Fernweges gegen ein durch das
starke Hanggefälle begünstigtes Vordringen von braun-
schweigischer Seite - vom Walbecker Wege aus - als ei-
nem Schutz gegen Osten, zu dem es wegen des Hangan-
stieges kaum zusätzlicher Verstärkungen bedurft hätte.
Für den Erhalt der Landwehr, also das Knicken der
Hecke, das Ausräumen des Grabens und das Befestigen
der Schläge, hatten laut der Verordnung des Abtes Ger-
hard der Rat und die Bürger Helmstedts und der Vorstädte
Neumark und Ostendorf zu sorgen.64 Dies sollte so oft wie
nötig und unter Aufsicht der Stiftsherren des Ludgeriklo-
sters geschehen: „ Welcken lantgraven de raet van Helm-
stede myt oren borgheren, myt den Nyenmarkedesschen
unde Oestendorpschen na tyden unde na behove so vaken
dess noed werden mochte, myt willen, witschopp unde
bywesende unser heren van sunte Ludgers graven upwer-
pen unde myt slaghen wur dess noed worde, bevestigen
moeghen unde dat knyck atze id begreppen is, sess strede
van dem graven, nicht vorder uthworth noch inwort, oik
voechliken unde redeliken knycken laten...". Weiterhin war
der Rat generell für den Zustand der Landwehr verant-
wortlich und dem Ludgerikloster zu Beistand verpflichtet,
falls die Pflege von den Bürgern versäumt oder zu gering
geachtet werden würde: „...weret saeke, dat unser heren
to sunte Ludger vor Helmstede bescherm unde beschuttln-
ge dessulven lanthheggen tokort unde to ringe gheachtet
unde van vorsumenisse gheswaket unde ghekrenket wor-
de van ichtesweme, dess men ok myd gheystliken rechte
nicht keren effte weren konde, so schullen se unse leven
ghetruwen den raidt unser staid Helmstede alze truwe un-
dersaeten eynes Abthes van Werden unde Helmstede, um-
me hulpe bidden unde ahnliggen dee denne ohne na
orem vermoeghe sek sulvest unde dem gantzen lande to
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