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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]; Königfeld, Peter [Oth.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das holzsichtige Kunstwerk: zur Restaurierung des Münstermann-Altarretabels in Rodenkirchen/Wesermarsch — Hameln: Niemeyer, Heft 26.2002

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Ludwig Münstermann und das Rodenkirchener Altarretabel


23 Rodenkirchen, St. Matthäus-Kirche, Altarretabel, Stockwerk 1 (Predella),
Geburt (Detail). Zustand während Freilegung. Die mittlere Figur stammt aus
einem anderen Zusammenhang.

Nicht zu klären war die ursprüngliche Position der Kartusche
(1 m Wappenkartusche <Luc.2>), da die abgesägten Holzdübel
keinen eindeutigen Bezug zu möglichen Befestigungspunkten er-
lauben. Aufnahmen von 1959 belegen eine Anbringung unter-
halb der „Geburt Christi" (1 m Bild 2 <Geburt Christi>), seit 1960
befindet sie sich oberhalb am Zahnfries (1 m Zahnfries).
2. Abendmahlsarchitektur (Stockwerk 2-4 (Fassade mitte))
Nach der Abnahme der Therschen Fassung (Abb. 24) präsentierte
sich in diesem zentralen Bereich des Retabels die differenziert aus-
gearbeitete barocke Fassung. Lediglich der Boden war weitgehend
holzsichtig. Vermutlich Mohrmann hat die beiden Figuren der
Könige Salomon und David aus den Arkaden (2h r gekuppelte
Pfeiler, 2h I gekuppelte Pfeiler) hinter der Bundeslade (2h Altar)
herausgesägt und - wie bereits erwähnt - in die Geburtsszene
montiert. Die in situ verbliebenen Teile der Figurennischen schob
er auf Stoß zusammen. Von den Treppenstufen, die links auf die
Empore führen, sind nur drei ursprünglich, die übrigen aus Sperr-
holz dürften von Ther gefertigt worden sein.
Die erhaltene Fassung von 1761 ist mit ihren Gefügebildern
und Marmorierungen - wie in der Barockzeit üblich - auf einen
imaginären Betrachterstandpunkt komponiert. Bei der dünnen
grauen „Veneda", auf der Berlinerblau liegt, handelt es sich um
einen ölgebundenen Grund mit hohem Gehalt an Bleiweiß37;
maltechnisch gesehen ein hervorragendes Trockenmittel für die
Ölfarbe. Diese Schicht haftet daher auch heute noch dort, wo sie
nicht rigoros abgebeizt wurde, fest am Holz. Die Schlußsteine,
die Füllungen der Rundbögen, der Klötzchenfries, einzelne Profile
und Baluster waren dazu rot abgesetzt, goldockrig dagegen die
Profile am Unterbau der Empore, die Ornamente am großen Bogen
(4a m Bogen), Inschriften sowie Säulenkapitelle. Mohrmann griff
in diese Konzeption nicht ein, sondern fügte lediglich Vergoldun-
gen auf der Lade hinzu.
Die Bogenfront (4a m Bogen) weist aufgrund ihrer Behand-
lung durch Ther nur Spuren originaler Fassungsreste auf. Ihre

Untersicht vermag dagegen noch einen sehr schönen Eindruck
von der ganzen Vielfalt der Farbigkeit von 1638 (Fassung 1b) zu
geben: Auf den goldenen und silbernen Metallauflagen sind ein-
zelne Diamantsteine rot bzw. hellgrün gelüstert. An den Füllungen
der Rundbögen, den Inschriften, an einzelnen Profilen und Orna-
menten haben sich Spuren der gelben Absetzungen sowie des
dunkelbraunen Überzuges erhalten.
Zur Darstellung der ursprünglichen Farbigkeit wurde der linke
Putto (4a I Zwickelfigur) freigelegt und retuschiert. Es handelt sich
um ein dünnes, sehr kühlfarbiges Inkarnat, das ohne Grundierung
unmittelbar auf den Holzträger aufgetragen worden ist, mit roten
Lippen, schwarzen Pupillen und Augenbrauen sowie kräftig roten
Wangen und Höhungen.
Die Fassung des 17. Jahrhunderts zeigte sich nach der Frei-
legung holzsichtig mit schwarzen Hintergründen und Füllungen
(Fassung 1a) sowie einzelnen gelben Absetzungen in den ornamen-
talen Bereichen (Fassung 1b). Sie ist im gesamten Hintergrund
beinahe vollständig erhalten. Die barocken Befundstellen wurden
belassen und mit einer angepaßten Holzmaserierung abgedeckt.
Die Balustrade erhielt, den makroskopisch bzw. mikroskopisch er-
mittelten Befunden entsprechend, einen lichtgelben, leicht rötlich
abgetönten Farbauftrag. Metallauflagen wurden befundgemäß
neu aufgebaut.
3. Abendmahlsszene (2a Figur 1-2a Figur 13)
Die gesamte Gruppe um den Abendmahlstisch ist von Ther radi-
kal abgelaugt und mit einem dicken Kreidegrund überzogen wor-
den. Nach der Abnahme zeigten sich ältere, wohl von Mohrmann
stammende Ergänzungen: vier Köpfe, mehrere Arme und Hände,
12 Zinnteller sowie die große Platte mit dem Opferlamm. Die


24 Rodenkirchen, St. Matthäus-Kirche, Altarretabel, Stockwerk 2 (Fassade
mitte), Gehäuse des Abendmahls. Zustand nach Abnahme der Fassung 4 mit
den großflächig erhaltenen Resten von Fassungen 2 und 3.

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