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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 31.2004

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Sektion 2: Historische Freiräume zwischen Grundlagenforschung und Minimalismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.51150#0150
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Sektion 2: Historische Freiräume zwischen Grundlagenforschung und Minimalismus

Die Erhaltung historischer Gärten als Aufgabe einer Stiftung
Heimerick Tromp

Abb. 1: Schloss Landfort bei
Gendringen in der Nähe von
Anholt, Niederlande, erst
jüngst entdeckter Entwurfs-
plan von Johan David Zocher
für die Parkanlagen des
Schlosses, um 1825.

Als Johan Frederik Willem Baron van Spaen von
Biljoen 1783 durch das Deutsche Reich reiste und mit
seinem Verwandten Baron van Lynden von Blitterswijck
viele fürstliche und gräfliche Residenzen, Schlösser und
insbesondere auch Kurorte besuchte, machte er einen
deutlichen Unterschied zwischen Jes jardins dans le
vieux gout‘, in denen der geometrische Stil noch über-
wiegend die Hauptrolle spielte und Jes jardins dans le
gout anglais4, den Gärten im Englischen Stil.
Bei seinem Besuch in Herrenhausen, dem Lust-
schloss des Kurfürsten, schreibt er sogar in seinem
Reisejournal: „Les jardins sont dans l’ancien gout Hol-
landais“, die Gärten sind im alten holländischen Ge-
schmack angelegt worden. Heutzutage denkt man dann
unmittelbar an Palais Het Loo mit seinen vor mehr als
20 Jahren rekonstruierten Gärten, wobei Professor
Hennebo eine wichtige, positive - wie immer - und ent-
scheidende Rolle gespielt hat!
Bei vielen anderen Gärten fiel van Spaen aber auf,
dass hier schon ,des bosquets ä l’anglaise, des parties
tres variees4 oder ,des promenades ä l’Anglaise1 ent-
standen waren. In den neuen Parkanlagen von Wil-
helmsbad zum Beispiel - nur vor einigen Jahren, wie er
schreibt, entstanden - bewundert er sogar die Metairie,
die Molkerei ,arrangee dans le gout Suisse4.
Entscheidend für seine Bewertung dieser revolutio-
nären Auffassung von Natur und Landschaft war ein Be-
such in Pyrmont, wo der Landschaftsarchitekt Johann
Georg Michael kurz vorher eine Promenade mit Bos-
ketten rings um ein rundes Bassin angelegt hat. Hier


fand er ,des bosquets anglais de differentes especes d’ar-
bustes ä fleurs et d’arbres etrangers, entreautres de tres
beaux tulipiers4. Das begeisterte ihn sehr : „Cettepartie
etaitfaite sur les desseins de M. Michael: nous enfumes
enchantes! “
Aber nicht nur Baron van Spaen war ,enchante4 von
diesem Michael, auch bei vielen anderen Niederländern
war er sehr beliebt und so stand in den letzten Jahr-
zehnten des 18. Jahrhunderts ein tüchtiger deutscher
Landschaftsarchitekt an der Wiege mehrerer niederlän-
discher Anlagen im Landschaftsstil.
Und nach ihm gab es noch weitere Generationen, da
auch Michaels Schwiegersohn aus Torgau, Johann
David Zocher Senior und sein Enkel Jan David Junior in
den Niederlanden eine wichtige Rolle als Architekt und
Landschaftsarchitekt gespielt haben.
Aber was sie in einem größtenteils flachen und
kahlen Holland fanden, war nicht zu vergleichen mit den
natürlichen Reichtümern Deutschlands, die van Spaen
als ein bezauberndes Gemälde4 erfuhr. Hier gibt es
Bellevues mit Höhenunterschieden, hier findet man die
,Vue diversifiee4, wie er sagt, ,si peu analogue ä celles,
qu’on trouve en Hollande ...‘
Van Spaen äußert hier etwas, das noch immer gilt und
was wir uns vor Augen halten müssen, wenn wir von den
niederländischen Landhäusern und ihren Gärten oder
Parks sprechen. In der Vergangenheit waren die Anzahl
und Dichte der ,Buitenplaatsen4, der Herrensitze,
Rittergüter oder Spielhäuser im engen Zusammenhang
mit ihren Gärten und Parks, viel größer, insbesondere im
Westen und im Zentrum des Landes. Der reiche, auf
deutsch nicht selten ,steinreich4 genannte holländische
Bürger errichtete sein Landhaus, sein ,Maison de Cam-
pagne4 in der Nähe von vielen kleinen und größeren
Städten, meistens am Fluss entlang.
Uns sind seit dem 16. Jahrhundert interessante Bei-
spiele bekannt, aber die wirkliche Geburt dieses Phäno-
mens von ,Buitenplaatsen‘ hat seit den dreißiger Jahren
des 17. Jahrhunderts stattgefunden, als die Befreiung
von spanischer Herrschaft beinahe beendet war. Diese
,Villegiatura‘, diese Kultur kleiner Landhäuser mit
meist nicht viel mehr als einigen Hektar Terrain, hat
besonders geblüht während des 18. und am Anfang des
19. Jahrhunderts.
Im Osten des Landes war die Situation davon sehr un-
terschieden. Es stimmt, auch hier hat man kleine Buiten-
plaatsen errichtet in der Nähe von niedlichen, alten han-
seatischen Städten wie Zwolle, Zutphen und Deventer
mit einer langen Geschichte und einer stagnierenden
Ökonomie. Aber hier hatten die wichtigen Häuser und
Gärten meistens einen adeligen und herrschaftlichen Ur-
sprung. Sie waren das Zentrum ausgedehnter Domänen.
Die westlichen Objekte mit ihrem bescheidenen
Areal hatten richtige Lustgärten, einen Obstgarten und
vielleicht eine Allee oder kleine Pfade.
Die großen Domänen im Osten hingegen haben die
Umgebung viel mehr beeinflusst durch ihre sehr langen
 
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