498
System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft
Kurzberichte zu den Stadtgängen
Hannover - Stadt im Wandel
(Stadtgang 1)
Leitung: Wilhelm Lucka und Jörg Maaß
Der Denkmalpflege in der Stadt Hannover, deren Innen-
stadt im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört wurde, stellt
sich die Aufgabe, sowohl die wenigen, zum Teil nur in
Resten erhaltenen Bauten der Vorkriegszeit als im Stadt-
bild wirksame Erinnerungszeichen zu sichern als auch
die herausragenden Zeugnisse des für Hannover spezifi-
schen Umgangs mit den Baudenkmalen und den städti-
schen Strukturen in der prägenden Wiederaufbauphase
zu erhalten.
Der Stadtgang begann daher an den Stadtmodellen in
der Halle des 1903-13 erbauten Neuen Rathauses.
Ebenso eindrucksvoll wie das Modell der Stadt im Jahre
1945 das Ausmaß der Zerstörung zeigte, ließ das Modell
der gegenwärtigen Stadt die dynamische Entwicklung
der Nachkriegszeit und der jüngsten Vergangenheit
erkennen.
Das gegenüber dem Rathaus am Friedrichswall gele-
gene Wohnhaus von Georg Ludwig Friedrich Laves, des
führenden Baumeisters des Klassizismus in Hannover,
war die erste Station des Rundgangs. Es ist heute Sitz
der Architektenkammer Niedersachsen. Die Fortbil-
dungsakademie der Kammer hat ihren Sitz im Atelier-
gebäude, das Laves in einem zweiten Bauabschnitt für
seinen Sohn errichten ließ. Ein moderner, zurückhalten-
der Saalanbau, in etwa auf dem Standort des früheren
Stallgebäudes platziert, bietet Raum für Veranstaltun-
gen, während Substanz und Raumgefüge der Altbauten
bewahrt werden konnten. Die grundstücksübergreifen-
de Rekonstruktion eines Teiles des Gartens konnte den
früheren Zuschnitt des bürgerlichen Gartens und seine
ursprüngliche Wegeführung wieder kenntlich machen.
Das alte Stadtschloss der Welfen, durch Laves von
1818-25 durchgreifend klassizistisch überformt, stand
nach dem Krieg jahrelang als ausgebrannte Ruine an der
Leine. Auf Betreiben des Stadtbaurates Rudolf Hille-
brecht wurde es zum Sitz des niedersächsischen Land-
tages bestimmt und 1958-62 durch den Architekten
Dieter Oesterlen ausgebaut. Während die klassizisti-
schen Sandsteinfassaden erhalten wurden und der mo-
numentale Portikus als Eingang durch einen neu ge-
schaffenen Vorplatz eine Aufwertung erfuhr, wurde das
Innere vollständig entkernt und seitlich ein blockhafter
kubischer Baukörper angefügt, der den Plenarsaal auf-
nahm. Der Plenarsaal ist gegenwärtig Gegenstand er-
neuter Umplanungen.
Die sich anschließende so genannte Altstadt ist real
nur ein kleiner Bereich der historischen Kemstadt, der
nach den Intentionen Hillebrechts als Traditionsinsel ein
ausschnitthaftes Abbild der alten Stadt der Vorkriegszeit
vermitteln sollte. So wurden hier in der Wiederaufbau-
zeit die wenigen in situ erhaltenen Fachwerkhäuser
durch translozierte Gebäude ergänzt. Der Einbau einer
Kopie des reich dekorierten Giebels des Wohnhauses
des Gelehrten Gottfried Leibniz im Kontext eines Neu-
baukomplexes am Holzmarkt folgte noch 1982/83
diesem Ansatz. Die Spannung zwischen dem Bewahren
und Integrieren bildwirksamer historischer Bausubstanz
und modernen Bauformen als wiederkehrendes Thema
im Schaffen Dieter Oesterlens zeigte sich auch am His-
torischen Museum (1964-66). In ein Gebäude in der
Formensprache der 1960er Jahre sind der mittelalter-
liche Beginenturm und das Zeughaus eingebunden und
Abb. 1: Hannover, Leine-
schloss, heute Landtags-
gebäude, links der Kubus des
Plenarsaals und rechts der
große Eingangsportikus, 2004.
Abb. 2: Hannover, zwischen
historischen Fachwerk- bzw.
Steinbauten im Kontext eines
Neubaukomplexes errichtete
Giebelkopie des ehemaligen
Leibnizhauses, 2004.
System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft
Kurzberichte zu den Stadtgängen
Hannover - Stadt im Wandel
(Stadtgang 1)
Leitung: Wilhelm Lucka und Jörg Maaß
Der Denkmalpflege in der Stadt Hannover, deren Innen-
stadt im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört wurde, stellt
sich die Aufgabe, sowohl die wenigen, zum Teil nur in
Resten erhaltenen Bauten der Vorkriegszeit als im Stadt-
bild wirksame Erinnerungszeichen zu sichern als auch
die herausragenden Zeugnisse des für Hannover spezifi-
schen Umgangs mit den Baudenkmalen und den städti-
schen Strukturen in der prägenden Wiederaufbauphase
zu erhalten.
Der Stadtgang begann daher an den Stadtmodellen in
der Halle des 1903-13 erbauten Neuen Rathauses.
Ebenso eindrucksvoll wie das Modell der Stadt im Jahre
1945 das Ausmaß der Zerstörung zeigte, ließ das Modell
der gegenwärtigen Stadt die dynamische Entwicklung
der Nachkriegszeit und der jüngsten Vergangenheit
erkennen.
Das gegenüber dem Rathaus am Friedrichswall gele-
gene Wohnhaus von Georg Ludwig Friedrich Laves, des
führenden Baumeisters des Klassizismus in Hannover,
war die erste Station des Rundgangs. Es ist heute Sitz
der Architektenkammer Niedersachsen. Die Fortbil-
dungsakademie der Kammer hat ihren Sitz im Atelier-
gebäude, das Laves in einem zweiten Bauabschnitt für
seinen Sohn errichten ließ. Ein moderner, zurückhalten-
der Saalanbau, in etwa auf dem Standort des früheren
Stallgebäudes platziert, bietet Raum für Veranstaltun-
gen, während Substanz und Raumgefüge der Altbauten
bewahrt werden konnten. Die grundstücksübergreifen-
de Rekonstruktion eines Teiles des Gartens konnte den
früheren Zuschnitt des bürgerlichen Gartens und seine
ursprüngliche Wegeführung wieder kenntlich machen.
Das alte Stadtschloss der Welfen, durch Laves von
1818-25 durchgreifend klassizistisch überformt, stand
nach dem Krieg jahrelang als ausgebrannte Ruine an der
Leine. Auf Betreiben des Stadtbaurates Rudolf Hille-
brecht wurde es zum Sitz des niedersächsischen Land-
tages bestimmt und 1958-62 durch den Architekten
Dieter Oesterlen ausgebaut. Während die klassizisti-
schen Sandsteinfassaden erhalten wurden und der mo-
numentale Portikus als Eingang durch einen neu ge-
schaffenen Vorplatz eine Aufwertung erfuhr, wurde das
Innere vollständig entkernt und seitlich ein blockhafter
kubischer Baukörper angefügt, der den Plenarsaal auf-
nahm. Der Plenarsaal ist gegenwärtig Gegenstand er-
neuter Umplanungen.
Die sich anschließende so genannte Altstadt ist real
nur ein kleiner Bereich der historischen Kemstadt, der
nach den Intentionen Hillebrechts als Traditionsinsel ein
ausschnitthaftes Abbild der alten Stadt der Vorkriegszeit
vermitteln sollte. So wurden hier in der Wiederaufbau-
zeit die wenigen in situ erhaltenen Fachwerkhäuser
durch translozierte Gebäude ergänzt. Der Einbau einer
Kopie des reich dekorierten Giebels des Wohnhauses
des Gelehrten Gottfried Leibniz im Kontext eines Neu-
baukomplexes am Holzmarkt folgte noch 1982/83
diesem Ansatz. Die Spannung zwischen dem Bewahren
und Integrieren bildwirksamer historischer Bausubstanz
und modernen Bauformen als wiederkehrendes Thema
im Schaffen Dieter Oesterlens zeigte sich auch am His-
torischen Museum (1964-66). In ein Gebäude in der
Formensprache der 1960er Jahre sind der mittelalter-
liche Beginenturm und das Zeughaus eingebunden und
Abb. 1: Hannover, Leine-
schloss, heute Landtags-
gebäude, links der Kubus des
Plenarsaals und rechts der
große Eingangsportikus, 2004.
Abb. 2: Hannover, zwischen
historischen Fachwerk- bzw.
Steinbauten im Kontext eines
Neubaukomplexes errichtete
Giebelkopie des ehemaligen
Leibnizhauses, 2004.