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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: St. Michaelis in Hildesheim — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 34.2008

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Binding, Günther: St. Michaelis in Hildesheim - Einführung, Forschungsstand und Datierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.51162#0043
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St. Michaelis in Hildesheim
Einführung, Forschungsstand und Datierung

Unterhalt der Mönche seinen gesamten weltlichen
Besitz, wie das zweite Testament von 1019 bestätigt.
Einen entsprechenden Hinweis gibt auch die Vita
Bernwardi. Im Anschluss an die Nachricht in Kapitel
44 und 45, dass der Mainzer Erzbischof Willigis am
24. Februar 1011 gestorben und als Nachfolger Er-
kenbald am 1. April 1011 von Bernward zum Bischof
geweiht worden ist, wird in Kapitel 46 berichtet:30
„Unterdessen hatte der ehrwürdige Bischof Bern-
ward, voll Eifer für die Mehrung des Gottesdienstes in
seiner Diözese, in der Hoffnung auf künftigen Lohn
Christus zu seinem Erben erwählt; und alles, was er
sein eigen nannte, sich selbst nämlich und alle erwor-
benen und noch zu erwerbenden Güter brachte er,
wie er schon lange im Stillen beschlossen hatte, dem
allmächtigen Vater zum Opfer dar. Im nördlichen Teil
der Stadt Hildesheim, auf einem bis dahin unerschlos-
senen Gelände, wo nur wilde und dumme Tiere haus-
ten, gründete er mit ganzer Hingabe und angemesse-
ner Ausstattung ein Kloster, das er, mit ausreichenden
Gütern dotiert, dort versammelten, Gott coenobitisch
Dienenden übergeben hat."
„Interea venerabilis praesul Bernwardus, ampliare stu-
dens divinae servitutis obsequium in parrochia sui
praesulatus, ob reconpensationem futuram Christum
haeredem elegit, et quod praecipuum habuit, se
ipsum cum omnibus acquisitis seu acquirendis rebus
patri omnipotenti, sicut iam dudum in secreto mentis
statuerat, in sacrificium obtulit. Monasterium itaque
in septentrionali parte civitatis Hildenesheimensis, in
loco quondam squalido, feris quoque seu brutis ani-
malibus coaptato, tota devotione et apparatu decenti
instituit, quod praediis sufficientibus dotatum, coeno-
bitis Deo famulatibus ibi collectis delegavit."
Es folgt unmittelbar danach im 47. Kapitel „Im Jahr
1015 am 29. September wurde die Krypta des
Klosters, nachdem sie mit Gottes Hilfe in großer
Zierde vollendet war, [...] geweiht."
Die Ansiedlung der Mönche muss vor Februar/März
1013 erfolgt sein, denn in einer undatierten Urkunde
Heinrichs II., die er vermutlich während seines mehr-
wöchigen Aufenthaltes in der Pfalz Werla von Mitte
Februar bis 20. März 1013 auf Bitten Bernwards aus-
gestellt hat, heißt es, Bernward habe vor der Mauer
der Stadt „ein Gebäude für Gott zu Ehren des heiligen
Erzengel Michael von Grund auf erbaut und auch
einen Teil, den er bis dahin fertigstellen konnte,
geweiht (aedificium qoddam deo in honore sancti
Michahelis archangeli a fundamento laboravit, par-
tem etiam pro posse huc usque peractam consecra-
vit); er habe nun den König gebeten, locellum futu-
rum iamque monasterium und seine Besitzungen
„mit den dort unter der Benediktinerregel Gott die-
nenden Brüdern" (cum fratribus ibidem sub regula

sancti Benedicti deo famulantibus) in seinen Schutz zu
nehmen. Zudem gab er „den an dem Ort Gott die-
nenden Mönchen (monachi eo in loco deo servientes)
die Wahlfreiheit.31 Demnach bestand im Februar/
März 1013 eine Mönchsgemeinschaft, die deutlich
von den clerici an der Hl. Kreuz-Kapelle abgesetzt
ist.32 Woher die Mönche gekommen sind, ist unbe-
kannt.
Diese einzelnen Schritte bei der Gründung und
Entwicklung des Klosters von St. Michaelis sind auch
andernorts überliefert. So berichtet um 1102 Hugo
von Flavigny über das Kloster Saint-Vanne in Verdun:
Bischof Berengar von Verdun (940-959) habe 951 in
Saint-Vanne Mönche eingeführt (introduxit), „für die
er alles Notwendige an Nahrung und Kleidung vorge-
sorgt (praeordinavit) und angemessene Wohnräume
des Klosters vorbereitet hat (congrua officinarum
habitacula praeparavif), indem er Werkmeister zusam-
menführte und Notwendiges zuteilte (magistros ope-
ris conducendo et expensas tribuendo). [...] Auch
setzte er ihnen als Abt Humbert ein (abbatem quoque
eis instituit Humbertum), ein frommer Mann aus dem
Kloster des Heiligen Aprus. "33 Hier wird deutlich, dass
der Stifter Bischof Berengar nach der Klosterstiftung
zunächst für den Unterhalt und ausreichende
Wohnräume für die Mönche sorgte, dann die
Mönche dort ansiedelte und schließlich einen Abt ein-
setzte.
Diese Abfolge findet eine weitere Bestätigung in dem
Bericht des Abtes Suger über die Grundsteinlegung
des Chores von Saint-Denis 1140, wonach Abt Suger
erst nach der feierlichen Grundsteinlegung die not-
wendige finanzielle Ausstattung des Bauvorhabens
festgelegt hat.34 Das widerspricht zwar der Abfolge
des ottonischen Ritus de aedificanda aecclesia,
wonach die öffentliche Aufrichtung des Kreuzes auf
dem Baugelände und dessen Weihung erst nach vo-
rausgegangener Dotierung durch den Stifter vom zu-
ständigen Bischof vorgenommen wurde, zeigt aber
eine gewisse Uneinheitlichkeit, zumal sich bis zum 12.
Jahrhundert kein Ritus für die Grundsteinlegung, son-
dern nur eine Solemnisierung des Aktes herausgebil-
det hatte.35 Noch im 12./13. Jahrhundert wurden von
dem jährlichen Generalkapitel der Zisterzienser zwei
Äbte bestimmt, die auf ihrer Rückreise die beabsich-
tigte Neugründung bezüglich Örtlichkeit, Ausstattung
und ausreichend vorbereiteter Wohnräume für den
Konvent begutachten sollten, bevor die Mönche aus
einem Mutterkloster dorthin entsandt werden durf-
ten.
Gerhard Weilandt nennt eine Reihe von Klöstern, bei
denen zunächst eine Kapelle errichtet und geweiht
wurde, dann wurden die Mönche geholt, und erst
anschließend begann man mit dem Bau der eigentli-

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