Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
110

Helmut Brandorff


34 Hildesheim, St. Michaelis, Schnitt 24: Fundament unter
der Nordwand des Nordwestquerhauses.


35 Hildesheim, St. Michaelis, Schnitt 4, Befund 22: Gemau-
erte Gruft einer Kinderbestattung mit Querstegen in der
Bodenpflasterung.

nennen. Auch viele Äbte und Mönche des Klosters
fanden innerhalb und sicher zum Teil auch außerhalb
der Kirche ihre letzte Ruhe. Es gab immerhin 10 bis 15
Altäre zu ebener Erde, in deren engerem Umkreis
nach urkundlichen Erwähnungen bestattet wurde.12
Insbesondere die katholischen mittelalterlichen Be-
stattungen orientierten sich streng an den Altären.
Von diesen älteren Bestattungen haben sich nur weni-
ge erhalten. Es handelte sich dabei um Steinplatten-
gräber, also Bestattungen nicht im Holzsarg, sondern
in mit Steinplatten ausgekleideten Sarggruben.
Im Mittelschiff und im Nordseitenschiff befanden sich
insgesamt vier mittelalterliche Steinplattengräber. Sie
waren leider alt geöffnet und durch Baumaßnahmen
zum Teil stark zerstört. Drei der Gräber lagen in der
Osthälfte des Mittelschiffs und damit wahrscheinlich
vor der vermuteten Position des „Kreuzaltares", des
Hauptaltares der St. Michaeliskirche (Abb. 20). Nach
urkundlicher Überlieferung sollen an dieser Stelle ins-
gesamt fünf Äbte von Mitte des 11. bis Mitte des 13.
Jahrhunderts begraben worden sein. Die Bauart der
Gräber legt nahe, dass es sich um die Grablegen drei
dieser Äbte handelt. Eine 14C-Datierung von Kno-
chenmaterial aus zwei Gräbern erbrachte keine plau-
siblen Ergebnisse (s.o.).
Fast alle Grablegen lagen weniger als einen Meter tief
unter dem ehemaligen Fußbodenniveau. Die meisten
Bestattungen stammen aus der Barockzeit, das heißt
es sind Gräber aus der protestantischen Nutzung der
Kirche. Nach der Reformation wird in der gesamten
Kirche, offenbar ohne sich an den nach wie vor vor-
handenen Altären zu orientieren, bestattet. Es handelt
sich um Erdgräber und um Bestattungen in gemauer-
ten Grüften aus Ziegeln. Bei mindestens drei Grüften
handelte es sich auf Grund ihrer Ausmaße offenbar
um Kindergräber. Es wurde grundsätzlich in Särgen
bestattet, die sich überwiegend nur als humose Ver-
färbung des vergangenen Holzes erhalten haben. Die
charakteristischen geschweiften Sarggriffe aus Eisen
sind ebenfalls erhalten. Meist verfügen die Särge über
drei Tragegriffe auf jeder Seite und jeweils einen an
Kopf- und Fußende. Die Grüfte besaßen ursprünglich
Abdeckungen aus Sandsteinplatten, die zum Teil
sicher ebenerdig zu sehen waren und als gestaltete
Grabplatten ausgeführt waren. Von den Bestatteten
sind nur noch die Skelette vorhanden, gelegentlich
mit Verfärbungen von Metallfäden aus der Kleidung.
Es ist auffällig, dass alle Grüfte geöffnet und durch-
wühlt sind. Fast alle sind völlig entleert und teilweise
zerstört. Wahrscheinlich hat man zu allen Zeiten
Wertgegenstände darin vermutet und gezielt danach
gesucht. Die Erdgräber sind meist ungestört, sofern
sie nicht bei später erfolgten Bestattungen ganz oder
teilweise beiseite geräumt wurden. Sie waren offen-
bar oberirdisch nicht dauerhaft kenntlich.
 
Annotationen