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Kimpflinger, Wolfgang; Neß, Wolfgang; Zittlau, Reiner; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das Fagus-Werk in Alfeld als Weltkulturerbe der UNESCO: Dokumentation des Antragsverfahrens — [Hannover]: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 39.2011

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4. Erhaltungszustand und Faktoren, die die Anlage beeinflussen
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https://doi.org/10.11588/diglit.51160#0113
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Welterbeantrag Fagus-Werk

heute durch die noch vorhandene Kranbahn be-
sonders gut nachvollziehbar.
Konzeptioneller Grundgedanke bei der Behand-
lung des Maschinen- und Kesselhauses war der
weitestmögliche Erhalt der Gebäudesubstanz,
obwohl Teile der technischen Ausstattung ent-
fernt werden mussten, die einer sinnvollen Nut-
zung im Wege standen. Aus Sicht der Denkmal-
pflege konnten jedoch die entfernten Heizungs-
anlagen keinen Denkmalwert für sich beanspru-
chen. Dabei ist davon auszugehen, dass eine an-
dere Lösung angestrebt worden wäre, wenn sich
die ursprüngliche Dampfmaschine noch im Ge-
bäude befunden hätte.

e. Späne- und Kohlenbunker
Der bereits 1911 errichtete und 1923/24 erwei-
terte, massiv erbaute Späne- und Kohlenbunker
mit gelben Klinkerwänden und auskragenden
Stahlbeton-Flachdächern wurde freistehend an
der Bahnanlage mit eigenem Gleisanschluss er-
richtet. Als vorläufige Sanierungsmaßnahme
wurde 1997 eine Betoninstandsetzung am Dach
und an dessen Stützen durchgeführt. Ansonsten
blieb das Gebäude in seiner ursprünglichen Fas-
sung vollständig erhalten. Es wird heute als La-
ger sowie zu Werkstattzwecken genutzt und soll
2011-12 unter Beibehaltung aller originalen Be-
standteile saniert werden.

f. Gleiswaage
Benachbart zum Späne- und Kohlenbunker
steht das kleine Gebäude der Gleiswaage, eben-
falls als freistehender Massivbau in den werksty-
pischen gelben Verblendklinkern errichtet, zur
Gleisseite geöffnet durch eine Stahl-Glas-Fens-
terkonstruktion und abgeschlossen durch ein
Flachdach. Das 1921 errichtete Gebäude war
bereits zu Beginn der großen Instandsetzungs-
arbeiten Mitte der 80er-Jahre außer Funktion.
Dennoch wurde es in den Jahren 1991/92 einer
Instandsetzung des Mauerwerks, der Stahl-
Glas-Fenster und des Daches mit substanzerhal-
tenden Ausbesserungsarbeiten unterzogen und
ist somit im Originalzustand überliefert.

g. Stanzmesserabteilung und Schmiede
Schon in der ursprünglichen Werkskonzeption
durch den Gropiusvorgänger Eduard Werner
war die Errichtung der Schmiede und Stanzmes-
serabteilung für die Lederherstellung südlich des

Hauptgebäudes geplant. Gropius hatte ab 1911
eine Überarbeitung der Fassaden mit gelben
Verblendklinkern vorgenommen, ohne aller-
dings die bereits festgelegten verhältnismäßig
strengen, dem Klassizismus verhafteten Elemen-
te wie Pilastergliederung, Drillingsfenster und
die vortretenden Gesimse eliminieren zu kön-
nen. Die zu verwendenden Eisensprossenfenster
passte er jedoch in der bekannten Form der üb-
rigen Anlage an. Zur ehemaligen Schmiede ge-
hört der funktionslose, aber dennoch instand
gesetzte und bis heute bewahrte, ca. 20 Meter
hohe Schornstein an der Süd-Ost-Ecke des dop-
pelgiebligen Gebäudes.
Mit Aufgabe der Produktion von Stanzmessern
im Jahre 1974 wurde das Gebäude für Ausstel-
lungsflächen und Konferenzräume umgenutzt.
Die dafür notwendigen Umbauten im Inneren
berücksichtigen indessen die ursprüngliche
Grundrisskonzeption und die konstruktiven Ele-
mente der ursprünglichen Raumaufteilung. Er-
forderlich wurde eine Dachsanierung, die ent-
sprechend der Maßnahme des Arbeitssaales
durchgeführt wurde. Die alte Dachhaut wurde
abgenommen, intakte Ziegel gesichert und wie-
der verwendet. Material wie beispielsweise
Sparren, Pfetten o. ä. wurden nur ausgewech-
selt, wenn eine irreparable Zerstörung vorlag.
Sonst wurden materialgerechte Reparaturen
durchgeführt. In Ergänzung zur bestehenden
Konstruktion wurde eine Dämmung eingebaut.
Die Dachdeckung führte man unter Wiederver-
wendung der geborgenen Ziegel wie zuvor in
Hohlpfannen aus. Die ebenfalls wiederverwend-
baren Dachfensterprofile wurden ausgebaut,
gestrahlt, neu lackiert und wieder genutzt. Bei
der Verglasung wurde entsprechend dem Vor-
gehen beim Arbeitssaal mit einer Isoliervergla-
sung aus Drahtglas und einer dazwischen lie-
genden Kapillarplatte gearbeitet, die diffuses
Licht in die Räume leitet. Wie an den anderen
Werksgebäuden erfuhr das massive Mauerwerk
von Schmiede und freistehendem Schornstein
eine Fugenausbesserung.
Die bauliche Behandlung orientierte sich an den
strengen Maßstäben konservatorischer Denk-
malpflege, die Substanzerhalt so weitgehend
wie möglich anstrebt, einen Substanzaustausch
nur bei zerstörten Materialien vornimmt. Dabei
sind die Veränderungen gegenüber dem Origi-
nal nur in Bezug auf die veränderte Nutzung er-
kennbar. Insbesondere das äußere Erschei-
nungsbild ist in der ursprünglichen Form unver-
ändert erhalten geblieben.

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