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Kimpflinger, Wolfgang; Neß, Wolfgang; Zittlau, Reiner; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das Fagus-Werk in Alfeld als Weltkulturerbe der UNESCO: Dokumentation des Antragsverfahrens — [Hannover]: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 39.2011

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4. Erhaltungszustand und Faktoren, die die Anlage beeinflussen
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https://doi.org/10.11588/diglit.51160#0114
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4, Erhaltungszustand und Faktoren, die die Anlage beeinflussen

h. Pförtnerhaus mit Werkstor und Mauer
Das Pförtnerhaus mit dem Werkstor und der
heute noch vorhandenen Grenzmauer zur Han-
noverschen Straße wurde 1925 als letzter Bau
von Gropius auf dem Gelände des Fagus-Werks
errichtet. Sowohl die werkstypische Material-
wahl des gelben Klinkers als auch die moderne
Gestaltungssprache des Architekten prägen den
Werkseingang. Der Dachüberstand wurde ur-
sprünglich von einer senkrechten Wandscheibe
aus Beton getragen, die vermutlich kurz nach
1950 durch die heutigen Stützpfeiler ersetzt
wurde, um aus der Pförtnerloge die Werksstra-
ße überblicken zu können. Im Zuge der Gesamt-
maßnahme mussten am Pförtnerhaus und der
Einfriedungsmauer Instandsetzungsarbeiten
durchgeführt werden, so u. a. eine Sanierung
des durchlässigen Betondaches sowie die Entro-
stung der Stahl-Glas-Fensterelemente und der
Tür. Die Mauerfugen wurden entsprechend der
übrigen Gebäude ausgebessert. Ebenso wie im
Vestibül des Treppenaufgangs installierte man
im Pförtnerhaus eine nach einem Bauhausent-
wurf rekonstruierte Kastenleuchte. Insgesamt
ist das ursprüngliche Erscheinungsbild der Zu-
fahrt bis auf den nach dem Kriege erfolgten Aus-
tausch der Mauerscheibe gegen die Pfeiler als
Tragelemente des Betondaches vollständig er-
halten.

i. Trockengebäude
Das 1911 im Bau begonnene und 1913 fertig-
gestellte Trockenhaus, das dem Arbeitssaal un-
mittelbar vorgelagert ist, diente der maschinel-
len Trocknung der im Lagerhaus bereits vorge-
trockneten hölzernen Werkstücke zur Schuhlei-
stenproduktion. Das Gebäude war mit seinen
hohen Trockenkammern eingeschossig ange-
legt, wirkt jedoch nach außen aufgrund entspre-
chender Fensteraufteilungen, die auf den Vor-
gänger von Gropius zurückgehen, zweigeschos-
sig. Das Trockenhaus ist mit einem Flachdach ge-
deckt, aus dem die Abluftschächte der Trocken-
kammern herausragten. Mit der Umstellung auf
die Kunststoffproduktion wurden 1974 bereits
Teile der Trockenkammern entfernt.
Im Zusammenhang mit der großen Werkssanie-
rung wurden 1997 auch am Trockengebäude
insbesondere am Dach und an den Fassaden In-
standsetzungsmaßnahmen durchgeführt, wo-
bei die Dachdichtung vollständig erneuert wer-
den musste und mit einer Dämmlage versehen
wurde. Die Mauerwerksabdeckungen aus Zink-
blech wurden originalgetreu wiederhergestellt

und lassen nach außen keine Veränderung des
Erscheinungsbildes erkennen. Ebenso wurde
mit der Regenentwässerung, den Einlaufkästen
und Fallrohren verfahren. Aus optischen Grün-
den wurden auch einige der Abluftschächte auf
dem Dach erhalten, obwohl ihre Funktion ent-
fallen war. Die Sanierung der Mauerwerksober-
flächen und der Stahlfenster erfolgte als Repa-
raturmaßnahme entsprechend den bisher auf-
geführten Arbeiten an den übrigen Gebäuden.
2007 fügte man in den großvolumigen Innen-
raum eine unabhängige Holzkonstruktion ohne
Eingriff in die historische Bausubstanz ein, mit
der man zusätzliche Arbeitsräume für Ingenieu-
re schuf. Zur besseren Belichtung baute man zu-
sätzlich die liegenden Fenster zu dem schmalen
Hofraum gegenüber der Lagerhauswand ein.
Insofern ist auch für das ehemalige Trockenhaus
festzuhalten, dass sowohl das äußere Erschei-
nungsbild als auch die innere Bausubstanz durch
die Maßnahmen weitgehend gewahrt blieb.

k. Sägerei
Das Sägereigebäude hinter dem großen Lager-
haus stellt den nordwestlichen Abschluss der
Werksanlage dar und gehört im Kern zu den
Bauten der Bauphase von 1911. In den Folge-
jahren wurde es mehrfach verändert und erwei-
tert, erstmals 1921 noch unter Gropius, 1938
durch Ernst Neufert und später nochmals um
1950 durch die werkseigene Bauabteilung. Das
eingeschossige Gebäude zeigt nach außen die
Gestaltungssprache der übrigen Werksanlage,
bestimmt durch die gelbe Klinkerverwendung
und die Eisensprossenfenster. Durch drei sehr
flach geneigte parallel liegende Walmdächer ge-
schlossen, wirkt das Gebäude vom Fußgänger-
niveau aus, als wäre ein Flachdachabschluss vor-
handen.
Nachdem bereits in den 1960er-Jahren durch die
Umstellung von Holz- auf Kunststoffbearbei-
tung in der Schuhleistenproduktion das Gebäu-
de seine ursprüngliche Funktion verloren hatte,
wurde es durch einen Brand im Jahre 1985 bis
auf dasäußere Mauerwerkweitgehend zerstört.
Mit dem Wiederaufbau im ursprünglichen Er-
scheinungsbild wurde es ab 1991 für ein Inge-
nieurzentrum umgenutzt. Aus den ursprünglich
drei nebeneinanderliegenden Sälen wurde ein
Großraum geschaffen. Die optisch angelegte
Dreischiffigkeit blieb jedoch sowohl im Äußeren
als auch im Inneren nachvollziehbar vorhanden.
Naturgemäß wurden bei dem Brand alle Fenster
zerstört, sodass dafür mit der Umnutzung zeit-
gemäßer Ersatz Verwendung fand.

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