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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Mühlen in Niedersachsen und Bremen — Petersberg: Imhof, Heft 40.2013

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Winghart, Stefan: Vorwort
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https://doi.org/10.11588/diglit.51161#0008
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Vorwort

Industriedenkmale haben im Allgemeinen keine
Lobby. Der Denkmalwert eines nicht mehr genutzten
Heizkraftwerkes oder einer heruntergekommenen
Montagehalle ist, so begründet er in der wissenschaft-
lichen Beurteilung auch sein mag, einer breiten Öf-
fentlichkeit nur schwer vermittelbar. Eine Ausnahme
bilden lediglich Denkmale der Eisenbahngeschichte
und, vor allen anderen, die Mühlen.
Die klappernde Mühle am rauschenden Bach ist tief in
der Seelenlandschaft der deutschen Romantik ver-
wurzelt. In Franz Schuberts Liederzyklus „Die schöne
Müllerin" folgt ein wandernder junger Müller einem
Bach bis zu einer Mühle. Dort verliebt er sich in die
schöne und unerreichbare Tochter des Müllermeisters,
die ihm zunächst zugeneigt ist, sich dann aber einem
Jäger zuwendet. Der verzweifelte junge Müllergeselle
ertränkt sich im Mühlbach. Die Mühle wird so zum
Kristallisationspunkt und Synonym von Liebe und
Schicksal, zum romantischen Idealtopos.
Etwas davon ist in unser aller Gemüt bis heute erhal-
ten geblieben, und der Anblick einer wohl erhaltenen
Wind- oder Wassermühle evoziert bei den meisten
Menschen ein Gefühl der Freude, der Berühmtheit und
auch der Rührung. Sehr weit scheinen diese Denkmale
einer vergangenen Epoche vom Kontext der moder-
nen und zumeist als unschön empfundenen Indus-
triekomplexe in den Metastädten am Rande unserer
Kommunen entfernt. Sie vermitteln den Eindruck
einer heilen Welt, in der Wirtschaft und Natur noch
nicht als Gegensätze wahrgenommen wurden. Tief in
uns wissen wir aber alle, dass dieses Bild nie der
Realität entsprach und es natürlich seinen Grund hat,
dass der Müller in vielen Märchen und Sagen als reich,
geizig und hartherzig dargestellt wird.
All diesen Fragen kann und will sich der Autor Rüdiger
Wormuth in seiner Bestandsaufnahme der Mühlen in
der Mittelweserregion, wie sie in diesem Band der
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen
vorgelegt wird, nicht widmen. Er erfasst einen
Denkmalbestand und beschränkt sich nicht allein auf
die romantischen und bekannten Holländerwind-
mühlen. Er behandelt in einem typologisch-landes-
kundlichen Ansatz die Wassermühlen und -kraft-

werke, die Bockwindmühlen, die Paltrockmühlen, die
Göpelmühlen und die Motormühlen, letztere das Bin-
deglied zwischen einer „vorindustriellen Industriege-
schichte" und der Jetztzeit.
Damit kommen Autor und Herausgeber einem
grundlegenden, gesetzlichen Auftrag der Denkmal-
pflege nach, nämlich der Erfassung, Erforschung und
Dokumentation der Kulturdenkmale. Dieser Auftrag
ist verbunden mit der Pflicht, die Ergebnisse zu veröf-
fentlichen und wissenschaftliche Grundlagen für die
Denkmalpflege zu schaffen. Dies ist mit dem vorlie-
genden Band, so darf ich als Präsident des Nieder-
sächsischen Landesamtes für Denkmalpflege in aller
Bescheidenheit anmerken, vortrefflich gelungen. Ich
danke für dieses Ergebnis in erster Linie dem Autor,
Herrn Rüdiger Wormuth, der in zahllosen Arbeits-
stunden die in diesem Buch aufgelisteten Mühlen
besucht, katalogisiert sowie wissenschaftlich einge-
ordnet und bearbeitet hat. Ebenso danke ich meinen
Mitarbeitern Petra Gotting, Josefine Puppe und
Dietmar Vonend, die das zuweilen mühsame Geschäft
der Redaktion besorgten. Der Michael Imhof Verlag
hat das Buch in der gewohnten Qualität verlegt und
zeichnet insbesondere für die hervorragende Bild-
qualität verantwortlich. Herrn Imhof und allen seinen
Mitarbeitern sei hierfür sehr herzlich gedankt.
Ich wünsche dem Arbeitsheft eine freundliche Auf-
nahme und darf der Hoffnung Ausdruck geben, dass
auch in Zukunft weitere regionale Aufarbeitungen zur
Mühlengeschichte in dieser Publikationsreihe erschei-
nen werden.


Dr. Stefan Winghart
Präsident des
Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege
 
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