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Dürer, Albrecht; Oerter, Fritz Henry [Hrsg.]; Fränkische Galerie am Marientor [Mitarb.]
Katalog / Albrecht-Dürer-Gesellschaft (Band 1): Albrecht Dürer und Künstler unserer Zeit: Ausstellung der Albrecht-Dürer-Gesellschaft Nürnberg in den Sonderräumen der Fränkischen Galerie am Marientor Nürnberg vom 19.9. - 17.10.1965 — Nürnberg: Albrecht-Dürer-Gesellschaft, 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.62424#0017
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In Dürer paart sich die unbedingte Handwerklichkeit mit einer wissenschaftlich zu nennenden Systema-
tik, verschmelzen die Gewohnheiten des alten Werkstattbetriebes mit den selbstherrlichen Ansprüchen
der modernen Künstlerpersönlichkeit der Zeit. Das Äußerste an technischem Können verbindet sich
mit der gestalterischen Eigenwilligkeit des Künstlers, vollkommene Beherrschung aller materiellen
und geistigen Mittel ist dafür Voraussetzung. Extremer Individualismus findet zu ebenso extremem
Formalismus. Genauigkeit des Machens wird mit dem Willen zum Ausdruck identisch.
Diese Haltung rückt Dürer dem Künstler unserer Zeit nahe. Wie er, lebt der moderne Künstler in einer
Zeit großer Veränderungen. Die Welt ist wieder im Aufbruch und der Künstler steht mittendrin. Er
akzeptiert diesen Aufbruch nicht nur, sondern will ihn auch gestalten. Dies bedeutet, daß er alle ihm
vorgegebenen Mittel und Anschauungen überprüfen muß, wieweit sie ihm noch zu dienen vermögen.
Diesen Mut finden wir bei Dürer ebenfalls. Er ist einer der Modernsten seiner Zeit, er sucht und findet
einen Weg zur Bewältigung des Neuen. Sandrart nennt ihn „Erfinder geistreicher Perfektion“ und trifft
damit den Kern der Sache. Sein konstruktiver Geist und seine Präzision der Beobachtung, die das
innere Wesen der Dinge erkennen, lassen ihn in seiner Kunst bestehen und schaffen die Verbindungen
zum heutigen Künstler, der neuerdings gezwungen ist, unter allerdings ganz veränderten Aspekten
und Voraussetzungen, sich die Welt neu anzueignen. Die Grundbedingungen und die daraus sich ent-
wickelnden Haltungen bleiben die gleichen. Dürer steht nur am Anfang eines wissenschaftlichen Welt-
bildes, der heutige Künstler steht mitten in seiner auf vollen Touren laufenden dynamischen Entfaltung.
Aus dieser Situation ergeben sich die verschiedensten Möglichkeiten der Annäherung an Dürers Vor-
stellungs- und Formwelt. Teils bleibt sie recht äußerlich. Sie ist thematisch bezogen oder es ergeben
sich Parallelen in der Art des Sehens und Verfertigens. Schon darin stecken, wenn auch nur lockere
und vielleichtgewollte Verbindungen mit dem älteren Meister. Wo dann mit seinen Formen ein ironisch-
kritisches oder romantisch-symbolisches Spiel beginnt, werden die Kontakte enger und fester. Auch
 
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